Die Debatte um eine Anpassung des Kindergeldes für im Ausland lebende Kinder geht in die nächste Runde. Während Österreich auf eine Neuregelung pocht, die auch Deutschland unterstützt, regt sich in der EU-Kommission Widerstand.
Ein weiterer Vorstoß für neue Regeln für Kindergeldzahlungen ins EU-Ausland hat nach Ansicht von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger wenig Aussicht auf Erfolg.
"Es gibt eine klare Tendenz unter den EU-Mitgliedstaaten, die gegenwärtige europäische Rechtslage nicht zu ändern", sagte der CDU-Politiker dem "Tagesspiegel".
Österreich plant nationalen Alleingang
Im Rat der EU-Sozialminister habe sich eine Mehrheit gegen eine Anpassung der Höhe des Kindergeldes für im Ausland lebende Kinder an die dortigen Lebenshaltungskosten ausgesprochen.
Österreich plant in diesem Zusammenhang einen nationalen Alleingang. Dazu gab es aus der EU-Kommission am Sonntag Widerspruch.
"Die Mitgliedstaaten können ihre nationalen Sozialsysteme frei gestalten, aber wenn es um grenzüberschreitende Aspekte geht, gibt es Regeln, die eine Gleichbehandlung sicherstellen und Diskriminierung verhindern", hieß es aus der für die Einhaltung von EU-Recht zuständigen Brüsseler Behörde. Dies sei auch der Grund dafür, warum im EU-Recht derzeit keine Anpassung vorgesehen sei.
Es gelte die Logik, das gleiche Beiträge auch zu den gleichen Vorteilen führen sollten. Damit wird in der EU-Kommission darauf Bezug genommen, dass Kindergeld und andere Familienleistungen in Ländern wie Österreich und Deutschland nur an diejenigen EU-Ausländer gezahlt werden, die auch in das jeweilige Sozialversicherungssystem einzahlen.
Österreichs Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) hatte zuvor gesagt, die geplante Anpassung von Kindergeldzahlungen stünde im Einklang mit dem Europarecht.
Auch in Deutschland wird Anpassung gefordert
Als Beleg dafür wertete sie die Position der EU-Kommission, dass die Mitgliedstaaten über die Zuerkennung und die Berechnungsmethode von Familienleistungen selbst entscheiden dürften.
Auch in Deutschland gibt es derzeit Forderungen nach einer Anpassung (Indexierung) von Kindergeldzahlungen ins Ausland. Hintergrund sind Rekordzahlen bei ausländischen Kindergeldempfängern und Hinweise auf Betrugsfälle.
FDP-Chef
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte in der "Augsburger Allgemeinen" Mechanismen, die Sozialmissbrauch wirksam unterbinden.
Oettinger warnte: "Wenn wir das Kindergeld indexieren würden, wäre das ein Grund für einige, auf eine Arbeit in Deutschland zu verzichten." Würde man das Thema zu Ende denken, müsse zudem auch innerhalb von Deutschland Kindergeld in unterschiedlicher Höhe gezahlt werden, sagte er dem "Tagesspiegel".
Österreich strebt "neue Gerechtigkeit" an
Die Neuregelung in Österreich soll 2019 in Kraft treten. Es gehe dabei um eine "neue Gerechtigkeit", sagte Bogner-Strauß der dpa. Die Lebenshaltungskosten seien in der EU eben unterschiedlich hoch.
Eine Indexierung könne in bestimmten Fällen, wenn Kinder in der Schweiz oder Skandinavien wohnten, auch eine Erhöhung bedeuten. Der Beschluss der Regierung im Mai sei durch eine Vervielfachung der Ausgaben in den vergangenen Jahren ausgelöst worden. Fälle von Missbrauch seien in Österreich aber nicht bekannt.
Mehrere Oberbürgermeister in Deutschland hatten im Zusammenhang mit der Debatte von einer zunehmenden Migration in das deutsche Sozialsystem gesprochen. So sieht Duisburgs Rathauschef Sören Link (SPD) Schlepper am Werk, die Menschen in schrottreifen Wohnungen unterbringen, ihnen Scheinbeschäftigungen verschaffen und oft einen Teil der Kindergelder einbehalten. Genaue Zahlen zu einem Missbrauch von Kindergeldzahlungen in Deutschland gibt es bisher aber nicht.
"Die Besorgnis der Oberbürgermeister ist gerechtfertigt", sagte Lindner. "Es kann kein Ziel sein, dass sich jeder den Wohlfahrtsstaat aussucht, der den persönlichen Bedürfnissen am besten entspricht. So ist die Freizügigkeit im europäischen Arbeitsmarkt nicht gemeint."
Wer in Deutschland arbeite, Steuern und Sozialabgaben zahle, habe natürlich einen Anspruch auf Kindergeld. Zahlungen nach deutschem Niveau ins Ausland setzten aber falsche Anreize. (dpa/fte)
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