Immer wieder fliegen verdächtige Drohnen über deutschen Militäreinrichtungen. Die Bundesregierung will der Bundeswehr nun erlauben, sie in gefährlichen Situationen abzuschießen. Auch der CDU-Politiker Johann Wadephul hält eine Gesetzesänderung für nötig.
Es passiert immer wieder, zum Beispiel am vergangenen Sonntag: Über dem Bundeswehr-Flughafen im oberbayerischen Manching bei Ingolstadt surrten Drohnen. Polizeibeamte hätten dort bis zu zehn der Fluggeräte gesichtet, teilte das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) mit. Im Dezember hatte es bereits drei ähnliche Vorfälle gegeben. Am Sonntag ergab eine Fahndung mit einem Polizeihubschrauber keine Spur zu möglichen Verantwortlichen. Das LKA ermittelt.
Seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine häufen sich Vorfälle dieser Art. Auch an anderen Orten wie dem US-Militärflugplatz Ramstein oder über Einrichtungen, an denen ukrainische Soldaten ausgebildet werden. Nach Einschätzung des LKA ist nicht auszuschließen, dass Militäreinrichtungen und Rüstungsunternehmen ausgespäht werden sollen.
Bundeswehr soll Waffen gegen unbemannte Luftfahrzeuge einsetzen dürfen
Die Möglichkeiten, dagegen vorzugehen, sind aber begrenzt: Militär und Polizei dürfen Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben. Sie haben aber keine Erlaubnis, sie abschießen – auch unbemannte Drohnen nicht.
Die Bundesregierung will das nun ändern. Deshalb hat das Kabinett am Mittwoch eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes auf den Weg gebracht. Demnach soll die Bundeswehr in Zukunft auch "Waffengewalt gegen unbemannte Luftfahrzeuge" einsetzen dürfen. Zumindest dann, wenn davon auszugehen ist, dass die Drohne gegen Menschen eingesetzt werden soll oder eine kritische Anlage angreifen könnte.
Das Abschießen soll also weiterhin nur in Ausnahmefällen möglich sein. Es geht laut Bundesinnenministerium um die Verhinderung "schwerer Unglücksfälle" – und um Fälle, in denen die Polizei nicht alleine handeln kann. Bei einem reinen Ausspähen dürfte die Bundeswehr also möglicherweise weiterhin nicht tätig werden.
Aus Sicht von Sebastian Hartmann, dem innenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, ist die Abschussmöglichkeit von "essenzieller Bedeutung" für die Sicherheit in Deutschland. "Wir dürfen nicht zulassen, dass fremde Mächte – wie vor allem mutmaßlich Russland derzeit – unser Land versuchen auszukundschaften", teilt er auf Anfrage unserer Redaktion mit. "Wir brauchen die rechtlichen Befugnisse, um solche Drohnen, die unsere Sicherheit mittelbar gefährden, unbrauchbar zu machen", findet Hartmann.
CDU-Politiker Wadephul: Änderung ist "längst überfällig"
Das Kabinett hat grünes Licht für die Gesetzesänderung gegeben. Die Minderheitsregierung aus SPD und Grünen hat im Bundestag alleine keine Mehrheit mehr, um sie zu beschließen. Nötig wäre die Zustimmung einer weiteren Fraktion. "Ich erwarte von den Oppositionsparteien, dass sie hierzu konstruktiv mit uns zusammenarbeiten. Denn es geht hier nicht um Parteipolitik, sondern klar um die Sicherheit Deutschlands", sagt SPD-Politiker Hartmann.
Die Union als größte Oppositionsfraktion ist sich offenbar noch nicht einig. Der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Günter Krings (CDU), äußerte vor wenigen Tagen verfassungsrechtliche Bedenken und sprach von "reiner Symbolgesetzgebung" ohne realen Sicherheitsgewinn. Johann Wadephul, stellvertretender Vorsitzender und Verteidigungsexperte der Fraktion, hält die Änderung des Luftsicherheitsgesetzes angesichts der Bedrohungslage dagegen für "längst überfällig". Das teilte er auf Anfrage unserer Redaktion mit. Seit Jahren würden sich Sichtungen von Drohnen über Militäranlagen mehren. Zudem gebe es bisher Probleme, festzustellen, wer für diese verdächtigen Objekte zuständig ist.
"Die Anpassung des Luftsicherheitsgesetzes würde eine bekannte Sicherheitslücke schließen und der Bundeswehr endlich die Befugnis zum Abschuss verdächtiger Drohnen einräumen", sagt der CDU-Politiker. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion werde sich "einer Verbesserung der Sicherheitslage in unserem Luftraum nicht entgegenstellen".
Verwendete Quellen
- Agence France Presse (afp)
- Deutsche Presse-Agentur (dpa)
- Stellungnahmen von Sebastian Hartmann und Johann Wadephul
- Bayerisches Landeskriminalamt: Drohnensichtungen über Militäreinrichtung - Zeugenaufruf
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.