Union und SPD wollen Patienten besser steuern: Einen Facharzttermin zu vereinbaren, soll in Zukunft in den meisten Fällen nur noch über den Hausarzt möglich sein. Ist das eine gute Idee? Die Deutschen sind in dieser Frage gespalten.

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Der Name klingt kompliziert – doch diese Reform könnte für viele Patientinnen und Patienten spürbare Folgen im Alltag haben. CDU, CSU und SPD denken über die Einführung eines sogenannten Primärarztsystems nach. So haben es die Gesundheitspolitiker der Parteien in den Koalitionsverhandlungen vereinbart.

Falls die Pläne umgesetzt werden, würde das bedeuten: Der Weg zu einem Facharzt oder einer Fachärztin soll in Zukunft in den meisten Fällen nur noch über den sogenannten Primärarzt führen: Das kann ein Haus- oder Kinderarzt als fester Ansprechpartner sein. Der Primärarzt oder die Primärztin stellt fest, ob ein Patient einen Facharzttermin benötigt – und wenn ja, in welchem Zeitraum dieser stattfinden muss. Dann muss die Kassenärztliche Vereinigung diesen Termin vermitteln. Auch über deren Servicenummer 116-117 soll dieser Weg möglich sein. Ausnahmen sollen für Besuche bei Gynäkologen und Augenärzten gelten.

Die Hoffnung dahinter: Die Patienten sollen besser gesteuert, unnötige Facharzttermine vermieden werden. Das soll Kosten im Gesundheitssystem sparen und zudem mehr Termine ermöglichen für Patienten, die dringend darauf angewiesen sind. Doch Kritiker befürchten eine Überforderung der Hausärzte – und stellen die Frage, ob die freie Arztwahl damit der Vergangenheit angehört.

44 Prozent lehnen Primärarztsystem ab

Das Meinungsforschungsinstitut Civey hat im Auftrag unserer Redaktion eine repräsentative Umfrage zu dem Thema durchgeführt. Dafür wurden vom 1. bis 3. April 5.024 Bundesbürgerinnen und -bürger online befragt. Die Frage lautete: "Wie bewerten Sie den Vorschlag von Union und SPD, dass Patientinnen und Patienten für Facharzttermine künftig zuerst eine Überweisung vom Hausarzt mit festgelegtem Zeitrahmen für den Termin benötigen?"

Das Ergebnis: Die Deutschen sind sich in ihrer Bewertung nicht einig. 44 Prozent lehnen die Pläne ab. Ein etwas geringerer Anteil von 38 Prozent findet sie richtig. 18 Prozent trauen sich allerdings keine Bewertung zu.

Zustimmung bei Älteren höher als bei Jüngeren

Abstufungen gibt es zwischen den Altersgruppen. Unter den über 65-Jährigen ist die Zustimmung tendenziell größer: 48 Prozent von ihnen finden den Weg über die Hausärzte richtig – 36 Prozent lehnen das Modell ab.

Bei den Jüngsten ist das andersherum: 53 Prozent der 18- bis 29-Jährigen sind gegen das Primärarztmodell, würden also gerne weiterhin selbst Facharzttermine ausmachen können. Nur 15 Prozent fänden die angedachte Reform richtig. Der Anteil der Unentschiedenen ist unter den Jüngsten mit 32 Prozent allerdings besonders hoch. Womöglich weil Arztbesuche in ihrem Alltag noch eine geringere Rolle spielen.

Die Bewertung der Pläne ist auch eine Frage der politischen Einstellung. Unter den Menschen, die bei der nächsten Bundestagswahl BSW oder AfD wählen wollen, ist die Ablehnung des Primärarztsystems mit 57 Prozent beziehungsweise 55 Prozent recht hoch. Eine knappe absolute Mehrheit der SPD-Anhänger (51 Prozent) und eine relative Mehrheit der Unionsanhänger (46 Prozent) finden die Pläne dagegen richtig.

Hinweis zur Methode

  • Für die repräsentative Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag unserer Redaktion 5.024 Bundesbürgerinnen und -bürger online befragt. Befragungszeitraum war der 1. bis 3. April 2025.
  • Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben unter anderem Daten wie Alter, Geschlecht und Wohnort angegeben und wurden registriert und verifiziert. Civey korrigiert Verzerrungen durch ein mehrstufiges Gewichtungsverfahren.
  • Der statistische Fehler der Ergebnisse beträgt jeweils 2,5 Prozentpunkte. Zusätzliche Informationen zur Methode finden Sie auf Civey.com und im Civey-Whitepaper.