Die Ampelkoalition ist zerbrochen – wie geht es jetzt weiter? In einer Aktuellen Stunde hat der Bundestag über einen Weg zu Neuwahlen diskutiert. Hier können Sie die Debatte nachlesen.

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Die Debatte dauerte nur etwas länger als eine Stunde. Aber sie hatte es in sich. Nach dem Scheitern der Ampelkoalition hat der Bundestag darüber diskutiert, wie es nun weitergeht. Die größergewordene Opposition warf der übriggebliebenen Koalition vor, Neuwahlen hinauszuzögern. SPD und Grüne mahnen dagegen: Es brauche genügend Zeit, um Bundestagswahlen vorzubereiten. Die wichtigsten Äußerungen können Sie hier nachlesen:

Johannes Fechner (SPD): "Wir sind weit entfernt von Chaos"

Johannes Fechner, SPD (Archiv) © IMAGO/Future Image/Frederic Kern

12:09 Uhr: "Wir sind weit entfernt von Chaos und von einer Staatskrise", sagt der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner. Das Grundgesetz habe klare Regeln, der Bundeskanzler habe den Weg zu Neuwahlen "klar skizziert". "Es kann keine Rede davon sein, dass der Bundeskanzler an seinem Stuhl klebt." Aus seiner Sicht braucht eine Vorbereitung der Neuwahl ausreichend Zeit: Wahllisten müssen aufgestellt, Parteitage durchgeführt werden. Auch die Bundeswahlleiterin sage, dass sie keinen schnellen Wahltermin wolle.

Klaus Ernst (BSW): "CDU will noch mehr Krieg"

Klaus Ernst, BSW (Archiv) © IMAGO/Political-Moments

12:03 Uhr: Klaus Ernst (BSW) will zwar Neuwahlen – aber er glaubt nicht, dass es dem Land unter CDU/CSU besser gehen würde. Die CDU wolle "noch ein bisschen mehr Krieg". Das sei "keine Alternative für das Land". Der Union gehe es nur um Parteiinteressen. "Da kommt der Bürger doch gar nicht vor."

Klein (CDU): "Mit Wärmepumpen und Doppel-Wumms ist kein Staat zu machen"

Ottilie Klein, CDU (Archiv) © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

12:00 Uhr: Ottilie Klein (CDU) findet, die SPD regiere an der "Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei". Die Grünen bezeichnet sie als "Wachstumskiller-Partei". "Mit Wärmepumpen und Doppel-Wumms ist kein Staat zu machen", so Klein. Die Ampel habe politisches Vertrauen verspielt. "Deutschland kann sich keinen Tag länger eine Restregierung ohne Mehrheit im Parlament erlauben."

Lukas Köhler (FDP) findet SPD "respektlos"

Dr. Lukas Koehler FDP (Archiv) © IMAGO/Political-Moments

11:55 Uhr: Lukas Köhler (FDP) warnt vor einer riesigen Insolvenzwelle – und stellt sich hinter den geschassten Finanzminister: Schulden seien nicht dafür da, sozialpolitische Träume zu verwirklichen oder Haushaltslöcher zu stopfen. Dass die SPD keinen Weihnachtswahlkampf will, findet er "respektlos": "Die Leute wollen wissen, wie es weitergeht in diesem Land." Es brauche jetzt "eine Richtungsentscheidung und kein Gewürge mehr".

Reichinnek (Linke): "So eine Wahl organisiert man nicht von heute auf morgen"

Heidi Reichinnek, Linke (Archiv) © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

11:52 Uhr: "Die Menschen da draußen können nicht mehr", sagt Heidi Reichinnek, Vorsitzende der Linken-Gruppe. Sie ist deshalb zwar auch für Neuwahlen, hat aber offenbar keine Eile: "So eine Wahl organisiert man nicht von heute auf morgen." Ihre Partei müsste dann mit einer Schlappe rechnen. Reichinnek sagt aber: "Wir bieten Hoffnung, denn wir glauben, dass die Welt besser werden kann." Sie arbeitet sich vor allem an der AfD, CDU/CSU und FDP ab.

