Das Kabinett hat die Krankenhausreform auf den Weg gebracht. Jetzt befasst sich der Bundestag mit dem Prestigeprojekt von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Eine zentrale Frage lautet: Wird sich die Krankenhausversorgung gerade im ländlichen Raum verschlechtern? Oder ist die Reform die Rettung für kleine Häuser in der Provinz?
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Das Bundeskabinett hat am Morgen die Krankenhausreform beschlossen. Damit kommt das "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" (so der offizielle Name) bald in den Bundestag. In den kommenden Monaten werden sich die Abgeordneten mit der Reform genauer befassen.
Darum geht es bei der Krankenhausreform
Die Krankenhäuser sind bisher wirtschaftlich davon abhängig, möglichst viele Patientinnen und Patienten zu behandeln. Allerdings sind die Patientenzahlen nach einem Einbruch während der Corona-Krise nicht wieder auf das Niveau vor der Pandemie zurückgekehrt.
Viele Kliniken kämpfen daher ums Überleben. Zudem kommt es vor, dass Belegschaften Eingriffe durchführen, bei denen sie wenig Erfahrung haben.
Die geplante Krankenhausreform besteht daher vereinfacht aus zwei Teilen:
- Die Kliniken sollen künftig wirtschaftlich weniger abhängig sein von der Zahl der Behandlungen. Um das zu erreichen, sollen die sogenannten Fallpauschalen nur noch 40 Prozent der Finanzierung ausmachen. Diese Fallpauschalen bekommen die Krankenhäuser von den Krankenkassen pro Behandlung. 60 Prozent ihrer Finanzierung sollen die Krankenhäuser künftig über eine Grundfinanzierung decken.
- Gleichzeitig sollen sich die Kliniken stärker spezialisieren. Die Bundesländer sollen jedem Haus sogenannte Leistungsgruppen zuweisen. Zum Beispiel Wirbelsäulen-Chirurgie oder Allgemeine Kardiologie. Vor allem in Städten mit vielen Krankenhäusern werden Standorte daher Abteilungen verlieren oder in manchen Fällen ganz schließen müssen.
Skepsis bei Ländern und Verbänden
Zustimmung kommt vom Verband der Universitätsklinika. "Dies ist der bedeutende Meilenstein seitens der Bundesregierung auf dem Weg zu einem Strukturwandel in der Krankenhauslandschaft und zur Verbesserung der Qualität der Patientenbehandlung", teilte der Vorsitzende Jens Scholz mit.
Auch SPD-Politiker Lauterbach ist überzeugt von seiner Reform. Die Ampelkoalition steht in diesem Fall geschlossen hinter ihm. Allerdings ist das deutsche Krankenhauswesen ein kompliziertes Konstrukt mit vielen Interessen und Zuständigkeiten.
Die Bundesländer zum Beispiel sind für die Krankenhausplanung zuständig und sehen die Vorgaben des Bundes kritisch. Um den Widerstand zu überwinden, will Lauterbach das Gesetz daher so formulieren, dass der Bundesrat als Vertretung der Länder ihm nicht zustimmen muss. Bayern und Baden-Württemberg haben bereits mit Klagen gegen diesen Weg gedroht.
Auch Verbände äußern Skepsis. Die Krankenkassen wollen nicht im geplanten Maß für die nötigen Klinikumbauten zahlen. Und die Deutsche Stiftung Patientenschutz ist der Meinung: Alltagsprobleme wie lange Wartezeiten, Terminverschiebungen und fehlende Ansprechpartner gehe die Reform nicht an.
Die Krankenhaus-Gesellschaft befürchtet wiederum: Die Reform wirke zu spät, um weitere Schließungen zu verhindern. Diese Kritik kommt auch aus der größten Oppositionsfraktion im Bundestag.
"Bundesgesundheitsminister Lauterbach kündigt große Reformen an, aber duckt sich weg, sobald es ernst wird. Die angespannte Lage in vielen Krankenhäusern spitzt sich immer weiter zu", sagt Sepp Müller, stellvertretender Vorsitzender CDU/CSU-Fraktion unserer Redaktion. Die Union fordert ein "Vorschaltegesetz". Es soll schwächelnde Kliniken retten, bevor die große Reform ihre erhoffte Wirkung entfaltet. "Ohne eine finanzielle Absicherung wird eine kalte Strukturbereinigung folgen", sagt Müller.
Ohne dieses Gesetz werde die Reform dem Anspruch einer guten Gesundheitsversorgung in der Stadt und auf dem Land nicht gerecht, sagt Müller. "Wir brauchen Veränderungen im Gesundheitssystem. Auch der demografische Wandel zwingt uns immer mehr dazu. Die Antwort der Ampel hinterlässt jedoch nur Chaos und weiße Flecken bei der Gesundheitsversorgung."
Lauterbachs Versprechen: Kleine Kliniken auf dem Land werden geschützt
Der Bundesgesundheitsminister rechnet nicht mit einer Insolvenzwelle. Klar ist aber bereits: Nicht alle Kliniken werden nach der Reform erhalten bleiben. Das behauptet Lauterbach auch gar nicht. Rund 1.700 Krankenhäuser gibt es bisher in Deutschland. Aus Sicht des Ministers gibt es nicht den medizinischen Bedarf, nicht das ärztliche und pflegerische Personal für so viele Standorte. Schon jetzt gebe es Überkapazitäten im deutschen Krankenhauswesen, jedes dritte Bett bleibe leer. Lange Wartezeiten sind dort aus seiner Sicht kein Problem.
Allerdings geht Lauterbach davon aus, dass vor allem kleinere Kliniken in Großstädten von Schließungen betroffen sein werden. Die kleinen Krankenhäuser auf dem Land würden dagegen eine bessere Zukunft haben, verspricht er. Für Schlaganfallversorgung, Notfallversorgung oder Geburtsstationen gebe es etwa besondere Zuschläge. "Diese Krankenhäuser werden durch die Reform geschützt", sagt Lauterbach.
Wer Recht behält, wird sich erst in Zukunft zeigen. Allerdings wird der Gesetzgebungsprozess noch Monate dauern. Die Länder könnten ihn verzögern, wenn sie den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen. Wenn es nach Lauterbach geht, soll sie dann bis Ende dieses Jahres beschlossen werden. Er ist sich sicher: "Die Reform wird kommen."
Verwendete Quellen
- Pressekonferenz mit Karl Lauterbach in der Bundespressekonferenz
- Stellungnahme von Sepp Müller
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