Sieben Jahre nach dem Beginn des blutigen Konfliktes in Syrien ziehen Helfer eine bittere Bilanz: Schon heute haben mehr als 1,5 Millionen Menschen bleibende seelische oder körperliche Schäden erlitten. Über die Hälfte der Bevölkerung lebt entweder als Flüchtling im Ausland oder ist innerhalb Syriens vertrieben worden.
Wie aus einem am Montag veröffentlichten Bericht des UN-Kinderhilfswerkes (UNICEF) hervorgeht, gibt es in Syrien bereits heute 86.000 Menschen, denen als Folge des Krieges Gliedmaßen amputiert werden mussten. Und ein Ende des Krieges ist nach Einschätzung der Bundesregierung nicht in Sicht.
Fehlende Behandlung mit schweren Folgen
UNICEF warnte, der fehlende Zugang zu guter medizinischer und psychologischer Behandlung führe oft dazu, dass sich Kriegsversehrte aus Syrien langsamer von ihren Verletzungen erholten oder sich ihr Zustand sogar verschlechtere.
Viele betroffene Kinder hätten Angehörige verloren. Daher fehle oft auch eine enge Bezugsperson, die sich um sie kümmern könne.
UNICEF versucht mit verschiedenen Hilfsprojekten in der Region, behinderten Kindern eine neue Perspektive zu geben, durch Musik, Kunsttherapie und Hilfen, die ihnen eine Rückkehr zur Schule ermöglichen.
"Wir schätzen, dass als Folge dieses Krieges schon jetzt etwa 750.000 Kinder mit Behinderungen leben müssen", sagte Geert Cappelaere, UNICEF-Regionaldirektor für Nahost und Nordafrika.
Lage für Kinder erneut verschlechtert
Die Situation der Kinder hat sich laut UNICEF im siebten Kriegsjahr noch einmal verschlimmert. "Wir dachten, dass der Tiefpunkt der Unmenschlichkeit in Aleppo erreicht worden wäre", sagte der Geschäftsführer von UNICEF-Deutschland, Christian Schneider.
Doch die Lage der Zivilisten in dem belagerten Gebiet Ost-Ghuta im Umland der Hauptstadt Damaskus sei noch schlimmer als das, was Helfer 2016 in der Großstadt Aleppo erlebt hätten.
Von den 200.000 Kindern, die dort mit ihren Eltern ausharren müssten, seien inzwischen 40 Prozent chronisch unterernährt.
Kindersoldaten im Einsatz
Den Angaben zufolge schickten die Konfliktparteien 2017 mindestens rund 900 Minderjährige in den Kampf. Ein Viertel der "Kindersoldaten" war jünger als 15 Jahre.
UNICEF erfuhr im gleichen Zeitraum von 244 Kindern, die festgenommen wurden. Cappelaere betonte: "Jede einzelne Konfliktpartei ist an diesen massiven Kinderrechtsverletzungen beteiligt."
Finanzieller Bedarf enorm gewachsen
Nachdem bei UNICEF 2016 für Notleidende in Syrien und syrische Flüchtlinge in der Region 8,7 Millionen Euro eingegangen waren, ging die Spendenbereitschaft 2017 etwas zurück.
Eine Sprecherin betonte: "Spenden aus Deutschland zählen zu den wichtigsten Stützen der UNICEF-Hilfe in Syrien und seinen Nachbarländern."
Das Ausmaß der Krise – und damit auch der finanzielle Bedarf – sei immer weiter gewachsen. Rund acht Millionen Kinder seien mittlerweile auf Hilfe angewiesen.
Die Bundesregierung gehört für UNICEF zu den größten institutionellen Gebern in Sachen Syrien-Hilfe, an zweiter Stelle nach der US-Regierung und vor der EU, Großbritannien und Kanada.
Der Aufstand gegen Präsident Baschar al-Assad und seinen Sicherheitsapparat hatte am 15. März 2011 mit einer kleinen Demonstration in Damaskus begonnen. Drei Tage später fielen in der Provinzstadt Daraa tödliche Schüsse auf Demonstranten. © dpa
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