Die Lage im umkämpften Aleppo ist noch immer unübersichtlich. Der vereinbarte Waffenstillstand war brüchig, der zugesicherte Abzug der Rebellen aus dem Ostteil der Stadt war bisher nicht möglich. Doch wie ist die Lage aktuell in Aleppo - und ein Friede in der Stadt so schwer herzustellen.
Tagelang war es eine Zitterpartie: Ein erster Abzug der Rebellen aus Ost-Aleppo scheiterte. Die Menschen erlebten einen neuerlichen Tag voller Schrecken.
Jetzt haben Hilfskräfte erstmals die Rebellengebiete mit Krankenwagen und Bussen erreicht. 5.000 in der Stadt verbliebene Rebellen und etwa 10.000 Zivilisten sollen nun evakuiert werden. Das soll drei Tage dauern.
Warum ist die Evakuierung nicht möglich gewesen?
Ursprünglich sollte die Evakuierung bereits am Mittwoch stattfinden. Doch das verhinderten verschiedenen Medienberichten zufolge Assad und vor allem sein Verbündeter Iran.
Aus Kreisen der syrischen Regierung hieß es, dass Assad Einwände gegen die Zahl der Rebellen und Zivilisten gehabt haben soll, die mit bereitgestellten Bussen in Sicherheit gebracht werden sollten – es ging um 15.000 Menschen.
Nach Angaben der Rebellen hätten regierungstreue Milizen deswegen Krankentransporte von Rotem Kreuz und Rotem Halbmond beschossen.
Doch auch die Rebellen - vor allem Dschihadisten - verhindern ein Gelingen. Diese hätten laut Meyer die Waffenruhe von Anfang an abgelehnt und die Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde missbraucht. "Die Scharfschützen der Extremisten verhindern, dass sich die Einwohner im belagerten Ost-Aleppo über die geöffneten Korridore in Sicherheit bringen können", schilderte Nahost-Experte Prof. Dr. Günter Meyer von der Universität Mainz, der als ausgewiesener Syrien-Kenner.
Welche Rolle spielen die Verbündeten von Assad?
Erschwerend hinzu kommt, dass in Syrien internationale Akteure ihre Finger im Spiel haben - und die ihre eigenen Interessen verfolgen.
So wollen Iran und Russland das mit ihnen verbündete Regime von Staatspräsident Baschar al-Assad stabilisieren. Der Iran ist der wichtigste Bündnispartner, kam dem syrischen Machthaber schon zu Beginn der Aufstände 2011 zu Hilfe.
Kredite, Öl, Überwachungsdrohnen, Militärberater und Söldner – Iran unterstütze das Regime auf verschiedenste Art und Weise. Der Iran koaliert wiederum mit der paramilitärischen Hisbollah aus dem Libanon, die ebenfalls für Assad kämpft. Assad, ein religiösen Alawiten, den Iran und die Hisbollah verbindet das Bekenntnis zum Schiitentum.
Russland dagegen will sich in Syrien als Großmacht profilieren und sich durch den einstigen Verbündeten in Sowjetzeiten Einfluss in der Region sichern. Außerdem dürfte Wladimir Putin ein weiteres Ziel verfolgen: Sein Einfluss in Syrien dient dem russischen Präsidenten als Verhandlungspfand in anderen geopolitischen Fragen mit dem Westen.
Wer sind die Rebellen in Syrien?
Die Rebellen sind stark fragmentiert, was ihre Schlagkraft hemmt. Von Hunderten verschiedenen Milizen ist die Rede. Sie werden zum Großteil von der Türkei und von Saudi-Arabien unterstützt.
Die türkische Regierung von Recep Tayyip Erdogan will verhindern, dass die Kurden im Norden Syriens ein eigenständiges Gebiet bekommen und unterstützt, um diese zu schwächen, andere Rebellengruppen.
"Saudi-Arabien führt hingegen einen Stellvertreterkrieg gegen den Iran und will ein salafistisches Regime in Damaskus an die Macht bringen", erklärte Meyer jüngst die Konstellation im Gespräch mit unserer Redaktion.
Er nannte einen weiteren Partner der Rebellen: "Katar setzt sich ebenso wie Erdogan für die Herrschaft der Muslim-Bruderschaft in Syrien ein."
Ist jetzt Frieden für Aleppo in Sicht?
Die Türkei, der Iran und Russland planen laut dem Außenministerium in Ankara ein Treffen für den 27. Dezember zur Lösung des Syrien-Konfliktes. Die ausländischen Mächte setzten laut Meyer jedoch alles daran, ihre eigenen politischen Interessen zu verwirklichen: "Sie haben nur dann Interesse an einer friedlichen Lösung, wenn sie dadurch ihre eigenen Ziele erreichen können."
Das ist wohl der Hauptgrund, warum ein dauerhafter Waffenstillstand in Aleppo so schwer durchzusetzen ist - weil stets der eine oder andere Akteur einen vermeintlichen Nachteil darin sieht.
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