Kiel (dpa) - Mehr Geld für Einbruchschutz und eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung krimineller Clans: Darauf konnten sich die Innenminister der Länder und des Bundes bei ihrer Frühjahrskonferenz in Kiel verständigen. Strittig bleibt dagegen alles, was mit Asyl und Abschiebungen zu tun hat. Wenn man die "bunte" Zusammensetzung der Landesregierungen zur Zeit bedenke, seien die gemeinsamen Beschlüsse "sensationell", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Freitag. Die wichtigsten Entscheidungen im Überblick:
CLAN-KRIMINALITÄT: Die Innenminister drohen kriminellen Clan-Mitgliedern mit dem Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft. Allerdings nur wenn sie noch eine zweite Staatsbürgerschaft haben. Die Bundesregierung soll prüfen, wie eine entsprechende Reform aussehen könnte. "Insbesondere sage ich zu, im Falle einer nachgewiesenen Mitwirkung bei Clankriminalität den von den Ländern gewünschten Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft bei Vorhandensein einer weiteren Staatsbürgerschaft schnell zu realisieren", sagte
SICHERHEIT BEI FUSSBALLSPIELEN: Um Krawalle bei Fußballspielen zu vermeiden, will die Politik die Vereine künftig stärker in die Pflicht nehmen. "Da darf man von den Vereinen schon mehr erwarten", sagte Seehofer. Sie sollen vor allem dafür sorgen, dass Pyrotechnik und bekannte Gewalttäter nicht in die Stadien gelangen. "Zur Vermeidung von sicherheitsgefährdenden Kräfteengpässen" bei der Polizei soll der 1. Mai ab 2021 spielfrei sein. Die Mehrheit der Innenminister lehnt eine Beteiligung der Clubs an den Polizeikosten aber ab - auch mit dem Argument, dass Clubs dann Einfluss auf die Einsatzpläne fordern könnten und weil sie ohnehin Steuern zahlen. Laut Bundesverwaltungsgericht ist eine Beteiligung der Vereine bei Hochrisikospielen grundsätzlich rechtens. Für Seehofer lehnt das aber ab: "Ein Urteil, dass das für möglich hält, heißt ja nicht, dass man es auch machen muss."
EINBRUCHSSCHUTZ: Haus- und Wohnungsbesitzer sollen künftig auch bei Neubauten Geld für Einbruchschutz erhalten. Die staatliche Bank KfW soll dafür Zuschüsse erteilen. Die gibt es bislang nur für nachträgliche Einbauten in alten Gebäuden. "Sehr viele Täter scheuen bauliche Widerstände", sagte Seehofer. Die Bundesregierung arbeite bereits an einer Fortsetzung des Förderprogramms. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius verwies auf die steigende Zahl der im Versuchsstadium endenden Fälle. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Täter häufiger scheitern.
KINDERPORNOGRAFIE: Verbreitung, Erwerb und Besitz von Kinderpornografie sollen künftig härter bestraft werden. Die Höchststrafe für die Verbreitung solcher Bilder und Videos soll von derzeit fünf auf dann zehn Jahre steigen. Wer sich kinderpornografisches Material beschafft, soll mit einer Strafe von maximal fünf statt bislang drei Jahren rechnen müssen. Der Bund soll eine entsprechende Reform prüfen. Konkrete Beschlüsse zur Bekämpfung der Kinderpornografie will Seehofer außerdem demnächst mit den Sprechern der Länder in kleiner Runde besprechen. Das Bundeskriminalamt wünscht sich hier vor allem eine begrenzte Vorratsdatenspeicherung. Die Polizei soll außerdem Voraussetzungen für die bessere Nutzung einer bereits bestehenden Datenbank erhalten. Beamte können damit feststellen, ob es zu sichergestelltem Bildmaterial bereits andernorts Ermittlungen gab.
MESSERANGRIFFE: Die Länder sollen leichter als bislang Zonen festlegen können, in denen das Tragen von Messern und anderer Waffen verboten ist - zum Beispiel vor Schulen, Bahnhöfen und in Fußgängerzonen. Die Idee eines generellen Verbots in Fußgängerzonen lehnt die Mehrheit der Innenminister dagegen ab, weil dort ja auch Messer verkauft werden. Dass sogenannte Springmesser nach Ansicht der Innenminister in der Öffentlichkeit gar nicht mehr mitgeführt werden sollen, begrüßte Ernst Walter von der Deutschen Polizeigewerkschaft.
ABSCHIEBUNGEN: Die Zahl der Bundespolizisten, die Abschiebungen auf dem Luftweg begleiten können, soll von derzeit 1300 auf 2000 Beamte erhöht werden. Das hat Seehofer zugesagt. Die Innenminister halten an der bereits Ende 2018 beschlossenen Verlängerung des Abschiebestopps für Syrer bis zum Jahresende fest. Bis zu ihrer nächsten Konferenz am 4. Dezember in Lübeck soll das Auswärtige Amt dann eine neue Lageanalyse für das Land vorlegen. "Es geht vor allem darum, dass Leute, die beispielsweise Anhänger des Assad-Regimes waren und sind und hier in Deutschland schwere Gewalttaten verüben, dass man solchen Leuten klar sagt, "Ihr müsst wieder nach Damaskus zurückkehren"", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dem Bayerischen Rundfunk. Das Bundesinnenministerium hofft vor allem auf Möglichkeiten, Straftäter und islamistische Gefährder aus Syrien loszuwerden. Bei Rückführungen nach Afghanistan kommen die Länder nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Die SPD-geführten Länder und Schleswig-Holsteins CDU-Innenminister Hans-Joachim Grote wollen weiter nur Straftäter, Identitätstäuscher und Gefährder dorthin abschieben.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.