Die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern werden neu geordnet - das hat auch Auswirkungen auf die Investitionsquote des Bundes. Im Finanzministerium ist von einem "buchhalterischen Effekt" die Rede - doch es gibt Kritik, auch an den Finanzierungsplänen für die Bundeswehr und den Etat des Entwicklungsministeriums.

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Vor dem Hintergrund der Finanzreform zwischen Bund und Ländern will der Bund ab 2020 seine eigenen öffentlichen Investitionen zurückfahren.

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Die Ausgaben dafür sollen von 37,9 Milliarden Euro im kommenden Jahr auf 33,5 Milliarden Euro im Jahr 2022 sinken. Das geht aus dem Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hervor, welcher der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch vorlag.

Finanzministerium: Staat investiert nicht weniger

Das bedeute aber nicht, dass der Staat insgesamt weniger investiere, hieß es im Finanzministerium. Der Rückgang der Investitionen des Bundes ab 2020 hänge insbesondere mit der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zusammen. Es handle sich um einen "buchhalterischen Effekt".

Zwar sinke die Investitionsquote des Bundes. Durch verstärkte Zuweisungen an Länder und Kommunen würden diese aber in die Lage versetzt, mehr zu investieren, etwa in Schulen oder den sozialen Wohnungsbau.

Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen sieht ab 2020 unter anderem höhere Transfermittel aus Steuergeldern für die Länder vor, etwa zur Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs und des kommunalen Straßenbaus.

Diese Mittel werden nicht als Investitionen geführt, sondern als Transferleistungen. Bei einer öffentlichen Investition nimmt der Bund selber Mittel in die Hand, zum Beispiel für den Ausbau der Verkehrs-Infrastuktur. Eine Transferleistung ist eine Zuweisung von Geldern.

"Klassische" Verkehrsinvestitionen sollen auf hohem Niveau fortgeführt werden

Betont wurde in Regierungskreisen, dass die "klassischen" Verkehrsinvestitionen des Bundes etwa in Straße und Schiene sowie Investitionen in den Breitbandausbau auf einem hohen Niveau fortgeführt werden sollen.

Die öffentlichen Investitionen zählen laut Medienberichten nur teilweise zu den prioritären Maßnahmen, die Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart haben.

Für diese Maßnahmen sind insgesamt 46 Milliarden Euro vorgesehen, etwa zwei Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau. Ein großer Teil der im Koalitionsvertrag vereinbarten zusätzlichen Ausgaben sind dagegen reine Transferleistungen, also eben jene bereits erwähnten Mittel für Länder und Gemeinden.

Haushaltsentwurf sorgt für umfassende Kritik

Der geplante Rückgang der öffentlichen Investitionen des Bundes sorgte für massive Kritik bei der Opposition.

Linke-Chef Bernd Riexinger sprach von einem "Wählerbetrug erster Güte". "Die versprochenen Milliarden für den Ausbau von Schulen, Straßen, Schienen, Krankenhäusern und bessere Netze sind essenzielle Investitionen in die Zukunft. Sparen auf Kosten der Funktionsfähigkeit des Staates geht nicht."

Doch auch in Regierungsreihen gibt es Misstöne: vor allem aus dem Verteidigungs- und Entwicklungsministerium. So erkennt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen beim Finanzplan der Bundesregierung für die nächsten Jahre noch erheblichen Nachbesserungsbedarf und fordert mehr Geld für die Bundeswehr.

Der Haushalt für 2018 sei im Kabinett mit gutem Ergebnis beschlossen worden, sagte die CDU-Ministerin am Mittwoch unmittelbar nach dem Kabinettsbeschluss in Berlin. Für die Haushaltsplanung bis 2022 sei es aber "wichtig, dass im Haushaltsaufstellungsverfahren für die äußere Sicherheit eine solide Finanzperspektive auch für die nächsten Jahre geschaffen wird."

Es gehe um entscheidende Themen wie die Bekämpfung des Terrors, die Beseitigung von Fluchtursachen, die Stabilisierung der europäischen Nachbarschaft bis hin zu den Friedensmissionen der Bundeswehr. "All das sind Themen, die von großer Bedeutung in den nächsten Jahren sein werden, die eine solide Finanzgrundlage brauchen." Deutschland müsse seinen Beitrag leisten.

Kritik auch an Entwicklungshilfeplänen der Bundesregierung

Neben der Verteidigungsministerin haben auch Entwicklungshilfe-Organisationen den Finanzplan der Bundesregierung scharf kritisiert.

"Keine zwei Monate nachdem die neue große Koalition ihre Arbeit aufgenommen hat, haben wir bereits den ersten Vertragsbruch", sagte der Deutschland-Direktor der Entwicklungshilfe-Lobbygruppe One, Stephan Exo-Kreischer, der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch.

Entgegen der Vereinbarungen von Union und SPD werde die sogenannte ODA-Quote von 0,7 Prozent für Entwicklungshilfe nach dem aktuellen Finanzplan absinken, im kommenden Jahr sogar hinter die Quote von 2015 zurückfallen.

Bereits 1972 hat sich Deutschland zum Ziel der Vereinten Nationen verpflichtet, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe aufzuwenden. Bislang wurde das Ziel lediglich 2016 erreicht, wobei in dem Jahr allerdings inländische Ausgaben zur Bewältigung der Flüchtlingskrise angerechnet wurden.

"Das ist nicht nur strategisch unklug, sondern auch ein Schlag ins Gesicht für die Menschen weltweit, die von extremer Armut betroffen sind. Angesichts eines guten Wirtschaftswachstums und sprudelnder Steuereinnahmen ist dies mehr als unverständlich", sagte Exo-Kreischer.

Die Präsidentin von Brot für die Welt, Cornelia Füllkrug-Weitzel, kritisierte, dass es dadurch zu Planungsunsicherheiten komme. Neue Initiativen zur Bekämpfung von Hunger und extremer Armut könnten 2018 nicht gestartet werden, wenn ihre Finanzierung in den Folgejahren nicht gesichert sei.

Finanzminister Scholz wehrt sich gegen Kritik

Indes hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) seine Haushaltspläne für die Entwicklungs- und Wehretats gegen Kritik verteidigt.

Für die Entwicklungshilfe seien deutlich mehr Mittel vorgesehen als noch von seinem Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU), sagte Scholz am Mittwoch in Berlin.

Scholz erklärte zudem, "im Rahmen unserer Möglichkeiten" sollten auch die Verteidigungsausgaben steigen. "Im Vergleich zu früheren Jahren kommt es zu erheblichen Steigerungen." Es handle sich um eine "massive Verbesserung". (mgb / dpa)

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