Die Union sortiert sich für die Nach-Merkel-Ära. Über die wichtigste Personalie wird hinter den Kulissen schwer gerungen. Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz oder Armin Laschet - aus diesem Trio muss ein Kanzlerkandidat gefunden werden. Womöglich bald.
Offiziell wird darüber in der Union nicht gesprochen. Inoffiziell gibt es derzeit kein heißeres Thema als die K-Frage. Offiziell hat
Denn
Umfrage sieht Friedrich Merz vorne
Eine erste Emnid-Umfrage kommt zu folgendem Ergebnis: Bei einer direkten Kanzlerwahl käme Merz auf 31 Prozent, während für Kramp-Karrenbauer nur 16 Prozent stimmen würden. NRW-Ministerpräsident Laschet käme auf 11 Prozent. Ein überraschend klarer Befund.
Die derzeit guten Umfragewerte für Merz erklären sich daraus, dass er vielen als die glaubwürdigste Verkörperung eines kraftvollen Comebacks der Union gilt. Gerade weil er zu
Geschickt hat sich Merz aus dem Europawahldesaster herausgehalten und platziert regelmäßig kantige Analysen, die das konservative Bürgertum erfreuen - so wie die letztwöchige Frontalattacke auf die Grünen, die er als Umweltpopulisten brandmarkte. Je schlechter die Wahl- und Umfrageergebnisse von AKK werden, desto heller leuchtet sein Stern als vermeintlicher Retter. Dass er im Dezember die Hälfte des CDU-Parteitages hinter sich hatte, zeigt zugleich die Größe seines Rückhalts in der Partei.
Allerdings zeigt die Analyse auch, dass Merz insbesondere im frustrierten politischen Umfeld der Union und bei Nichtwählern mobilisieren würde. In seiner eigenen Partei ist sein Vorsprung gegenüber AKK deutlich geringer. Die Emnid-Umfrage zeigt hier 32 Prozent für Merz und 28 Prozent für AKK, Laschet kann hier nur 9 Prozent hinter sich bringen.
Armin Laschet hat strategische Vorteile
Anders als Merz kommt Laschet erst langsam aus der Deckung. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende hatte beim Wettstreit um den Parteivorsitz zunächst leise erklärt, dass damit die Kanzlerkandidatur nicht entscheiden werde. Nun betont er lauter, dass die Kanzlerkandidatur offen sei und nicht automatisch an AKK falle.
Laschet hat strategische Vorteile auf seiner Seite: er ist erfolgreicher Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes (NRW), er ist Vorsitzender des größten CDU-Verbands, er ist mittig positioniert zwischen den Parteiflügeln und führt eine schwarz-gelbe Regierung - die Wunschkonstellation der meisten Unionswähler.
Laschet hat AKK in den vergangenen Monaten die Berliner Bühne überlassen und damit die erwartbaren Krisen rund um die Große Koalition. Sollten die Landtagswahlen im zweiten Halbjahr für die CDU abermals schlecht ausfallen, könnte AKK so beschädigt sein, dass ihr eine Kanzlerkandidatur abgesprochen würde. Auf diesem Moment kann Laschet spekulieren. Er weiß, dass sein eigentlicher Konkurrent inzwischen Friedrich Merz heißt. Sollte sich AKK in Umfragen erholen, dann ist ihr die Kanzlerkandidatur kaum zu nehmen, zumindest nicht von einem politisch ähnlich Positionierten wie Laschet. Sollte das nicht geschehen, geht es um die Frage: Merz oder Laschet?
K-Frage wird zur Wiederholung der Kandidatenkür
Darum ist das aktuelle Wording Laschets, in dem er vor einer Abkehr vom Mitte-Kurs von Merkel warnt, nicht an AKK adressiert, sondern an Merz. "Das Erfolgsrezept der CDU in der Kanzlerschaft von Angela Merkel war nicht zuletzt, Probleme pragmatisch zu lösen und über die CDU-Stammwähler hinaus viele Bürger anzusprechen. Daran sollten wir festhalten", verkündet Laschet; doch Merz steht genau für das Gegenteil, nämlich weg vom pragmatisch-biegsamen Opportunismus und hin zu einer Politik aus Überzeugung.
Darum sagt Merz auch Sätze wie: "Im technischen Sinne ist diese Regierung handlungsfähig. Aber es kommen keine neuen Ideen und auch keine großen gesellschaftspolitischen Anstöße mehr." Die konservative und publizistisch aktive "Werteunion" in der CDU hat sich bereits festgelegt und als erste Parteigruppierung eine Empfehlung ausgesprochen. Die CDU müsse jetzt "auf die Kompetenz von Friedrich Merz setzen, der unser Land und unsere Partei als Team-Kapitän aus der Misere der Großen Koalition führen kann", sagt deren Chef Alexander Mitsch.
Und so beginnt in der CDU nun eine Wiederholung der Kandidatenkür um den Parteivorsitz. Wieder ringen drei um das Amt, vor einem halben Jahr AKK, Merz und Jens Spahn um den Parteivorsitz, nun AKK, Merz und Laschet um die Kanzlerkandidatur.
AKK darf nicht unterschätzt werden
Auch diesmal könnte es passieren, dass AKK von allen unterschätzt wird. Die CDU-Vorsitzende hat ihre erste Krise im neuen Amt schon hinter sich, aber sie hat Standvermögen, und in der Politik wechseln Stimmungen derzeit schneller als früher. Zudem entdeckt AKK in ihrem neuen Amt als Verteidigungsministerin andere Möglichkeiten, sich zu zeigen und aktiv in Regierungshandeln einzugreifen.
Sie wird von nun an viel häufiger in Medien auftauchen und sitzt selber am Kabinettstisch. Und als Parteivorsitzende findet sie plötzlich, was es auch braucht - einen echten Gegner. Mit Blick auf die sich anbahnende rot-grün-rote Koalition in Bremen warnt sie vor einem Linksbündnis auch im Bund. "Wer von einer neuen Regierung träumt und Grün wählt, muss wissen, dass er mit der Linkspartei aufwachen kann", sagt sie und macht damit einen Punkt, der sie schon einmal gerettet hat.
Vor zwei Jahren schien sie im Saarland politisch aufs Abstellgleis zu geraten. Der Schulz-Zug der SPD brauste heran, und Oskar Lafontaine mobilisierte vor Ort die Linke gegen AKK. Doch als Grüne, SPD und Linke offen über Rot-Rot-Grün sprachen, erkannte AKK ihre Chance, die Mehrheit des Bürgertums im Kampf dagegen hinter sich zu versammeln. Und so könnte Bremen ihr zweites Saarland-Wunder werden.
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