Kripochef Ulf Küch bricht mit seinem Buch "Soko Asyl" ein vermeintliches Tabu. Er schreibt über kriminelle Asylbewerber, über unangenehme Wahrheiten: organisierte Kriminelle, Sexualdelikte, Raubüberfälle und Drogenhandel. Anders als zunächst vermutet räumt Küch damit mit Vorurteilen gegenüber Flüchtlingen auf. Wir haben mit dem Kenner der Materie gesprochen und Überraschendes erfahren.
Herr Küch, mit welcher Intention haben Sie das Buch "Soko Asyl" geschrieben?
Ulf Küch: Wir haben festgestellt, dass Flüchtlingskriminalität immer mehr dazu genutzt wird, um zu polemisieren. Um ein falsches Bild von Flüchtlingen in Deutschland zu zeichnen. Spätestens seit Köln werden alle Flüchtlinge in einen Topf geschmissen. Jeder will mitreden, aber nur wenige haben Ahnung.
Die, die es wirklich wissen, werden aber nicht gefragt. Vor allem AfD, NPD und Pegida befeuern die Diskussion.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter will, dass mit diesem wichtigen Thema nicht politisches Schindluder getrieben wird. Dass die Diskussion sachlich geführt wird – ohne Flüchtlinge zu diskreditieren.
Sie sagen, dass Flüchtlingskriminalität ein Tabuthema ist. Was steckt dahinter?
In Köln haben sich die Verantwortlichen sehr schwer damit getan, das Kind beim Namen zu nennen. In der "Refugees Welcome"-Phase fiel das Politikern, Polizei und Presse generell schwer. Doch mit dieser "Kuschelpolitik" haben wir uns keinen Gefallen getan.
Es gibt Flüchtlingskriminalität und darüber müssen wir reden. Wir können die Probleme nicht einfach unter den Tisch kehren. Die Bevölkerung selbst bekommt doch mit, dass unter den Flüchtlingen offensichtlich auch Menschen sind, die nichts Gutes im Schilde führen.
Warum ist es so wichtig, das Tabu zu brechen?
Weil das Thema hochbrisant ist. Wenn Hunderttausende Flüchtlinge durch die Vorfälle und die Diskussionen darüber diskreditiert und als kriminell dargestellt werden, muss man spätestens dann das Stopp-Schild hochhalten: So nicht!
Sie behaupten in Ihrem Buch, der Polizei wird Fremdenfeindlichkeit unterstellt, sobald sie gegen Flüchtlinge ermittelt. Woran machen Sie das fest?
Ein Beispiel, an dem sich das sehr gut zeigt und uns zu tiefst empört, ist der Gesetzentwurf "Diskriminierung in Sicherheitsbehörden entgegentreten" der SPD-Fraktion und der Fraktion der Grünen des Niedersächsischen Landtages: Der Polizei soll jetzt interkulturelle Kompetenz vermittelt werden.
Beamten sollen dahingehend ausgebildet werden, dass sie Fremdenfeindlichkeit ablegen. Das ist eine Unverfrorenheit. Die Mehrheit der Polizisten ist alles andere als fremdenfeindlich eingestellt. Auch haben wir viele Migranten in unseren Kreisen.
Pauschal von Diskriminierungen von Migrantinnen und Migranten bei den Sicherheitsbehörden zu sprechen, ist eine bösartige Unterstellung.
Wie kamen Sie darauf, eine Soko "Zentrale Ermittlungen" ins Leben zu rufen?
Die Zahl der Einbruchs- und Ladendiebstähle in Braunschweig-Kralenriede, einem bürgerlichen und gut situierten Stadtteil, stieg vergangenes Jahr sprunghaft an. In der Nähe befindet sich die Landesaufnahmestelle. Wir konnten feststellen, dass viele der Täter in dem Flüchtlingsstrom hier herkamen.
