Nachdem die Kohlekommission ihren Abschlussbericht präsentiert hat werden aus Wirtschaft und Politik umgehend Forderungen laut. RWE kündigt zudem massiven Stellenabbau an.
Nach der Einigung der Kohlekommission soll die Politik für die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen sorgen.
Sachsens Ministerpräsident
Bundeswirtschaftsminister
Die von der Regierung eingesetzte Kohlekommission, in der neben Politikern auch Klimaschützer, Gewerkschafter, Unternehmer und Forscher saßen, hatte sich in der Nacht zum Samstag auf einen Kohleausstieg bis 2038 verständigt.
Im Abschlussbericht werden 40 Milliarden Euro Hilfen für die Kohleregionen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg vorgeschlagen. Ein früherer Ausstieg soll 2032 geprüft werden - stimmen die Betreiber zu, ist auch ein Ende 2035 möglich.
Kretschmer fordert schnelles Handeln
Sachsens Regierungschef Kretschmer sagte der "Rheinischen Post" (Montag): "Wir haben die Erwartung, dass bis Ende April diesen Jahres die Eckpunkte für das Maßnahmengesetz und das Planungsbeschleunigungsgesetz vorliegen."
Der Co-Vorsitzende der Kommission und frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck mahnte: "Wenn man ein fast einstimmiges Ergebnis hat, kann das die Politik nicht ignorieren. Ich bin zuversichtlich, dass die in Rede stehenden Strukturhilfen in dieser Höhe auch fließen werden", sagte Platzeck der "Märkischen Allgemeinen Zeitung" (Montag).
Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, betonte, die Kommission habe nach zähem Ringen einen gangbaren Weg aufgezeichnet, den alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen mittragen.
"Ich rate der Bundesregierung und dem Bundestag dringend, diesen eins zu eins umzusetzen", sagte Vassiliadis dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Montag).
Wirtschaftsminister Altmaier sagte am Sonntagabend im ARD-"Bericht aus Berlin", zur Umsetzung sei eine ganze Reihe von Gesetzen nötig, darunter ein Maßnahmengesetz, das festschreibt, wie der Bund den Strukturwandel genau fördern will.
Für den schnellen Anlauf des Kohleausstiegs habe der Bund einen "sehr schnellen Start" der Finanzierung angeboten. Dafür stehe bereits Geld im Bundeshaushalt zur Verfügung.
Gefragt ist jetzt auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Am Donnerstagabend wollen die Ministerpräsidenten mit ihm und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten. Denkbar ist eine verstärkte Ansiedlung von Bundesbehörden und Forschungseinrichtungen in den Kohleregionen.
Industrie: Steigende Strompreise und Stellenabbau
Warnende Stimmen kommen unterdessen aus der Wirtschaft. "Der Strompreis wird steigen", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag).
Mit Blick auf die von der Kommission vorgeschlagenen Kompensationen forderte Schweitzer, dass diese "ausstiegsbedingte Strompreiserhöhungen vollständig auffangen".
Der Vorsitzende der Unions-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann (CDU), verlangte eine Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), mit dem die Produktion von Ökostrom unter anderem vom Staat finanziell unterstützt wird.
Der Chef des Energiekonzerns RWE, Rolf Martin Schmitz, erwartet, dass der Kohleausstieg auch Jobs kosten wird. Schmitz sagte der "Rheinischen Post", er könne noch nicht sagen, wie viele Mitarbeiter betroffen sein werden.
"Aber ich rechne mit einem signifikanten Abbau bereits bis 2023, der weit über die bisherigen Planungen und das durch normale Fluktuation Mögliche hinaus geht."
Die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kritisierte mögliche Entschädigungszahlungen für die Kraftwerksbetreiber.
Statt in "Kohleabwrackprämien" sollte besser in innovative Energiewende-Projekte investiert werden, sagte Kemfert der "Passauer Neuen Presse" (Montag).
Für den Klimaforscher Mojib Latif sind die Vorschläge der Kohlekommission unzureichend. Der Ausstieg bis 2038 komme zu spät, sagte er der "Frankfurter Rundschau" (Montag).
Um die Ziele des Paris-Klimavertrags einzuhalten, "wäre ein Ausstieg bis 2030 wünschenswert", befand der Professor vom KielerHelmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. (dpa/mwo)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.