Die Suche nach einem neuen Nato-Generalsekretär dauerte länger als erwartet. Nun kommt es aber zum Wechsel. Es übernimmt jemand, der in der Vergangenheit nicht immer ganz diplomatisch auftrat.
Zehn Jahre lang stand Jens Stoltenberg (65) an der Spitze des mächtigsten Verteidigungsbündnisses der Welt. An diesem Dienstag übergibt der Norweger das Amt des Nato-Generalsekretärs an den früheren niederländischen Regierungschef Mark Rutte (57). Wird sich die Allianz unter der neuen Führung ändern? An dem ein oder anderen Punkt ist das nicht auszuschließen. Ein Überblick nach Themen:
Die Nato und der Krieg in der Ukraine
Im Gegensatz zu Staats- und Regierungschefs wie Bundeskanzler
Wird
Die Nato und Donald Trump
Eine besonders große Herausforderung dürfte der neue Job für Rutte werden, wenn es nach der US-Präsidentenwahl im November zu einer Rückkehr von
In Sachen Trump steigt Rutte in große Fußstapfen: Stoltenberg erwarb sich in der ersten Amtszeit Donald Trumps große Anerkennung, weil er es immer wieder schaffte, zu vermitteln und besänftigen. Würde Rutte das auch gelingen? Die Voraussetzungen könnten schlechter sein. Während eines Treffens mit Rutte im Jahr 2019 sagte Trump, er und Rutte seien Freunde geworden. Er bezeichnete die Beziehungen zwischen den Niederlanden und den USA so gut wie nie zuvor.
Die Nato und das Geld
Ob Trump gewählt wird oder nicht – ein Top-Thema für Rutte wird das Werben um höhere Verteidigungsausgaben von europäischen Alliierten sein. Rutte gilt bei diesem Thema jedoch als wenig glaubwürdig. Unter ihm als Ministerpräsident wurden in den Niederlanden noch 2018 lediglich 1,2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgegeben. Erst in diesem Jahr könnte das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel der Nato knapp erreicht werden.
In der Amtszeit Stoltenbergs stiegen die Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten deutlich. Wirkliche große Investitionsschübe gab es allerdings nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022, und Stoltenberg machte in einer seiner letzten Reden deutlich, dass zwei Prozent des BIP seiner Meinung nach nicht ausreichen werden, um eine sichere Verteidigung und Abschreckung zu garantieren.
Die Sorgenkinder Ungarn und Türkei
Deutlich mehr Fragezeichen gibt es, wenn es um die Beziehungen von Rutte zum ungarischen Regierungschef Orban und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geht. Schafft es der Niederländer, seine Konflikte mit den beiden unter Kontrolle zu halten? Das Verhältnis zwischen Rutte und Erdogan sowie Rutte und Orban gilt als extrem schwierig. Als Ministerpräsident machte Rutte nach der Einführung eines homosexuellenfeindlichen Gesetzes in Ungarn deutlich, dass er für das Land derzeit eigentlich keinen Platz mehr in der EU sieht. Mit Erdogan legte sich Rutte unter anderem an, weil dieser Wahlkampf-Auftrittsverbote für türkische Regierungsmitglieder in den Niederlanden kritisierte.
Ob Rutte ein ebenso erfolgreicher Generalsekretär wird wie Stoltenberg, wird am Ende davon abhängig sein, ob er sich als Vertreter aller Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten sieht. Als militärische Supermacht geben die USA in der Nato zwar den Ton an, das Konsensprinzip sorgt aber dafür, dass auch jeder andere Alliierte mit einem Veto Beschlüsse verhindern kann. Hauptaufgabe des Generalsekretärs der Nato ist es deswegen, die politischen Abstimmungsprozesse zwischen den Alliierten zu koordinieren und dafür zu sorgen, dass auch bei schwierigen Themen ein Konsens erzielt werden kann.
Stoltenberg verstand diesen Job. Mit seiner zurückhaltenden Art, Geduld und diplomatischem Geschick glückte es immer wieder, Blockaden zu lösen. Zuletzt gelang es ihm beispielsweise, Ungarn und die Türkei zur Aufgabe ihrer Vetos gegen den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands zu bewegen.
Die Nato und der Rest der Welt
Einer der bittersten Momente in der Amtszeit Stoltenbergs war der von den USA erzwungene Nato-Abzug aus Afghanistan, der mit einer Rückkehr der Taliban an die Macht endete. Rutte wird sich mit diesem Thema nicht mehr groß beschäftigen müssen.
Gleichzeitig dürfte allerdings der amerikanische Druck weiter steigen, das Bündnis deutlich stärker als bislang gegen mögliche Bedrohungen aus China in Stellung zu bringen. Für Rutte könnte das eine schwierige Gratwanderung werden. Europäische Alliierte wie Frankreich und Deutschland stehen dem Kurs der USA in der China-Politik eher kritisch gegenüber.
Stoltenbergs neuer Job
Stoltenberg wird nach seinem Abschied wohl in einer neuen Rolle weiterhin globalen Einfluss auf Sicherheitsfragen nehmen: Medienberichten zufolge soll er im kommenden Jahr Christoph Heusgen als Chef der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) ablösen. Entsprechende Berichte wurden der Deutschen Presse-Agentur aus mehreren Quellen bestätigt. Die Münchner Sicherheitskonferenz hat sich seit ihrer Gründung 1963 zu einem der bedeutendsten internationalen Foren zur Sicherheitspolitik entwickelt. (Ansgar Haase und Stella Venohr, dpa/bearbeitet von tas)
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