- Nach seiner Landung in Moskau ist der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny prompt festgenommen worden.
- Das Entsetzen ist international groß darüber, wie der Kreml den 44-Jährigen nach einem Mordanschlag weiter politisch verfolgt.
- Nawalny war zur Fahndung ausgeschrieben, weil er gegen die Auflagen einer dreieinhalbjährigen Bewährungsstrafe verstoßen haben soll.
Es kam wie erwartet: Die russischen Behörden haben den Kremlgegner
Die russische Strafvollzugsbehörde FSIN wirft dem 44-jährigen Oppositionspolitiker vor, wiederholt gegen die Auflagen einer Bewährungsstrafe verstoßen zu haben. Das Gericht hatte ihm auferlegt, sich regelmäßig persönlich bei den Behörden zu melden.
Weil Nawalny das aufgrund seiner Vergiftung und der Behandlung in Berlin nicht tat, wurde er Ende Dezember zur Fahndung ausgeschrieben. Der Regierungsgegner soll nun bis zu einer Entscheidung durch ein Gericht in Untersuchungshaft bleiben.
Nawalny: Gerichtsprozess findet kurzfristig in Polizeiwache statt
Ein Gerichtsprozess war für den 29. Januar geplant. Kurzfristig wurde am Montagmittag direkt in der Polizeiwache in Chimki bei Moskau, in die Nawalny nach der Landung gebracht wurde, eine Anhörung anberaumt. Im Falle einer Verurteilung droht ihm die Umwandlung der dreieinhalbjährigen Bewährungs- in eine Haftstrafe.
Die Anwältin Nawalnys, Olga Michailowa, beklagt seit Sonntagabend, dass sie ihren Mandanten nicht betreuen dürfe. Sie werde nicht vorgelassen, sagte sie dem Radiosender Echo Moskwy am Montag vor der Polizeistation. Die Anwältin hatte Nawalny am Sonntag am Flughafen Scheremetjewo zwar gesehen, Uniformierte verwehrten ihr allerdings, ihn zu begleiten, wie auf einem Video zu sehen war. Michailowa warf den Polizeibehörden Gesetzesverstöße vor, weil Nawalny der rechtlich vorgesehene Schutz verwehrt werde.
EU-Außenbeauftragter Borrell fordert Nawalnys Freilassung
Unterdessen wächst der internationale Druck auf Russland. Politiker der EU, USA und Deutschlands forderten die russischen Behörden zur sofortigen Freilassung Nawalnys auf. "Die russischen Behörden müssen Alexej Nawalnys Rechte akzeptieren und ihn umgehend freilassen", forderte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter.
Als unrechtmäßig kritisierten auch EU-Ratschef Charles Michel und der deutsche Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) die Inhaftierung. Auch die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen forderten die sofortige Freilassung Nawalnys. Die Festnahme sei "völlig inakzeptabel", hieß es in einer Erklärung der drei an Russland grenzenden EU- und NATO-Länder.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International stufte den prominenten Gegner von
Nawalny sieht eine politische Inszenierung und macht Putin verantwortlich
Nawalny bezeichnete die Verfahren gegen ihn als politische Inszenierung. "Die Wahrheit ist auf meiner Seite", betonte er. Nawalnys Team spricht von neuen Versuchen, um den prominenten Gegner von Präsident Putin mundtot zu machen. Sie bescheinigten Putin, in "Panik" und "Hysterie" zu verfallen.
2014 hatte ein russisches Gericht Nawalny und seinen Bruder Oleg wegen Betrugs und Geldwäsche im Zusammenhang mit der Arbeit für den französischen Kosmetikkonzern Yves Rocher schuldig gesprochen.
Anders als Oleg Nawalny kam Alexej Nawalny allerdings mit einer Bewährungsstrafe davon. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte rügte die Urteile im vergangenen Jahr als "willkürlich und offenkundig unangemessen"; der Kosmetikkonzern gab im Prozess an, keinen Schaden erlitten zu haben.
Nawalny sieht Kreml hinter Nowitschok-Anschlag
Auf Nawalny war im August letzten Jahres ein Giftanschlag verübt worden, für den der Oppositionspolitiker Putin und den Inlandsgeheimdienst FSB verantwortlich macht. Putin und der FSB weisen das zurück.
Nawalny ließ sich in Deutschland gegen die Folgen des Anschlags mit dem als Chemiewaffe verbotenen Nervengift Nowitschok behandeln. Labore der Bundeswehr sowie in Frankreich, Schweden und bei der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) hatten den illegalen Kampfstoff Nowitschok nachgewiesen.
Russland bestreitet hingegen, dass es ein Verbrechen gegeben habe und lehnt deshalb Ermittlungen ab, solange es dafür keine Beweise gebe. Die EU hat wegen des international kritisierten Verbrechens Sanktionen gegen Vertreter des russischen Machtapparats verhängt. (dpa/AFP/mf)
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