Nach dem Rauswurf von Finanzminister Christian Lindner aus der Ampel-Koalition wollten auch alle andere FDP-Minister ihre Ämter niederlegen – eigentlich. Denn Verkehrsminister Volker Wissing will weiter im Amt bleiben und dafür sogar aus der FDP austreten.

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Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat angekündigt, die FDP zu verlassen und auch nach dem Bruch der Ampel-Koalition im Amt zu bleiben. Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe ihn gefragt, ob er bereit sei, das Amt unter den neuen Bedingungen fortzuführen, sagte Wissing in Berlin. Er habe darüber nachgedacht und dies Scholz gegenüber bejaht.

Wissing will der Regierung künftig als Parteiloser angehören, wie er weiter mitteilte. "Ich möchte keine Belastung für meine Partei sein." Daher habe er Parteichef Christian Lindner seinen Austritt aus der FDP mitgeteilt. "Ich distanziere mich damit nicht von den Grundwerten meiner Partei und möchte nicht in eine andere Partei eintreten." Dies sei eine persönliche Entscheidung, die seiner Vorstellung von Verantwortung gerecht werde.

Staatssekretäre haben "kein Vertrauen mehr in Volker Wissing"

Wissing nannte als eine wichtige Aufgabe als Minister bis zu Neuwahlen die sogenannte Korridorsanierung bei der Bahn. Bis 2030 sollen besonders belastete Strecken grundlegend saniert werden – Mitte Juli hatte die Sanierung der ersten Strecke begonnen.

Die Parlamentarischen Staatssekretäre im Bundesverkehrsministerium baten nach Wissings Schritt um ihre Entlassung. Sie teilten mit, dass sie "nach seiner einsamen Entscheidung kein Vertrauen mehr in Volker Wissing" haben. "Deutschland braucht eine echte Wirtschaftswende, die Unternehmen entlastet, Bürokratie abbaut und Steuern reduziert", hieß es weiter.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte am Vorabend noch angekündigt, alle Minister seiner Partei wollten ihren Rücktritt geschlossen beim Bundespräsidenten einreichen. Die Ampel war am Mittwoch zerbrochen.

Nach einem erbitterten Richtungsstreit vor allem über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik, kündigte Kanzler Olaf Scholz (SPD) an, Finanzminister Lindner aus dem Kabinett zu schmeißen. Die Wählerinnen und Wähler können sich nun voraussichtlich im März auf Neuwahlen einstellen.

Verhältnis zwischen Wissing und FDP-Chef Lindner gilt als belastet

Bereits vor der offiziellen Ankündigung hatte es Spekulationen über Wissings Verbleib in der Regierung gegeben. Unter anderem, weil Wissing beim Pressestatement von Lindner nach dem Bruch der Koalition als einziger FDP-Minister nicht persönlich anwesend war.

Wissings Verhältnis zu FDP-Chef Lindner gilt seit Langem als belastet. Im Juli berichtete etwa der Spiegel (Bezahlinhalt), Wissings Ansehen bei Lindner sei "auf dem Tiefpunkt". Auch innerhalb der Partei wurde immer wieder Kritik an Wissing laut. So wird ihm etwa vorgeworfen, seine Erfolge als Minister nicht gut genug verkauft zu haben.

Auch habe Wissing nach Ansicht vieler FDP-Politiker zu sehr Rücksicht auf SPD und Grüne genommen. Bis zuletzt machte sich Wissing für den Bestand der Ampel-Koalition stark. In einem Gastbeitrag für die FAZ (Bezahlinhalt) kritisierte er, dass Teile der Koalition immer wieder diskutiert hätten, "ob ihre Partei die Regierung nicht besser verlassen sollte".

Von politischen Beobachtern wurde das vor allem als Kritik an der eigenen Partei wahrgenommen. Schließlich hatte die FDP immer wieder mit einem Bruch der Koalition kokettiert. (thp/tas/Mit Material der dpa und afp)

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