- Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen Gesetzesentwurf beschlossen, mit dem das massenhafte Töten von männlichen Küken beendet werden soll.
- Während Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner von einem bedeutenden Schritt spricht, sind der Deutsche Tierschutzbund und die Grünen nicht überzeugt.
Das massenhafte Kükentöten soll in Deutschland beendet werden. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzesentwurf, mit dem das Töten der männlichen Eintagsküken ab Ende des Jahres verboten werden soll.
"Diese unethische Praxis gehört dann der Vergangenheit an", erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin
In der Legehennenproduktion ist es üblich, männliche Küken kurz nach dem Schlüpfen zu töten, weil ihre Aufzucht unrentabel ist. Das neue Gesetz sorge nun dafür, "dass in Deutschland nur noch Eier ohne Kükentöten produziert werden", erklärte Klöckner. Das sei ein "bedeutender Fortschritt für den Tierschutz". Nach Angaben Klöckners ist Deutschland weltweit das erste Land, das mit einem solchen Gesetz das Kükentöten beendet.
Männliche Küken sollen gar nicht erst ausgebrütet werden
Betriebe sollen künftig unter anderem auf neue Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei setzen. Dadurch sollen männliche Küken gar nicht erst ausgebrütet werden. Diese Verfahren, die vom Landwirtschaftsministerium mit mehreren Millionen Euro gefördert wurden, sehen derzeit eine Bestimmung des Geschlechts zwischen dem 9. und 14. Bebrütungstag vor.
Künftig soll dies noch früher möglich sein. Das Gesetz sieht deshalb vor, dass ab 2024 das Töten von Hühnerembryonen bereits nach dem sechsten Bruttag verboten ist. Das Verfahren ist gerade bei einer späten Bestimmung des Geschlechts umstritten. Fraglich ist etwa, wann Embryos ein Schmerzempfinden haben.
Alternativen zu diesen Verfahren sind sogenannte Zweitnutzungshühner. Dabei legen die Hennen Eier, während die Hähne gemästet werden.
Laut Bundeslandwirtschaftsministerium legen die Hennen aber weniger und teilweise kleinere Eier als konventionelle Legehennen. Die Hähne aus Zweitnutzungsrassen wachsen demnach zudem langsamer und haben kleinere Brustmuskeln als konventionelle Masthühner. Eine dritte Möglichkeit stellt die Aufzucht männlicher Küken im Zuge sogenannter Bruderhahn-Initiativen dar.
Deutscher Tierschutzbund: "Sinnloses Morden von Küken wird weitergehen"
Der Deutsche Tierschutzbund kritisierte, dass das Töten der geschlüpften Küken noch bis Ende 2021 möglich sei und bei männlichen Embryonen nach einer Geschlechtsbestimmung im Ei sogar noch für mehrere Jahre.
"Das sinnlose Morden von Küken und Embryos wird weitergehen", erklärte Präsident Thomas Schröder. Die Ministerin tausche "Tierleid gegen Tierleid, um ein aus dem Lot geratenes Hochleistungszuchtsystem ökonomisch am Laufen zu halten".
Der Vorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Olaf Bandt, kritisierte ebenfalls, es könne keine Lösung sein, statt männliche Küken zu töten in Zukunft die Eier auszusortieren. "Wir brauchen den längst überfälligen Umbau der Tierhaltung – hin zu einem System, das keine Tiere aussortiert, weil sie scheinbar nutzlos sind", forderte Bandt.
Der Geschäftsführer der Verbraucherorganisation Foodwatch, Martin Rücker, erklärte, das Gesetz doktere nur an den Symptomen herum, ohne die Probleme zu lösen. "Wer Tierschutz möchte, muss den tierquälerischen Irrsinn der Hochleistungshennen beenden."
Renate Künast: Regelung setzt auf technische Lösung eines ethischen Problems
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast warf Klöckner vor, mit dem Gesetzentwurf würden "vorrangig die Interessen der industriellen Massentierhaltung bedient". Die Regelung setze allein auf die technische Lösung eines ethischen Problems. Künast forderte stattdessen: "Wir müssen vielmehr die Haltung den Tieren anpassen, nicht umgekehrt."
Die Linken-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali nannte das Gesetz "Augenwischerei". Es verschiebe das millionenfache Töten der männlichen Küken nur um wenige Tage vor das Schlüpfen, wenn die Tiere bereits Schmerz empfänden, erklärte sie. "Wir müssen weg von dem kranken System, in dem Millionen Tiere weggeworfen werden, weil ihre Aufzucht nicht profitabel genug ist." © AFP
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