Kindler (Grüne) lobt Ampel-Kollegen: "Haben schon viel geschafft"

Sven-Christian Kindler, Grüne (Archiv) © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

11:47 Uhr: Sven-Christian Kindler (Grüne) bedankt sich bei seinen Kollegen von Dennis Rohde (SPD) und Otto Fricke (FDP) für die gute Zusammenarbeit in der Haushaltspolitik. Da applaudieren die drei Ampel-Fraktionen noch einmal gemeinsam. "Wir haben schon viel geschafft. Dass wir dazu jetzt keine Möglichkeit mehr haben, macht mich traurig." Er wirft Christian Lindner Regierungsunfähigkeit vor – weil der sich jedem Kompromiss verweigert habe.

CSU-Politiker Hoffmann: "Ampel ist nur noch eine Fußgänger-Ampel"

Alexander Hoffmann, CSU (Archiv) © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

11:41 Uhr: Der CSU-Abgeordnete sagt, die Ampel sei "nur noch eine Fußgänger-Ampel". Die Koalition habe keine Mehrheit mehr für ihre Politik im Bundestag. Das Land brauche "schnellstmöglich einen wirtschaftlichen Aufschwung", eine neue Migrationspolitik und eine echte Zeitenwende. Scholz habe sich drei Jahre lang mit einer Mehrheit "durchgewurstelt". "Wie soll er sich denn mit einer Minderheit durchwursteln?" Rot-Grün habe "das Land in Geiselhaft".

Wiebke Esdar (SPD): "Wir haben hohen Druck"

Wiebke Esdar, SPD (Archiv) © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

11:34 Uhr: Wiebke Esdar von der SPD fordert dringende Entscheidungen zur Stärkung von Bundeswehr und Wirtschaft. Damit dürfe man nicht monatelang warten, bis eine neue Regierung steht. "Es ist doch nicht wegzuleugnen, dass wir einen hohen Druck haben und dass ein Verlust von Arbeitsplätzen droht."

Enrico Komning (AfD) wirft Scholz taktische Spielchen vor

Enrico Komning, AfD (Archiv) © IMAGO/Metodi Popow

11:31 Uhr: Enrico Komning wirft dem Bundeskanzler vor, den Amtseid zu brechen, wenn er nicht schnell den Weg freimacht zu Neuwahlen. Der AfD-Politiker glaubt, dass die SPD vor den Neuwahlen noch den Schwung von der Bürgerschaftswahl in Hamburg mitnehmen will. "Ihre taktischen Spielchen sind allzu offensichtlich." Zum Kanzler, der nicht da ist, sagt er: "Wenn Sie jetzt die Vertrauensfrage stellen, ist das die größte Leistung, die sie in den letzten drei Jahren für das Land vollbracht haben."

Christian Dürr (FDP): "Rumpfkoalition hat keine Mehrheit mehr"

Christian Dürr, FDP (Archiv) © IMAGO/Future Image/Frederic Kern

11:26 Uhr: Deutschland brauche jetzt eine Richtungsentscheidung, sagt FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Er nennt die Ampel eine "Rumpfkoalition", die jetzt keine Mehrheit mehr habe. Es brauche jetzt einen schnellen Weg zu Neuwahlen. "Das kann kein Weg für die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt sein". Applaus bekommt er auch von der Union.

Mihalic (Grüne) zur FDP: "Ja, das müsst ihr euch schon noch anhören"

Irene Mihalic, Grüne (Archiv) © IMAGO/Future Image/Frederic Kern

11:21 Uhr: "Ihr permanenter Ruf nach Neuwahlen ist ein permanentes Misstrauensvotum gegen die Demokratie", sagt die Grünen-Politikerin Irene Mihalic zur Opposition - vor allem in Richtung AfD. Die Bundesregierung wolle das Land nicht dem Chaos überlassen. Ihre Partei werde sich dem Wählerwillen gerne stellen, wenn der Bundeskanzler den Weg dahin freimacht. Gleichzeitig zieht sie eine positive Bilanz der Ampel: "Wir haben unser Land nicht nur aus einer schweren Energie- und Wirtschaftskrise herausgeführt." Es sei tragisch, dass die "FDP nicht die Kraft hatte", den Weg zu Ende zu gehen, sagt sie und fügt dann mit Blick auf die früheren Koalitionspartner hinzu: "Ja, das müsst ihr euch schon noch anhören."

