- Tag für Tag werden Zehntausende neue Corona-Fälle gemeldet.
- Am Wochenende sind es diesmal insgesamt mehr als 100.000.
- Nun werden Maßnahmen verschärft. Das RKI blickt schon weiter und sieht eine drohende fünfte Welle.
Gut einen Monat vor Weihnachten setzt sich der Anstieg bei den Corona-Infektionszahlen ungebremst fort. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz erreichte am Wochenende erneute Höchststände. Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, rief zu flächendeckenden Kontaktbeschränkungen auf und warnte vor der nächsten Corona-Welle, falls Gegenmaßnahmen nicht schneller umgesetzt werden. Die Grünen forderten umfassende Vorbereitungen für Patientenverlegungen in andere Krankenhäuser.
Sachsen und Bayern ziehen unterdessen die Schrauben bei den Corona-Maßnahmen an. Das öffentliche Leben wird zum Wochenbeginn und zur Mitte der Woche zum Teil wieder drastisch eingeschränkt. Kinder- und Jugendmediziner warnten vor dem Hintergrund der Entwicklungen davor, in Deutschland erneut Schulen zu schließen.
"Wenn das Verringern der Kontakte und das Impfen nicht intensiv gelingt, werden wir nach den jetzigen Modellierungen auch noch eine fünfte Welle bekommen", sagte Wieler der Deutschen Presse-Agentur. "Der weitere Verlauf des Winters hängt stark davon ab, was jetzt geschieht." Um die aktuelle Situation zu entschärfen, müssten nach Wielers Ansicht "flächendeckend" die Kontakte in Deutschland eingeschränkt werden. "In den Bundesländern, in denen die Zahlen jetzt noch niedrig sind, haben wir mit Kontaktbeschränkungen die Chance, die Zahlen auch niedrig zu halten. Dort, wo die Zahlen hoch sind, ist es eigentlich sehr spät, wenn nicht zu spät."
Die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche erreichte am Wochenende neue Höchststände: Am Sonntag lag die Sieben-Tage-Inzidenz laut RKI bei 372,7 (Vorwoche 289, Vormonat 85,6). Insgesamt wurden 106 651 Neuansteckungen (Samstag: 63 924 Sonntag: 42 727) und 323 Todesfälle gemeldet (Vorwochenende: 78 579 Infektionen, 283 Todesfälle).
Bundesländer schärfen nach
Die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patienten je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gab das RKI am Freitag mit 5,34 an (Donnerstag: 5,30). Aktuellere Werte gibt es wieder in der neuen Woche. Bei dem Indikator muss berücksichtigt werden, dass Krankenhausaufnahmen teils mit Verzug gemeldet werden. Der bisherige Höchstwert lag um die Weihnachtszeit des Vorjahres bei rund 15,5.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen forderte umfassende Vorbereitungen für Patientenverlegungen in andere Kliniken. Dies sei "ein koordinativer Kraftakt", der frühzeitig und zentral gesteuert werden sollte, sagte der Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist durchaus realistisch, dass Hunderte Patienten in Kürze verlegt werden müssen."
In den besonders betroffenen Bundesländern Sachsen und Bayern treten in der neuen Woche scharfe Gegenmaßnahmen in Kraft: Sachsen schränkt ab Montag für drei Wochen weite Teile des öffentlichen Lebens ein. Geschlossen werden Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Bars, Clubs und Diskotheken. Weihnachtsmärkte und touristischen Übernachtungen sind nicht mehr erlaubt, und Restaurants bekommen begrenzte Öffnungszeiten.
In Bayern sollen ab Mittwoch für Ungeimpfte strikte Kontaktbeschränkungen gelten. Clubs, Diskotheken und Bars müssen für die nächsten drei Wochen schließen, Weihnachtsmärkte soll es nicht geben. Bei Kultur- und Sportveranstaltungen wird die Zuschauerzahl deutlich begrenzt. In extremen Hotspots werden zudem weite Teile des öffentlichen Lebens heruntergefahren. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach rechnet mit ähnlichen Schritten auch in anderen Bundesländern. Entsprechend äußerte er sich im Deutschlandfunk.
Kinder- und Jugendmediziner warnten vor erneuten Schulschließungen. "Ich plädiere dringend dafür, den Schulbetrieb während der gesamten vierten Welle aufrechtzuerhalten", sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Jörg Dötsch, der "Rheinischen Post". Mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes hatten die Ampel-Parteien umfassende Schulschließungen für die Zukunft ausgeschlossen. Dötsch sagte, es sei zu hoffen, dass sie sich auch dann noch daran erinnerten, wenn sich die Lage weiter verschärfe und weitergehende Maßnahmen notwendig werden sollten.
Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) warnte vor erneuten harten Einschränkungen für Kinder und Jugendliche. "Diese dürfen niemals erfolgen, bevor nicht alle anderen Maßnahmen des Infektionsschutzes ausgeschöpft sind, dazu gehört etwa auch eine allgemeine Impfpflicht für Erwachsene", sagte BVKJ-Bundessprecher Jakob Maske. (br/dpa)
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