Offenbar hakt es bei den Koalitionsverhandlungen. Friedrich Merz deutet gar eine Verlängerung der Gespräche an. Insbesondere bei der Migration und der Rente gibt es Unstimmigkeiten.

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Die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD finden derzeit in 16 Arbeitsgruppen weitgehend im Verborgenen statt - aktuell gibt es allerdings immer wieder Berichte, wonach sich die Verhandlungsteams teils ziemlich verhakt haben sollen. Am Montag sollen die Arbeitsgruppen eigentlich ihre Ergebnisse vorlegen. CDU-Chef Friedrich Merz deutete jedoch bereits an, dass zumindest die Gesamtdauer der Verhandlungen länger ausfallen könnte als zunächst geplant - auch wenn wichtige Pflöcke eigentlich schon in den vorherigen Sondierungsgesprächen eingeschlagen wurden.

Migration: Uneins über Rolle der EU

Vereinbart wurde bereits, das Ziel der "Begrenzung" der Migration wieder ausdrücklich ins Aufenthaltsgesetz zu schreiben. Wackelig scheint noch die Vereinbarung zur umfassenden Zurückweisung auch von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen. Dies soll nach dem Sondierungsergebnis "in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn" erfolgen. CDU-Chef Friedrich Merz schloss aber auch deutsche Alleingänge nicht aus. Da will die SPD jedoch auf keinen Fall mitgehen. Auch generell haben die Sozialdemokraten gegen Vorbehalte gegen Zurückweisungen Schutzsuchender an den Grenzen.

Mindestlohn: Erneute Anhebung fraglich

Die Anhebung des Mindestlohns von derzeit 12,82 auf die von der SPD gewünschten 15 Euro ab 2026 sei "erreichbar", heißt es im Sondierungspapier. Verwiesen wird dabei aber auf die Mindestlohnkommission, die unabhängig von der Politik entscheidet. Das aus Vertretern von Arbeitnehmern und Arbeitgebern besetzte Gremium soll im Sommer entscheiden. Einen erneuten politischen Beschluss zur Anhebung wie während der Ampel-Koalition lehnt die Union kategorisch ab. Ob es tatsächlich zu einer stärkeren Anhebung kommt, bleibt damit fraglich.

Rente: "Nicht zu Lasten der jungen Generation"

Die SPD will ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent des Durchschnittseinkommens dauerhaft garantieren. Im Sondierungspapier wird zwar eine Sicherung des Rentenniveaus als Ziel genannt, nicht jedoch eine konkrete Prozentzahl. Die Alterssicherung solle "für alle Generationen auf verlässliche Füße" gestellt werden, heißt es lediglich.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann betonte nun, die Stabilisierung hänge davon ab, ob es genug Wirtschaftswachstum gebe, denn die Rentenpolitik dürfe "nicht immer nur zu Lasten der jungen Generation" gehen. Bei der tatsächlichen Höhe der realen Altersbezüge bleibt also viel Konfliktpotenzial.

Steuern: Unternehmenssteuer und Solidaritätszuschlag

CDU/CSU wollen die Unternehmensteuern in mehreren Schritten auf maximal 25 Prozent senken. "Wir steigen in der kommenden Legislaturperiode in eine Unternehmenssteuerreform ein", heißt es dazu lediglich im Sondierungspapier, ein konkretes Absenkungsziel wird nicht genannt. Auch die von CDU/CSU verlangte Streichung des Solidaritätszuschlags kommt in den Sondierungsbeschlüssen nicht vor. Durch die von den Grünen durchgesetzte Regel, wonach schuldenfinanzierte Investitionen mit Hilfe des geplanten Sondervermögens "zusätzlich" sein müssen, ist der Finanzspielraum zudem deutlich geschrumpft.

Klimapolitik: Sozial und wirtschaftlich

Union und SPD wollen "entschlossen" daran arbeiten, die deutschen und europäischen Klimaziele einzuhalten. Klimaschutz müsse aber "soziale Ausgewogenheit und wirtschaftliches Wachstum pragmatisch und unbürokratisch zusammenbringen", heißt es in den Sondierungsbeschlüssen. Ein von der SPD gefordertes Klimageld zur Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern wird nicht genannt.

Andererseits kommen auch die Unions-Forderungen nach einer Abschaffung des Heizungsgesetzes und nach der Abkehr vom Aus für Autos mit Verbrennungsmotor nicht vor. Viele Fragen bleiben damit offen, lediglich finanziell stehen auf Druck der Grünen nun mehr Mittel für Klimaschutz zur Verfügung.

Deutschlandticket: Finanzierung ungewiss

Die SPD will das Deutschlandticket dauerhaft zum aktuellen Preis anbieten, ergänzt durch vergünstigte Tarife für Familien, Studierende oder ältere Menschen. CDU-Chef Friedrich Merz ist grundsätzlich für eine Weiterführung, stellt dies aber ausdrücklich unter den Vorbehalt einer möglichen Finanzierung, die nur noch für dieses Jahr gesichert ist. Im Sondierungspapier sind lediglich weitere Beratungen angekündigt, die mehr als 13 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten des Tickets müssen also weiter zittern.

Gesundheit und Pflege: Steigende Krankenkassenbeiträge und Cannabis-Legalisierung

Eine Großbaustelle der Koalitionsverhandlungen dürfte die Gesundheits- und Pflegereform werden, für die viele Milliarden nötig sind. Hier ist bisher nichts vereinbart. Der Handlungsbedarf ist jedoch angesichts der Defizite der Kranken- und Pflegekassen bei gleichzeitig weiter steigenden Kosten enorm. Unklar ist auch, was mit der Unions-Forderung wird, das von der SPD-geführten Ampel-Regierung beschlossene Gesetz zur Cannabis-Legalisierung wieder abzuschaffen.

Wahlrechtsreform rückgängig machen?

Die Union will das von der Ampel-Regierung reformierte Wahlrecht wieder ändern. Grund ist, dass bei der Bundestagswahl 18 ihrer Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag kamen. Denn dies hängt aktuell davon ab, ob auf Landesebene die Direktmandate auch durch den Zeitstimmenanteil der Parteien gedeckt sind. Vereinbart bisher: weitere Gespräche. Die SPD pocht bislang darauf, dass die Mandatsverteilung die Anteile der Parteien an den Zweitstimmen exakt widerspiegelt. (afp/bearbeitet von nap)