Das Highlight des FDP-Parteitags am Samstag war mit Sicherheit die Rede des Parteichefs Christian Lindner. Dabei verhielt er sich eher wie ein Oppositionsführer, als ein Mitglied der Regierung.
Auf dem Bundesparteitag der FDP hat Parteichef
Lindner zeichnet in Rede düsteres Bild der deutschen Wirtschaft
In seiner rund 70-minütigen Rede zeichnete der Bundesfinanzminister ein kritisches Bild der Wirtschaft in Deutschland. Im intenationalen Vergleich sei das Land in Bereichen wie Wettbewerbsfähigkeit und Wachstunspotenzial zurückgefallen. Deswegen müsse die Bundesregierung einen anderen Kurs einschlagen. "Die Wirschaftswende ist nicht ein Projekt der Freien Demokaten", sagte Lindner. "Sie muss ein Projekt dieses Landes sein."
Lindner führte in seiner Rede eine Reihe von Gründen auf, weswegen die Wirtschaft in Deutschland wieder kräftiger wachsen müsse: um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, um die wachsenden Kosten für Verteidigung und Sicherheit zu stemmen, um den Sozialstaat zu erhalten, um die Akzeptanz der Demokratie zu sichern.
Wachstum sei "kein Selbstzweck", sondern habe "einen tieferen Sinn", betonte Lindner mit Blick auf Kriege und geopolitische Krisen auf der Welt. Die militärische Unterstützung der Ukraine und die Finanzierung der deutschen Wehrausgaben könne langfristig "nicht auf Pump erfolgen", sagte der Parteichef. "Dafür brauchen wir unsere Wirtschaftsleistung." Eine Wirtschaftswende sei nötig, weil "am Ende wirtschaftliche Stärke auch ein Faktor der Geopolitik ist".
Die Wirtschaft müsse auch deshalb wieder wachsen, damit die "spitzenmäßigen Sozialleistungen" und der "spitzenmäßige Lebensstandard" gehalten werden können, sagte Lindner. Wenn die Wirtschaft schwächele, wüchsen die Abstiegsängste in der Bevölkerung – was wiederum die AfD stärke. "Die Wirtschaftswende ist das beste Demokratiefördergesetz, das man haben kann", sagte Lindner. "Wachstumsfreundliche Politik ist ein Gebot sozialer Gerechtigkeit."
Linder übt Kritik an Ampel-Partnern
In seiner Rede verteidigte Lindner auch die besonders von den Koalitionspartnern SPD und Grüne kritisierten Punkte des Wachstumsprogramms, das der Parteitag am Wochenende verabschieden sollte – so etwa die Forderung nach schärferen Sanktionen beim Bürgergeld. Dieses sei "kein bedingungsloses Grundeinkommen", sondern es seien dafür "Gegenleistungen zu erwarten".
Auch die Forderung nach einer Abschaffung der Rente mit 63 verteidigte der FDP-Chef. "Wir sollten nicht mehr bezahlen, wenn Menschen nicht mehr arbeiten, sondern wir sollten belohnen, wenn Menschen im Arbeitsleben bleiben wollen."
Die eigentlich von der Koalition vereinbarte Einführung der Kindergrundsicherung stellte Lindner infrage. Die Pläne von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hätten "den Status der Absurdität erreicht", sagte er. Der FDP-Chef unterbreitete vor den Delegierten einen Gegenvorschlag: "Wäre es nicht besser, diese Milliarden einzusetzen in mehr qualitätsvolle Kinderbetreuung, damit niemand mehr gegen seinen Willen in Teilzeit verbleiben muss?"
Der FDP-Chef verwies darauf, dass die Pläne der Ministerin die Schaffung von bis zu 5.000 neuen Stellen erfordern könnten und zudem bis zu 70.000 Menschen zum Ausstieg aus dem Arbeitsmarkt bewegen könnten, weil sie keinen Anreiz mehr zum Arbeiten hätten. Wenn sich herausstellen sollte, dass die Kindergrundsicherung auch ohne diese Effekte umgesetzt werden könnte, "dann sind wir Freie Demokraten offen", sagte Lindner.
Lindner spart mit Lob für die Ampel
In seiner Rede verzichtete Lindner weitgehend auf die Schilderung einer Erfolgsbilanz der Ampel-Koalition, in der seine Partei seit zweieinhalb Jahren mitregiert. Positiv hob er Maßnahmen zum Bürokratieabbau sowie die Neufassung des Klimaschutzgesetzes hervor. Ansonsten konzentrierte sich der Parteichef auf die Aufzählung von Missständen, die behoben werden müssten.
Ihre Rolle als marktwirtschaftliches Korrektiv werde die FDP trotz allen Gegenwinds nicht aufgeben, bekräftigte Lindner. "Wir wissen, wofür wir stehen", sagte er. Die Positionen seiner Partei müssten aber besser erklärt werden. "Umso mehr kommt es für jeden von uns darauf an, deutlich zu machen, dass wir nichts aufgegeben haben von unseren Überzeugungen." (afp/the)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.