Einigung auf den letzten Drücker: Die Koalition verständigt sich darauf, die Hürden für qualifizierte Arbeitskräfte von außerhalb der EU zu senken. Doch die Union hat zumindest an einer Stelle noch Nachbesserungsbedarf.
Die Bundesregierung will an diesem Mittwoch einen Gesetzentwurf beschließen, mit dem mehr ausländische Fachkräfte nach Deutschland gelockt werden sollen.
Union und SPD hatten sich nach langem Ringen am Dienstag darauf geeinigt, die Hürden für qualifizierte Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten zu senken.
Auch ein zweiter Entwurf, der einen neuen Aufenthaltsstatus für arbeitende abgelehnte Asylbewerber vorsieht, steht auf der Tagesordnung des Kabinetts.
Die sogenannte Beschäftigungsduldung würde Ausländer, die mit einer Duldung in Deutschland leben, die Möglichkeit geben, einen sichereren Aufenthaltstitel zu erhalten. Voraussetzung ist, dass sie längere Zeit gearbeitet haben.
Arbeitsminister
Kritik von der FDP
Die SPD hatte darauf gedrungen, beide Vorhaben noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die Entwürfe im parlamentarischen Verfahren noch leicht verändert werden.
Der Union ist wichtig, dass abgelehnte Asylbewerber, die ihre wahre Herkunft nicht preisgeben wollen, keine Möglichkeit erhalten, sich einen dauerhaften legalen Status zu verschaffen.
FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Die vermeintliche Einigung scheint schon wenige Minuten nach ihrer Verkündung nur noch auf tönernen Füßen zu stehen, wenn direkt Stimmen aus der Union Nachbesserungsbedarf anmelden und auf Veränderungen im parlamentarischen Verfahren hoffen."
Deutschland brauche ein Einwanderungsgesetz aus einem Guss. "Stattdessen zersplittert die große Koalition das Ausländerrecht noch mehr. Und zu den zentralen Aspekten, wie etwa einem Spurwechsel oder einem Punktesystem nach Vorbild erfolgreicher Einwanderungsländer, stehen nach wie vor nur Fragezeichen im Raum", sagte Thomae.
"Musterbeispiel an Verzettelung"
Knackpunkt in der Koalition war bis zuletzt der "Spurwechsel" für abgelehnte Asylbewerber aus dem Asyl- ins Aufenthaltsrecht. Seit die Koalition sich im Oktober auf Eckpunkte geeinigt hat, benutzte zwar keiner mehr diesen Begriff, das Dilemma aber blieb.
Ein neuer Status, die so genannte Beschäftigungsduldung, soll unqualifizierten abgelehnten Asylbewerbern den Aufenthalt in Deutschland ermöglichen, wenn sie längere Zeit einer Beschäftigung nachgegangen sind.
Der FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel sagte der dpa: "Erst hat die Bundesregierung monatelang gestritten und jetzt beschließt sie ein Musterbeispiel an Verzettelung im Klein-Klein."
Mit Blick auf die AfD sagte Vogel: "Gerade angesichts der populistischen Herausforderung wäre eine mutige und strategisch klare politische Führung notwendig."
Vogel forderte ein umfassendes Gesetz nach dem Vorbild "erfolgreicher Einwanderungsländer" wie Kanada.
Tauber sieht "Verpflichtung zur vollen Integration"
Die deutsche Wirtschaft klagt seit langer Zeit über einen Mangel an Fachkräften. Aus der Politik war allerdings zuletzt auch zu hören, Unternehmen und Wirtschaftsverbände hätten es versäumt, im Ausland Anlaufstellen und Kontaktmöglichkeiten für qualifizierte Arbeitsmigranten zu schaffen. Dies könne durch ein Gesetz allein nicht aufgefangen werden.
Der frühere CDU-Generalsekretär und jetzige Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber sieht in dem Gesetz eine Verpflichtung der Deutschen zur vollen Integration von Migranten.
"Einwanderer müssen zu unseren Landsleuten werden", sagteTauber der "Rheinischen Post" (Mittwoch). "Wir brauchen einen offenen Geist. Und wir müssen Menschen, die bei uns den Fachkräftebedarf decken, deutlich machen: Wir wollen nicht nur, dass du bei uns arbeitest, wir wollen auch, dass du bei uns und mit uns lebst, dass du Teil unserer Gesellschaft wirst."
Das bedeute: "Sie haben dieselben Pflichten, aber auch dieselben Rechte." © dpa
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