Keine Frage zu Marktradikalität bei Riexinger, witzelte Thomas Walde noch nach dem Interview mit FDP-Chef Christian Lindner im vergangenen ZDF-Sommerinterview. Was seinerzeit wie ein gut gemeinter Scherz klang, entpuppte sich im Sommerinterview mit Bernd Riexinger selbst dann als Vorbote klischeebeladener Fragen.
In Stuttgart, Riexingers Heimat, trifft Walde den Linken-Chef und bereits beim Vorgeplänkel zeigt Walde, wohin die Reise in den kommenden 20 Minuten gehen sollte: "Können Sie am Wochenende entspannen oder entdecken Sie immer ein himmelschreiendes Unrecht, gegen das Sie ankämpfen müssen?" Wesentlich weniger klischeebeladen wurde es danach auch nicht.
Darüber sprach Thomas Walde mit Bernd Riexinger:
Die Linke und ihr Verhältnis zu Russland
"Warum stellen Sie sich auf die Seite des Aggressors?" Warum stehen sie da auf der Seite desjenigen, der die liberalen Demokratien angreift?" "Warum setzt sich ihre Partei nicht dafür ein, politische Gefangene freizulassen?" Mit solchen Fragen wollte Interviewer Thomas Walde die vermeintlich einseitige Parteinahme der Linken zugunsten Russlands abklopfen.
Beweise waren für Walde zum Beispiel das Fehlen kritischer Worte in einem Antrag der Linken, die Feststellung, dass sich "der Ton der Bundesregierung gegenüber Russland verschärft habe" oder auch die Gegenstimmen im europäischen Parlament von Linken-Abgeordneten gegen einen Antrag, Russland zur Freilassung politischer Gefangener aufzufordern.
Riexinger erklärte Walde, dass er und die Linke als Partei sehr wohl Kritik an Russland üben, auch, weil sich die Linke als Friedenspartei verstehe. Die Linke sei "kein außenpolitischer Arm von irgendjemand", aber "um den Frieden in Europa aufrechtzuerhalten, brauchen wir gute nachbarschaftliche Beziehungen zu Russland", erklärte Riexinger.
Asylpolitik
Hier glaubt Walde, eine Kehrtwende der Linken ausgemacht zu haben. Statt wie früher für offene Grenzen einzutreten, habe die Linke beschlossen, nur "offene Grenzen für Schutzsuchende" zu fordern. Walde will wissen, ob man hier einem Rechtsruck nachgegeben habe.
Dem widerspricht Riexinger deutlich: "Wir sind nicht bereit, das Asylrecht abzubauen, Stacheldraht und Mauern um Europa zu bauen, sondern dass wir einen Dreiklang haben: Fluchtursachen bekämpfen, soziale Offensive im Land und Integration der Flüchtlinge."
Anspruch und Wirklichkeit der Linken
"Was macht das mit ihrer Glaubwürdigkeit?" Thomas Walde bohrt mehrmals nach, was Riexinger davon hält, dass manche Ziele seiner Partei in Ländern mit Regierungsbeteiligung nicht umgesetzt werden, etwa beim Thema Abschiebungen und dem Wohnungsbau in Berlin.
Riexinger sieht bei beiden Themen den Handlungsrahmen in den Ländern durch die Bundespolitik eingeschränkt. "Das macht uns unzufrieden, aber sie können Bundesrecht nicht brechen. Die Frage der Abschiebung ist nicht in Länderhoheit, sondern in der Bundeshoheit", erklärt Riexinger beispielsweise zu der Zahl der Abschiebungen in Thüringen.
So schlug sich Thomas Walde:
Bereits beim Interview mit FDP-Chef
Walde wirkte nicht wie jemand, der interessiert an Antworten war, sondern nur begierig darauf wartet, seine Vorurteile bestätigt zu sehen. Man mag ihm mit dieser Einschätzung Unrecht tun, denn vielleicht entsprang diese Art von Fragen journalistischem Kalkül, aber in der Praxis wirkte Walde dadurch voreingenommen.
So etwa bei dem Versuch, eine inhaltliche Verbindung zwischen der AfD und der Linken zu konstruieren, weil beide für ein Ende der Sanktionen gegen Russland eintreten.
So schlug sich Bernd Riexinger:
Souverän. Der Parteichef der Linken präsentierte sich in sommerlicher Gelassenheit. Selbst bei der Frage Waldes nach einer inhaltlichen Verbindung zwischen der Linken und der AfD schien das Riexinger kaum einen erhöhten Puls zu bescheren.
Riexinger versuchte sich immer wieder als Erklärer, der die Schwarz-weiß-Bilder in den Fragen Waldes ein bisschen vielschichtiger darstellten wollte.
Das Fazit:
Es war ein Sommerinterview der ungewöhnlichen Art. Man mag Thomas Walde an dieser Stelle einfach einmal journalistische Absicht unterstellen, wenn er seinen Interviewpartner Riexinger mit grob gehauenen Fragen zu Antworten provozieren wollte, die er sonst vielleicht nicht gegeben hätte. Das kann natürlich funktionieren, wirkte aber im aktuellen Fall eher desinteressiert und schlecht vorbereitet.
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