Auf dem FDP-Parteitag in Berlin wählen die Liberalen eine neue Führungsspitze, die zumindest zur Hälfte die alte ist: Parteichef Christian Lindner wird im Amt bestätigt, Linda Teuteberg zur neuen Generalsekretärin gewählt. Und zwar mit einem Traumergebnis.
FDP-Chef
Lindner sagte nach der Wiederwahl, dies sei ein tolles Ergebnis, das ihn motiviere, weiterzumachen. Teuteberg kommentierte ihre Wahl mit den Worten: "Ich bin überwältigt." Teuteberg löst
Managerin der nächsten großen Landtagswahlen
Mit der Entscheidung für Teuteberg will Lindner auch ein Zeichen für die im Herbst anstehenden wichtigen Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen setzen. In allen drei Bundesländern sind die Liberalen nicht im Landtag vertreten. Teuteberg wird als Generalsekretärin für das Management dieser Wahlen zuständig sein.
Die Bundestagsabgeordnete, die sich zuletzt als Innenpolitikerin profilieren konnte, schloss sich im Jahr 2000 der FDP an. Sie sagte bei ihrer Bewerbungsrede: "In die FDP einzutreten war damals im Osten Brandenburgs keine Massenbewegung." Aber es sei eine ihrer besten Entscheidungen gewesen. Ja, sie komme aus dem Osten, das werde immer wieder betont, aber eigentlich sei das eine "selbstverständliche Normalität". Die Menschen dort hätten eigene Vorstellungen und Stärken, die sollte die FDP zum Thema machen.
Zuletzt hatte es intern Kritik am grundsätzlich unumstrittenen Partei- und Fraktionschef Lindner gegeben. So wurde sein Umgang mit den jugendlichen Aktivisten von "Fridays for Future" insbesondere in der Nachwuchsorganisation Julis nicht gutgeheißen.
Vorfahrt für die Freiheit des Einzelnen
In seiner rund eineinhalbstündigen Parteitagsrede warnte Lindner vor Einschränkungen individueller Freiheiten im Namen des Klima- und Umweltschutzes. "Wenn Verhältnismäßigkeit keine Rolle mehr spielt, wenn es nicht mehr eine Rolle spielt, auch Ziele wie Wohlstand oder individuelle Lebensführung zu sichern, dann ist das eine Form des ökologischen Autoritarismus", sagte Lindner. "Wir werden alle Vegetarier und Veganer, wenn es nach denen geht", sagte er mit Blick auf die Grünen und insbesondere auf deren Vorsitzenden Robert Habeck.
Lindner machte deutlich, dass er im Umwelt- und Klimaschutz weiter vor allem auf die Innovationskraft der Wirtschaft setzt. Durch technische Innovation sollte der CO2-Ausstoß in Deutschland reduziert werden. Er erhielt von den Delegierten für seine rund eineinhalbstündige Rede großen Beifall.
Mit den jugendlichen Klimaaktivisten von "Fridays for Future" wolle er eine nüchterne und sachliche Auseinandersetzung führen. Wer junge Menschen in ihrem Protest wirklich ernst nehme, müsse sich mit ihren Anliegen beschäftigen und gegebenenfalls auch fachlichen Widerstand entgegensetzen.
Enteignung ist "Entmenschlichung"
Die Liberalen stellten die Ziele des Klimaschutzes nicht infrage. Aber um diese umzusetzen, bedürfe es einer starken Wirtschaft, die die Technologie dafür zur Verfügung stelle. Jeder könne natürlich klimapolitische Ziele formulieren, auch Jugendliche, sagte Lindner weiter. Aber zur technischen Umsetzung seien eben Profis nötig.
Lindner unterstrich, die Debatte um die Enteignung großer Wohnungsunternehmen in Berlin sei "Linkspopulismus". "Das ist eine Form der Entmenschlichung", sagte er. "Es wird nicht mehr gesprochen über diejenigen, denen diese Unternehmen gehören oder wer da beschäftigt ist. Sondern das werden anonyme Mächte, die sich gegen unsere Gesellschaft wenden, und die man deshalb als Gegner, zum Gegner erklären oder enteignen kann."
Der FDP-Chef warnte vor Kürzungen im Bildungsbereich. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wolle bis 2023 insgesamt vier Prozent der Mittel im Haushalt für Bildung und Forschung des Bundes gekürzen.
Rutschpartie in die Planwirtschaft
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warf er vor, mit seinem Papier zur Industriepolitik in die Planwirtschaft abzurutschen. Altmaier nimmt zurzeit in Peking an einer Konferenz zur neuen Seidenstraße teil - ein Projekt, mit dem China offensichtlich seine Einflusssphäre ausweiten will.
Besonders kritisch setzte sich Lindner mit der Rolle Chinas in der Weltwirtschaft auseinander. Deutschland und Europa müssten China auf Augenhöhe entgegentreten. Das brauche auch ein starkes und einiges Europa. China wolle ein globaler Hegemon werden und anderen seine Vorgaben diktieren. Es sei ein Wettbewerb auch der wirtschaftspolitischen Systeme - hier Kontrolle, dort freie Marktwirtschaft. (dpa/best)
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