Die Organisation Lobbycontrol hält den Schutz der EU vor Einflussnahme durch Konzerne und Drittstaaten für unzureichend. "Konzerne und ihre Verbände betreiben mit viel Geld, Personal und privilegierten Zugängen Lobbyarbeit in Brüssel und finden dafür vorteilhafte Bedingungen vor", teilte die politische Geschäftsführerin von Lobbycontrol, Imke Dierßen, zum EU-Lobbyreport 2024 mit, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.
Mitautorin Nina Katzemich betonte, dass die 50 Konzerne mit den größten Lobbyausgaben in Brüssel diese Ausgaben in den vergangenen zehn Jahren um zwei Drittel erhöht hätten. Zu den größten Lobbyakteuren in Brüssel - gemessen an ihren jährlichen Lobbyausgaben laut EU-Lobbyregister - zählen dem Bericht zufolge etwa US-Unternehmen wie Meta, Microsoft und Apple, aber auch der deutsche Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer.
Mitautor: Durchsetzung der Lobbyregeln ist Problem
Die EU-Lobbyregeln seien eigentlich sehr gut, teilweise auch besser als in Deutschland, erklärte Mitautor Aurel Eschmann, der in diesem Bereich Fortschritte festmacht. Das Problem in Brüssel sei aber die Durchsetzung, ohne die auch die besten Regeln nichts bewirkten. Bislang sei kein einziger Abgeordneter im EU-Parlament für einen Verstoß gegen Lobbyregeln sanktioniert worden, kritisierte Eschmann in einer Mitteilung. "So gehen weiterhin Akteure im Parlament ein und aus, die den Eintrag ins EU-Lobbyregister verweigern, obwohl dies bereits bei der Aufarbeitung des "Katargate"-Skandals als ein wichtiges Schlupfloch erkannt worden war."
Einflussversuche durch Drittstaaten
Bei dem unter diesem Namen bekannt gewordenen Skandal geht es um mutmaßliche Einflussnahme auf politische Entscheidungen durch die Regierungen von Katar und Marokko. Ende 2022 wurden Ermittlungen gegen die inzwischen abgesetzte Vizepräsidentin des EU-Parlaments Eva Kaili und weitere Verdächtige wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption eingeleitet.
Ende vergangenen Monats stimmte das Europaparlament für die Einrichtung eines Ethikgremiums, dass die Einhaltung von Lobby- und Antikorruptionsregeln kontrollieren soll. An der Vereinbarung beteiligen sich laut der damaligen Mitteilung acht EU-Institutionen, darunter das Parlament und die Kommission.
Dierßen hält die derzeitigen Mechanismen in der EU für nicht ausreichend, "um illegitime Einflussnahme frühzeitig zu erkennen oder zu verhindern". Als Beleg dafür verweist sie neben dem Katar-Korruptionsskandal auch auf "mögliche russische Geldzahlungen an Maximilian Krah". Der Europa-Spitzenkandidat der AfD steht wegen möglicher Russland- und China-Verbindungen sowie der Festnahme eines Mitarbeiters unter Spionage-Verdacht in der Kritik. © dpa
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