Was ganzen Gruppen von Beschäftigten lange verwehrt war, wurde durch Corona plötzlich Alltag: Mobiles Arbeiten. Dennoch gibt es gewaltigen Widerstand gegen einen Anspruch darauf - bis hoch zur zentralen Schaltstelle der Regierung.
Ob Arbeitnehmer in Deutschland künftig Homeoffice gegenüber ihrem Arbeitgeber rechtlich durchsetzen können, steht in den Sternen. Das Bundeskanzleramt sieht einen entsprechenden Entwurf von Bundesarbeitsminister
Diese Abstimmung steht bei der Einbringung eines Gesetzesentwurfs durch die Bundesregierung vor dem formalen Beschluss des Bundeskabinetts. Zur Begründung hieß es im Kanzleramt, im Koalitionsvertrag stehe explizit ein Auskunftsrecht, jedoch kein Rechtsanspruch auf Homeoffice.
Mindestens 24 Tage Homeoffice für jeden
Heil hatte am Wochenende in der "Bild am Sonntag" ein "Mobile Arbeit Gesetz" für einen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice angekündigt. Beschäftigte sollen bei einer Fünf-Tage-Woche demnach 24 Tage im Jahr mobil oder im Homeoffice arbeiten dürfen. Voraussetzung soll sein, dass die Tätigkeit sich dafür eignet und keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen. Für weitergehende Vereinbarungen soll der Arbeitgeber innerhalb einer bestimmten Frist begründen müssen, warum er ein Gesuch auf mobile Arbeit oder Homeoffice ablehnt. Sonst gilt der Wunsch des Beschäftigten für längstens 6 Monate als bewilligt.
Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart: "Wir wollen mobile Arbeit fördern und erleichtern. Dazu werden wir einen rechtlichen Rahmen schaffen. Zu diesem gehört auch ein Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber über die Entscheidungsgründe der Ablehnung sowie Rechtssicherheit für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber im Umgang mit privat genutzter Firmentechnik. Auch die Tarifpartner sollen Vereinbarungen zu mobiler Arbeit treffen."
Laschet warnt vor bürokratischem Aufwand
Gegen einen Rechtsanspruch auf Homeoffice wandte sich auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). "Ich finde, es hilft nicht", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende in Berlin. Aus seiner Sicht wäre dies eine starre Regelung - "eher ein Zubau an Bürokratie als ein Abbau". Laschet erklärte, manche Unternehmen seien schon weiter, während in anderen Bereichen Präsenz erforderlich sei. "Das können Sie nicht per Bundesgesetz festlegen." Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf vor mehr Bürokratie gewarnt.
Aus dem Bundesarbeitsministerium hieß es am Dienstag lediglich, man befinde sich in Abstimmung mit dem Kanzleramt. Heil hatte seinen Vorstoß auch mit den Erfahrungen in der Corona-Krise begründet. "Das Virus hat uns gelehrt, dass viel mehr mobiles Arbeiten möglich ist als wir dachten." Tatsächlich sind Beschäftigte in vielen Unternehmen und Behörden seit Monaten zumindest teils mobil am Arbeiten. "Brauchen wir das Büro noch?", fragte zuletzt das "Zeit Magazin".
Laut Heils Ministerium bestehen zwar schon heute Möglichkeiten, mobil zu arbeiten, etwa um Fachkräfte zu binden. Dennoch herrsche im Ländervergleich eine starke "Präsenspflicht bzw. Anwesenheitskultur".
"Eine Konzession an die Arbeitgeber"
Skeptische Kommentare zu Heils Vorstoß waren von AfD und FDP gekommen. Den Grünen und den Linken ging Heil nicht weit genug. CSU-Generalsekretär Markus Blume hatte gemeint, Homeoffice sei im Zuge von Corona vielerorts zur Selbstverständlichkeit geworden. Heil aber habe "Regulierungsfantasien".
Die Koalition hatte auf Basis von Vorschlägen des Arbeitsministeriums bereits mehrere Rechtsansprüche für Arbeitnehmer geschaffen. Dazu zählen ein Anspruch auf eine befristete Reduzierung von Arbeitsstunden oder ein Recht auf Qualifizierung.
DGB-Chef Reiner Hoffmann hatte den geplanten Anspruch auf bis zu 24 Tage mobiles Arbeiten als zu wenig kritisiert: "Ein solcher Minimalanspruch ist eine Konzession an die Arbeitgeber, die bei dem Thema immer noch blockieren." (mss/dpa)
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