CDU-Politiker Frei: "Bankrott der Ampel ist der Bankrott von Olaf Scholz"

Thorsten Frei, CDU (Archiv) © IMAGO/Future Image/Frederic Kern

11:14 Uhr: Der CDU-Politiker Thorsten Frei kritisiert den Ton, mit dem Bundeskanzler Olaf Scholz seinen Finanzminister rausgeworfen hat. "Unwürdiger geht es für einen Bundeskanzler nicht." Er findet: Die Verantwortung für das Ende der Koalition trage der Kanzler. "Der Bankrott der Ampel ist der Bankrott von Olaf Scholz." Scholz habe eine große Zeitenwende versprochen, sie dann aber nicht umgesetzt. Scholz verkenne den Ernst der wirtschaftlichen Lage. Das Land brauche jetzt Neuwahlen: "Olaf Scholz ist eine Lame Duck und er möchte es offensichtlich bleiben."

SPD-Politiker Wiese: "Niemand möchte Wahlkampf an Weihnachten"

Dirk Wiese, SPD (Archiv) © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

11:08 Uhr: Das Land und die Welt erleben bewegte Zeiten, sagt SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese. Allein der Bundeskanzler habe das Recht, die Vertrauensfrage zu stellen. Durch die Forderung nach Neuwahlen sollen Zweifel in die demokratischen Institutionen geschürt werden. "Das lassen wir als SPD-Bundestagsfraktion nicht zu." Wiese findet: Ein Winterwahlkampf sei jetzt auch nicht im Sinne der Bürger: "Niemand möchte, dass jemand an Weihnachten an seiner Haustür klingelt und Wahlkampf macht."

Der Bundeskanzler lässt sich übrigens entschuldigen: Er ist bei einem EU-Gipfel in Ungarn.

AfD-Politiker Baumann: "Wähler muss sein Machtwort sprechen"

Dr. Bernd Baumann, AfD (Archiv) © IMAGO/Metodi Popow

11:02 Uhr: Die Debatte eröffnet Bernd Baumann, AfD. Seine Fraktion hatte die Aktuelle Stunde im Parlament beantragt. "Links-grüne Ideologen" hätten eine existenzielle Krise in Deutschland heraufbeschworen, sagt er. Baumann prangert hohe Energiekosten und Steuern an. Politiker wollten Deutschland in ein "links-grünes Utopia" transformieren. Der FDP wirft Baumann vor, diesen Kurs lange unterstützt zu haben. "Der Wähler muss jetzt sein Machtwort sprechen", ruft Baumann – der Kanzler müsse den Weg freimachen für Neuwahlen.

Die Ausgangslage

Am Mittwochabend ist die Ampelkoalition zerbrochen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen – die übrigen FDP-Minister, mit Ausnahme von Volker Wissing, sind mit ihm gegangen. Damit ist die FDP nicht mehr Teil der Bundesregierung – und die Bundesregierung hat keine Mehrheit mehr im Parlament.

Scholz hat nun Folgendes geplant: Er will trotzdem mithilfe von FDP oder CDU/CSU noch wichtige Gesetzesvorhaben auf den Weg bringen und dann im kommenden Januar im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Wenn er die wie zu erwarten verliert, kann der Bundespräsident Neuwahlen ansetzen.

Allerdings will die CDU/CSU-Fraktion diesen Weg nicht mitgehen. CDU-Chef Friedrich Merz pocht auf einen schnelleren Weg zu Neuwahlen: Scholz solle schon in der kommenden Woche die Vertrauensfrage stellen – damit das Land möglichst schnell eine neue Regierung bekommt.

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