Wir haben erkannt, dass wir etwas unternehmen müssen. Also haben wir uns mit der Justiz zusammengesetzt, denn allein polizeiliche Maßnahmen brachten nichts. So wurden Maßnahmen beschlossen wie das beschleunigte Verfahren mit Hauptverhandlungshaft – das ziehen wir jetzt knallhart durch in Braunschweig.
Wie ist der Prozentsatz der kriminellen Flüchtlinge im Vergleich zur Bevölkerung?
Wir haben festgestellt, dass das ziemlich gleich verteilt ist. Es gibt kein kriminelles Volk. Das anzunehmen wäre schizophren. Das ist eine irre Diskussion, die da manchmal geführt wird. Im letzten Jahr sind in Braunschweig 40.000 Flüchtlinge durchgegangen. Probleme gibt es im Schnitt mit 150 bis 200. Einige sind mittlerweile in Haft.
Welche Flüchtlinge sind besonders auffällig?
Es fällt auf, dass unter den wenigen Kriminellen die Nordafrikaner überrepräsentiert sind. Es sind vor allem auch jüngere Männer. Das scheint ein soziologisch-ethnisches Problem zu sein. Dieses Problem kennen wir seit die Grenzen in Europa offen sind. Taschendiebstahl, Enkeltrick, Antanzen – das alles ist bekannt.
Syrer, Iraker, Iraner sind dagegen sehr unauffällig. Das sind überwiegend Familien, die über Nacht ihre Zelte abgebrochen haben und versuchen ihre nackte Haut zu retten.
Wenn das schon so lange bekannt war, wäre dann Köln zu verhindern gewesen?
Köln ist ein beispielloser Fall. Da hätte man eine Glaskugel gebraucht. Das konnte niemand vorhersehen. So etwas gab es in Deutschland bisher nicht. Die Kollegen, mit denen ich gesprochen habe, waren alle fassungslos.
Die Lehre und die Forderung an die Bundesregierung daraus ist: Man muss derartige sexuelle Übergriffe ins Sexualstrafrecht übernehmen.
Wie ist die Sonderkommission aufgestellt?
Wir haben 14 Mitarbeiter für den Bereich Braunschweig. Unsere Spezialisten kommen aus allen Fachbereichen: vom Jugend- bis zum Mordkommissariat, vom Einbruchs- bis zum Drogendezernat. Dazu kommen Mitarbeiter aus einer Sonderermittlungsgruppe, die sich mit der Problematik bereits auskannten.
Plus ein Mitarbeiter aus dem Staatsschutz. Wir arbeiten Hand in Hand. Alles was die Flüchtlingskriminalität betrifft bleibt in der Soko. Der große Vorteil ist: Es gibt keinen Informationsverlust.
Wie erfolgreich ist die Soko?
Die Soko ist erfolgreich: Wir haben einerseits erkannt, dass bei weitem nicht alle Flüchtlinge kriminell sind. Andererseits sehen wir, dass Kriminelle unter den Asylbewerbern sind und dass da Polizei und Justiz schnell tätig werden müssen. Das ist tadellos gelungen.
Einige der straffällig gewordenen Flüchtlinge begehen keine Straftaten mehr, weil sie erkannt haben, dass sie Gefahr laufen nach Festnahme vier Tage später vor dem Amtsgericht zu stehen und abgeurteilt zu werden. Viele sind aber auch verschwunden.
Zudem haben wir durch den offenen Umgang mit der Problematik das Vertrauen der Bevölkerung wieder zurückgewonnen. Die Menschen hier wissen, dass wir ein Infomobil haben und dass die Polizei verstärkt darauf achtet, dass Unordnung und Urinieren in Vorgärten unterbleibt.
In den öffentlichen Bussen sind Begleiter der Stadt eingesetzt, die darauf achten, dass unangemessenes Verhalten nicht geduldet wird. Und in der Aufnahmestelle werden die Flüchtlinge in Vordrucken und Broschüren aufgeklärt. Wer sich daran nicht hält, bekommt mit uns Probleme.
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