• Die Union ist weiterhin auf der Suche nach einem Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl.
  • Armin Laschet und Markus Söder können sich bisher nicht einigen, wer Kanzlerkandidat werden soll.
  • Drei Szenarien sind denkbar: Einigung, Kampfabstimmung oder ein Kompromisskandidat.
Eine Analyse

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Im selben Raum aufhalten können sich die beiden offensichtlich noch. Jedenfalls sollen CDU-Chef Armin Laschet und sein CSU-Pendant Markus Söder in der Nacht zum Montag mehrere Stunden in den Räumlichkeiten des Bundestages miteinander über die Zukunft diskutiert haben. Ergebnis: scheinbar keines.

Und so dauert die Hängepartie um die Kanzlerkandidatenfrage bei der Union weiterhin an. Am Montag hieß es aus Söders Umfeld gar, mit einer Entscheidung sei auch im Tagesverlauf nicht zu rechnen.

Wie also geht es weiter bei den Schwesterparteien? Das sind die drei wahrscheinlichsten Szenarien:

Szenario 1: Laschet und Söder einigen sich

Für die Union wäre das sicher mit Blick auf den gemeinsamen Wahlkampf die beste Lösung. Denn wenn aus dem Zwei-Mann-Konklave Laschet/Söder endlich weißer Rauch aufstiege, wäre zumindest die Chance am größten, dass beide Männer mit einer halbwegs gesichtswahrenden Lösung aus der Sache herauskommen.

Eine Entscheidung aber setzt voraus: Einer von beiden muss sich aus dem Hahnenkampf zurückziehen. Zuletzt hatte sich dies nicht wirklich angedeutet. Laschet sieht sich als Parteichef der großen Schwester, der zudem die Führungsgremien seiner Partei weitgehend hinter sich hat, im Vorteil. Ebenso Söder, der seine Popularität in Umfragen scheinbar täglich wachsen sieht, und zudem in der CSU weitaus unumstrittener ist als Laschet bei der CDU.

Aber einmal angenommen, die Herren kämen zu einer gütlichen Einigung: Wie könnte diese aussehen?

Zöge Laschet zurück und überließe Söder die Kandidatur, hätte sich der breitbeinigere Kandidat durchgesetzt. Das fände neben der CSU nach den letzten Meinungsäußerungen ein Gutteil der CDU-Basis sowie der Parteinachwuchs Junge Union wünschenswert; auch einige CDU-Ministerpräsidenten, etwa Reiner Haseloff aus Sachsen-Anhalt und Tobias Hans aus dem Saarland, haben sich bereits für Söder als Kandidaten ausgesprochen.

Würde Söder kandidieren, ginge Laschet als geschwächter Parteichef aus der Debatte heraus. Immerhin aber hätte er, einen Wahlsieg der Union vorausgesetzt, aber ersten Zugriff auf praktisch jedes Spitzenamt in einem künftigen Kabinett Söder. Das und die menschliche Größe, in einer Zerreißprobe für die Partei die eigenen Wünsche hintangestellt zu haben, dürfte Laschet in seiner Partei und seinem Stammland Nordrhein-Westfalen - wo er ja nach wie vor Ministerpräsident ist - viele Sympathien einbringen.

Die andere Variante, Söder überlässt Laschet die Spitzenkandidatur, birgt für den CDU-Chef womöglich sogar mehr Risiken. Als Kanzlerkandidat von Söders Gnaden wäre er ein leichtes Ziel für den Wahlkampf insbesondere von Grünen und SPD. Zudem hat sich Markus Söder in seiner politischen Karriere keinen Namen als Teamplayer gemacht, inwiefern er einen Kandiaten Laschet im Wahlkampf stützen würde, wäre zumindest unsicher.

Und auch, ob Söder in ein Kabinett Laschet als Minister eintreten würde, wäre alles andere als klar. Wahrscheinlicher wäre, dass die CSU in alte Muster verfiele: In Berlin Teil der Regierung sein und zeitgleich von Bayern aus über die Berliner Politik wettern. Das kommt bei der CSU-Basis seit Jahrzehnten an - für einen Kanzler Laschet ist die Vorstellung wenig attraktiv.

Szenario 2: Es kommt zur Kampfabstimmung in der Bundestagsfraktion

Gelingt den Parteichefs keine einvernehmliche Lösung, könnte es auf eine Abstimmung in der Bundestagsfraktion als einzigem gemeinsamen Unionsgremium hinauslaufen. Für viele Politiker von CDU und CSU stellt dieses Szenario die ultimative Zerreißprobe für die Schwesterparteien dar.

Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) etwa warnte eindringlich vor einer Abstimmung in der Fraktion: "Was wir jetzt brauchen, ist eine gemeinsame Lösung und keine Kampfabstimmung in der Fraktion. Ansonsten drohen Gräben aufgerissen zu werden, die sich nur schwer wieder zuschütten lassen", sagte er der "Funke Mediengruppe".

Die Ängste dürften berechtigt sein. Denn wie sich nach einem finalen Duell in der Fraktion die Parteichefs wieder zusammenraufen und Schulter an Schulter in den Wahlkampf ziehen sollen, wissen sie vermutlich nicht einmal selbst.

Käme es tatsächlich zur Kampfabstimmung, stehen die Chancen für Söder vermutlich etwas besser. Nach der Franktionssitzung der vergangenen Woche hieß es, etwa zwei Drittel der Wortmeldungen wären pro CSU-Chef als gemeinsamen Kanzlerkandidaten ausgefallen. Eng aber würde es allemal: Die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) zitiert einen nicht namentlich genannten CDU-Abgeordneten mit der Einschätzung, eine Abstimmung werde etwa 53 zu 47 ausgehen - ohne dass er sagen könne, wer der Gewinner sein würde.

Kurzum: Eine Kampfabstimmung dürfte einen knappen Sieger und einen knappen Verlierer hervorbringen. Vor allem aber würde sie die Spaltung der Fraktion dokumentieren.

Szenario 3: Die Union nominiert einen Kompromisskandidaten

Dies ist die mit Sicherheit unwahrscheinlichste Variante, dennoch wird sie selbst in Parteikreisen offenbar diskutiert. Laut SZ soll der CDU-Mitgliederbeauftragte Henning Otte am Sonntag gesagt haben, falls sich Laschet und Söder nicht einigen können, bliebe "am Ende als Lösungsansatz ein dritter Kandidat".

Hier könnte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) ins Spiel kommen. Als Chef der stärksten Fraktion im Bundestag ist Brinkhaus dort einer der mächtigsten und am besten vernetzten Politiker. Allerdings ist er bei den Wählern weitgehend unbekannt, brächte also für einen Wahlkampf eher mäßige Voraussetzungen mit. Mit einiger Sicherheit wird es für die Union also keinen Kompromisskandidaten brauchen, sondern einen Kompromiss zwischen Armin Laschet und Markus Söder.

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