Nach dem Fund einer toten Frau und eines toten Kleinkinds in einem kaputten Flüchtlingsboot vor der libyschen Küste hat der Regierungschef des Landes die Küstenwache gegen Kritik verteidigt. Die Idee von EU-Flüchtlingszentren in Libyen lehnt er ab.
Zu Vorwürfen, die Küstenwache habe Menschen zurückgelassen, sagte Libyens Regierungschef Fajis al-Sarradschder der "Bild"-Zeitung: "Das sind ungeheure Vorwürfe, die nicht stimmen und von unserer Küstenwache bereits klargestellt wurden. Wir retten jeden Tag hunderte Menschen vor der Küste Libyens."
Libyen brauche mehr Unterstützung
Das Land brauche aber mehr technische und finanzielle Unterstützung. Eine spanische Organisation hatte der libyschen Küstenwache vorgeworfen, bei einem Einsatz zwei Frauen und ein Kind auf hoher See zurückgelassen zu haben.
Al-Sarradsch forderte einen globalen Plan, um die Flüchtlingskrise zu lösen. Libyen sei nur das Transitland, das die Menschen für ihre Flucht nutzten.
"Wir haben Flüchtlingsunterkünfte für mehrere zehntausend Menschen geschaffen, aber in unserem Land halten sich mehrere hunderttausend illegale Migranten auf, was die Sicherheitslage massiv verschlechtert. Darunter sind Terroristen, Kriminelle und Menschenschmuggler."
Er wünscht sich überdies mehr Besuche von EU-Politikern in seinem Land: Um Menschenschmuggler stärker bekämpfen zu können, seien globale Anstrengungen notwendig, weil das Schmugglernetzwerk international sei.
Wichtig dafür sei auch, "dass europäische Politiker ein besseres Verständnis dafür bekommen, wie es in Libyen aussieht". Er hoffe in diesem Zusammenhang auch auf einen baldigen Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Libyen lehnt Ankerzentren im eigenen Land ab
Auf die Frage, was er von möglichen Ankerzentren in seinem Land halte, sagte al-Sarradsch: "Nein, das wird es bei uns nicht geben. Wir sind absolut dagegen, dass Europa ganz offiziell bei uns illegale Migranten unterbringen will, die man in der EU nicht haben möchte."
Libyen lehne auch Geldzahlungen für ein solches Vorgehen ab. "Wir werden auch keine Deals mit Geld mit der EU machen, um illegale Migranten aufzunehmen", sagte der Chef der international unterstützten Regierung der nationalen Einheit in Libyen weiter.
Die EU solle vielmehr "mit den Ländern reden, aus denen die Menschen kommen und dort auch Druck ausüben".
Al-Sarradsch sagte, er wundere sich "schon sehr darüber, dass in Europa mittlerweile niemand mehr Migranten aufnehmen will, aber uns bittet, hier weitere hunderttausende aufzunehmen". (dpa / AFP)
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