Doch keine Karnevalspause: Bei den Gesprächen über eine Koalition aus CDU/CSU und SPD drängt die Zeit. Besonders schnell müssen die Verhandlungspartner Finanzierungsfragen klären. Und dann ist da noch die Sache mit dem Vertrauen.

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Die Szenen aus dem Weißen Haus haben auch im weit entfernten Berlin konkrete Folgen. Es soll schnell vorangehen mit den Gesprächen über eine neue schwarz-rote Bundesregierung. Jetzt erst recht.

Am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump seinen ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj vor den Augen der Weltöffentlichkeit beschimpft. Das stellt nicht nur die amerikanische Unterstützung für die Verteidigung der Ukraine infrage – sondern auch die Zukunft des transatlantischen Bündnisses. Während Großbritannien und Frankreich jetzt das auf sich allein gestellte Europa anführen, wirkt die größte Volkswirtschaft der EU wie gelähmt: In Deutschland ist eine alte Regierung abgewählt und eine neue noch nicht im Amt.

Gespräche zwischen Union und SPD bisher "gut verlaufen"

Nach der Bundestagswahl ist eine Koalition aus CDU/CSU und SPD das einzige politisch realistische Regierungsbündnis. Am Freitag haben die Parteispitzen das erste Mal sondiert, an diesem Montag soll es weitergehen. Bisher seien die Gespräche "gut verlaufen", sagt der CDU-Vorsitzende und mögliche nächste Bundeskanzler Friedrich Merz am Montag auf einer Pressekonferenz.

Einen möglichen Zeitplan will Merz allerdings nicht verraten: "Ich kann Ihnen nichts voraussagen. Es ist offen." Er kündigt allerdings an: Am Mittwoch ist er erneut bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu Gast. Danach soll dann offenbar feststehen, ob die Sondierungen in Koalitionsverhandlungen übergehen. Der internationale Handlungsdruck führe jedenfalls zu Zeitdruck, sagt Merz.

Einigung noch vor Ostern?

Dieser Druck treibt die Verhandlerinnen und Verhandler an. Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, hält schnelle Fortschritte für möglich. Nach seiner Einschätzung könnten Koalitionsverhandlungen schon vor Ostern abgeschlossen sein. Das sagte er am Sonntagabend in der ARD.

Trotzdem muss eine mögliche schwarz-rote Koalition noch einige Hürden nehmen. In Teilen der SPD ist die Vorfreude auf eine Neuauflage der früheren "GroKo" begrenzt. Vor allem aber müssen zunächst inhaltliche Fragen geklärt werden.

Die wichtigste Frage lautet: Wie will die nächste Bundesregierung schnell Geld für eine Aufrüstung der Bundeswehr und eine stärkere Unterstützung der Ukraine auftreiben? Die SPD will Fragen der Finanzierung ganz an den Anfang stellen. "Es kann nicht sein, dass wir gute Dinge aufschreiben und uns dann in der laufenden Legislatur fragen: Wie bezahlen wir das?", sagt der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil am Montag.

Die Sozialdemokraten wollen eine Reform der Schuldenbremse im Grundgesetz – damit der Bund mehr Schulden aufnehmen kann als bisher. Sie wollen nicht, dass zugunsten der Verteidigung bei der Infrastruktur oder beim sozialen Zusammenhalt gespart wird. Es dürfe kein "Entweder-oder" geben, sagt Klingbeils Kollegin im SPD-Vorsitz, Saskia Esken, am Montag dazu.

Die Union lehnt eine Reform der Schuldenbremse aber ab. Stattdessen sind zwei Sondervermögen im Gespräch – Summen von mehreren Hundert Milliarden Euro werden genannt. Wohlgemerkt geht es auch hier um zusätzliche Schulden.

Sondervermögen: Bundestag müsste schnell entscheiden

In jedem Fall müsste es auch damit schnell gehen. Für neue Sondervermögen ist eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament nötig. Im neugewählten Bundestag haben CDU/CSU und SPD diese Mehrheit auch zusammen mit den Grünen aber nicht mehr. Deshalb diskutiert das politische Berlin schon seit vergangener Woche über die Idee, Sondervermögen noch mit dem alten Bundestag zu beschließen. Verfassungsrechtlich wäre das in der kommenden Woche wohl noch zulässig.

Auch ein Termin für diese Abstimmung kursiert schon: der kommende Montag, der 10. März. Das will die "Bild" aus dem CDU-Vorstand erfahren haben. SPD-Chefin Esken nennt ein solches Durchstechen "keine vertrauensbildende Maßnahme".

Das Thema Vertraulichkeit ist für die SPD-Führung offenbar ebenso entscheidend wie die Klärung der Finanzierung. Wasserstandsmeldungen, öffentliche Diskussionen über einzelne Themen – all das soll es nicht geben, versprechen die Parteivorsitzenden am Montag. "Wir werden keine schönen Wochen miteinander haben, weil wir es als SPD geübt sind, uns an die Vertraulichkeit zu halten", sagt Lars Klingbeil am Montag zur versammelten Hauptstadtpresse.

Deutschland spielt international gerade nur eine Nebenrolle

In der vergangenen Woche war noch von einer "Karnevalspause" für die weiteren Gespräche die Rede. Die soll nun offenbar ausfallen. Das SPD-Sondierungsteam stehe bereit und habe alle Termine in dieser Woche abgesagt, sagt Klingbeil. "Wir sind bereit, diese Woche sehr schnell zu Einigungen zu kommen – aber es liegt an den Gesprächen."

Bei Merz hört sich das am Montag sehr ähnlich an. Den wohl nächsten Bundeskanzler dürfte es besonders umtreiben, dass Deutschland auf der internationalen Bühne derzeit nur eine Nebenrolle spielt. Das sei allerdings keine Überraschung, sagt Merz: In diesem Fall will er Bundeskanzler Scholz nicht die Schuld zuschieben: "Das ginge jedem anderen Bundeskanzler auch so, der seine Mehrheit verloren hat und dessen Land sich im Übergang befindet." Am Donnerstag wird Scholz am Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs teilnehmen. "Es wäre gut, wenn Deutschland bald wieder mit einem gewählten Regierungschef an diesen Beratungen teilnimmt", sagt Merz.

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