Union und SPD wollen noch im alten Bundestag über ihr geplantes Sondervermögen abstimmen. Während Grüne und FDP nicht zustimmen wollen, kündigen AfD und Linke sogar Klagen an. Im Eilverfahren sollen die geplanten Sondersitzungen des Bundestags verhindert werden.

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Die Linke will mit einem Eilverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht milliardenschwere Entscheidungen mit alten Mehrheiten im Bundestag verhindern. Wie die amtierende Fraktionsführung mitteilte, stellten einzelne Bundestagsabgeordnete und die künftige Fraktion in Karlsruhe den Antrag auf eine einstweilige Anordnung. Auch die AfD-Fraktion will noch im Laufe des Tages eine sogenannte Organklage und einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Einzelne Abgeordnete der AfD und die ehemalige AfD-Abgeordnete Joana Cotar hatten nach eigenen Angaben ebenfalls bereits Karlsruhe angerufen.

Ziel ist, den alten Bundestag nach der für Freitag geplanten Feststellung des Endergebnisses der Bundestagswahl vom 26. Februar nicht mehr zu Sondersitzungen einzuberufen. In der Begründung des Antrags heißt es, die neuen Abgeordneten sähen sich in ihren Mitwirkungsrechten verletzt. Der amtierende Die Linke-Fraktionschef Sören Pellmann sprach von einer Entmündigung.

Pellmann kündigte zudem an: "Ob wir darüber hinaus auch zum übereilten Beschluss- und Gesetzgebungsvorhaben juristisch weiter vorgehen werden, da sind wir noch in der Prüfung." Dem Vernehmen nach soll dies bis Mitte der Woche entschieden werden.

Lockerung der Schuldenbremse und Sondervermögen

Die mögliche künftige Koalition aus CDU/CSU und SPD will noch vor Konstituierung des am 23. Februar gewählten Parlaments das Grundgesetz ändern. Ziel ist einerseits die Lockerung der Schuldenbremse für erhöhte Verteidigungsausgaben, andererseits ein bis zu 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Infrastruktur, das ebenfalls über zusätzliche Schulden finanziert würde.

Die Linke hält es für unzulässig, so weitreichende Entscheidungen noch mit alten Mehrheiten zu treffen. Auch die Grünen wollen dem geplanten milliardenschweren Verteidigungs- und Infrastrukturpaket von Union und SPD in seiner aktuellen Form nicht zustimmen. Sie halten sich aber Gespräche offen.

Im alten Bundestag haben CDU/CSU, SPD und Grüne eine Zwei-Drittel-Mehrheit, wie sie für Verfassungsänderungen nötig ist. Im neuen Parlament käme eine Zwei-Drittel-Mehrheit nur noch mit Stimmen der Linken oder der AfD zustande.

Linke für Gespräche über Schuldenbremse offen

Die Linke hat signalisiert, dass sie für Gespräche über eine Abschaffung oder Reform der Schuldenbremse zur Verfügung stünde. Das bekräftigte die amtierende Co-Fraktionschefin Heidi Reichinnek und begrüßte die Ansage der Grünen, das Vorgehen von Union und SPD so nicht mitzutragen.

"Wir als Linke setzen uns weiterhin dafür ein, dass die Schuldenbremse, die weder ein Naturgesetz noch gottgegeben ist, endlich abgeschafft wird", sagte Reichinnek. "Wir sind aber bereit, und auch das haben wir schon mehrmals betont, eine Reform mitzutragen. Im neuen Bundestag gibt es dafür demokratische Mehrheiten."

Die Linke ist gegen stark erhöhte Verteidigungsausgaben. Auf Nachfrage deutete Reichinnek aber an, dass eine Mitwirkung bei der Reform der Schuldenbremse daran nicht unbedingt scheitern würde. Sie sagte, wenn die Schuldenbremse als Ganzes reformiert werde, ermögliche dies Investitionen beispielsweise in den Wohnungsbau, in die Gesundheit, in die Bildung. "Wie genau diese Räume dann genutzt werden, das entscheidet ja der Bundestag über den Haushalt."

Eine Entscheidung für den neuen Bundestag

Stephan Brandner, Justiziar und Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion argumentierte den geplanten Eilantrag damit, dass der alte Bundestag allenfalls und ausnahmsweise in besonders eilbedürftigen Notfällen zusammengerufen werden dürfe, "nicht aber, um derart weitreichende Entscheidungen wie mehrere hoch umstrittene Änderungen des Grundgesetzes zu beschließen. Solche Entscheidungen kann und darf nur der neugewählte Bundestag treffen."

Die AfD hatte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) vor dem Wochenende ein anwaltliches Schreiben zugestellt, in dem sie aufgefordert wurde, die beiden für diesen Donnerstag und nächsten Dienstag geplanten Sondersitzungen abzusagen.

Bas hatte dies im ARD-Morgenmagazin zurückgewiesen. Ein Drittel der Abgeordneten könne nach Artikel 39 des Grundgesetzes eine Sondersitzung beantragen und die beiden Fraktionen von Union und SPD bildeten mehr als ein Drittel der Abgeordneten. Insofern sei sie zur Einberufung verpflichtet.

AfD sähe neuen Bundestag "entmachtet"

Die erste Sitzung des neuen Bundestages ist erst für den 25. März vorgesehen, bis dahin gilt der alte als arbeitsfähig. Die AfD stellt juristisch in Frage, ob dieser aber noch die Legitimität hat, in einer so wichtigen Frage (Verfassungsänderung) Entscheidungen zu treffen, wenn die Wähler im neuen Parlament für ganz andere Mehrheiten gesorgt haben.

Der neue könne dann "am gigantischen Verschuldungsrahmen" nichts mehr ändern oder korrigierend eingreifen, "er wäre entmachtet", hatte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Bernd Baumann, gesagt. (dpa/bearbeitet von skr)