- Tests sind nützlich und wichtig im Kampf gegen Corona - so Gesundheitsminister Lauterbach.
- Trotzdem sind die Tests für die meisten nicht mehr kostenlos.
- Nun ist der Ärger groß: Ärztevertreter gehen auf die Barrikaden und wollen ab sofort keine Bürgertests mehr abrechnen.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen gehen wegen der neuen Regelungen für Corona-Bürgertests auf Konfrontationskurs zum Bundesgesundheitsministerium. In einem Schreiben an Bundesgesundheitsminister
Die Kassenärztlichen Vereinigungen kritisierten, dass sie vor Veröffentlichung der neuen Testverordnung nur 4 Stunden und 15 Minuten Zeit gehabt hätten, die neuen Regelungen zu kommentieren. Reaktionen habe es seitens des Ministeriums darauf nicht gegeben.
Kostenlose Tests gibt es nun nur noch für Risikogruppen und andere Ausnahmefälle. Für Tests etwa für Familienfeiern, Konzerte oder Treffen mit Menschen ab 60 werden drei Euro Zuzahlung fällig. Wer einen solchen Test will, muss unterschreiben, dass er zu diesem Zweck gemacht wird.
Lauterbach verteidigte die Neuerungen. "Die Tests sind wertvoll, sie sind wichtig", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". Allerdings seien die Kosten für die Steuerzahler für die bisher kostenlosen Tests zu hoch. Außerdem müsse der Missbrauch durch Testcenter eingegrenzt werden.
Betrug mit Corona-Tests
Schon vor Monaten wurden in Medien Ermittler zitiert, die von hohen Schäden durch Betrug mit Bürgertests ausgingen. Die Rede war von über einer Milliarde Euro oder rund einem Zehntel der gesamten Zahlungen an Betreiber. Kriminelle sollen für Bürgertests demnach etwa bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung unterm Strich hohe Summen abgerechnet haben, ohne überhaupt Testzentren zu betreiben – teilweise sollen sie auch viel mehr Tests abgerechnet haben.
Die Testverordnung wurde bereits mehrfach angepasst, etwa durch strengere Vorgaben dazu, welche Angaben plausibel sind, und zu Stichprobenprüfungen. Laut einem rbb-Bericht erleichtern es aber fehlende Kontrollen weiter, Tests falsch abzurechnen. Lauterbach räumte ein: "Es gibt immer die Möglichkeit des Betrugs." Nun müssten die Teststellen aber dokumentieren, weshalb ein Test durchgeführt wurde. Über Stichproben sei es dann möglich, dies nachzuprüfen und so Missbrauch vorzubeugen, betonte der Minister.
Neue Regelung bei Bürgertests: Kritik von Ärzten
"Wenn eine derart komplexe Neuregelung einen Tag vor deren Wirksamkeit beschlossen und verkündet wird, dann ist doch das Chaos für alle Beteiligten absehbar", hieß es am Donnerstag von der Medizinervereinigung Hartmannbund. Als "Bürokratiemonster" hatte bereits vor Tagen der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, die Pläne mit heftigen Worten kritisiert.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung forderte sogar die Einstellung der Bürgertests. Und die "Deutsche Apotheker Zeitung" stimmte ihre Branche so auf die Änderungen ein: "Es wird also komplizierter in der Apotheke. Dafür gibt es dann auch weniger Geld ab dem 1. Juli." Statt 8 Euro für den Abstrich und 3,50 fürs Material erstatte der Bund künftig nur noch 7 bzw. 2,50 Euro.
Keine kostenlosen Tests mehr: "Dumm, fahrlässig und unsozial"
Gar nicht glücklich sind die Grünen mit der Lage. Ihre Abgeordnete Paula Piechotta sagte: "Dass die Testangebote jetzt für viele Menschen drei Euro kosten, ist das Ergebnis der fehlenden Kooperation der Länder." Obwohl der Bund hier monatelang in Vorleistung gegangen sei und sich in diesem Jahr nochmal massiv verschulden müsse, seien die Länder nicht zur fairen Lastenverteilung bereit. Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann betonte in dem rbb-Sender radioeins dagegen, dass der Schutz von Risikogruppen weiter gewährleistet sei.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten sich in der vergangenen Woche darauf verständigt, die "Bürgertests" deutlich einzuschränken. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte, warf der FDP nun vor, mit Hilfe der SPD und der Grünen das ganze Land in Geiselhaft zu nehmen: "Das Ende der kostenlosen Bürgertests mitten in der Corona-Sommerwelle ist dumm, fahrlässig und unsozial."
Sachverständigenrat legt Corona-Gutachten vor
Wie es mit Tests und anderen Corona-Maßnahmen im Herbst weitergehen könnte, dürfte auch von einem mit Spannung erwarteten Gutachten abhängen, das an diesem Freitag in Berlin vorgelegt werden soll. Ein Sachverständigenrat sollte die bisherigen Schutzmaßnahmen begutachten und bewerten. Vor allem die FDP hatte darauf gepocht, das Gutachten abzuwarten, bevor genauer über die Maßnahmen für diesen Herbst verhandelt wird. Lauterbach dämpfte die Erwartungen. Das Gutachten sei "nur ein weiterer Baustein" und keine Blaupause für die Maßnahmen der Bundesregierung für den Herbst. Er wies darauf hin, dass nochmals mit deutlich steigenden Infektionszahlen zu rechnen ist.
Lauterbach zählte zu Maßnahmen für den Herbst unter anderem eine Impfkampagne für die verschiedenen verfügbaren Impfstoffe und Medikamente. Neue, auf die Omikron-Variante angepasste Impfstoffe "könnten sich verschieben in den späteren Herbst", sagte Lauterbach. Auch die statistische Erfassung der Corona-Patienten in den Krankenhäusern solle verbessert werden. Die noch gültigen Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz – etwa Maskenpflichten in Bussen und Bahnen – laufen am 23. September aus. (dpa/okb/fra)
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