- Auf Gespräche setzen: Merkel mahnt bei ihrem Besuch in Warschau Versöhnlichkeit an.
- Im Mittelpunkt steht der Streit zwischen EU-Kommission und Polen um die Reformierung des polnischen Justizsystems.
- Kritik übt die Kanzlerin am Umgang der belarussischen Führung mit Flüchtlingen aus Krisenregionen.
Bundeskanzlerin
Brüssel und Warschau streiten seit längerem über Reformen des polnischen Justizsystems. Kritiker werfen der nationalkonservativen PiS-Regierung vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben. Derzeit prüft das polnische Verfassungsgericht, ob polnisches Recht Vorrang vor EU-Recht hat.
Die EU-Kommission hatte am Dienstag beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) finanzielle Sanktionen gegen Polen beantragt. Hintergrund ist die fortgesetzte Tätigkeit der polnischen Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern. Der EuGH hatte in einer einstweiligen Anordnung den Stopp der Tätigkeit dieser Kammer angeordnet.
Merkel: Strenge Worte in Richtung Belarus
Merkel sagte, es müsse natürlich immer eine Möglichkeit des Rechtsstaats sein, strittige Dinge durch Gerichtsverfahren zu lösen. Und doch gebe es Möglichkeiten, durch Dialog voranzukommen. Möglicherweise gebe es solche Gespräche zwischen Polen und der EU-Kommission schon, andernfalls werde sich Deutschland dafür einsetzen.
Sowohl Merkel als auch Morawiecki verurteilten den Umgang der belarussischen Führung mit Flüchtlingen aus Krisenregionen. Wehrlose Menschen aus anderen Ländern würden als Subjekte "hybrider Attacken" benutzt, sagte die Kanzlerin. "Ich halte das für vollkommen inakzeptabel." Sie appellierte an Belarus, den an der polnisch-belarussischen Grenze festsitzenden Flüchtlingen humanitäre Hilfe zukommen zu lassen.
Die Regierung in Warschau beschuldigt den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Flüchtlinge an die EU-Außengrenze zu bringen. Polen hat nun mit einem Andrang von Migranten aus dem Nahen Osten über seine 418 Kilometer lange Grenze zu Belarus zu kämpfen. Das Land hat deshalb den Ausnahmezustand in der Grenzregion ausgerufen und mit dem Bau eines Zauns begonnen.
Morawiecki sagte, er habe der Kanzlerin die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze geschildert. "Wir haben hier sowohl die Unterstützung der EU-Kommission, als auch die der deutschen Regierung, um Europa vor illegaler Migration zu schützen, vor Bewegungen, die nicht von uns abhängen." Europa müsse mehr für seine eigene Verteidigung tun und auch die Ausgaben dafür erhöhen, sagte Morawiecki weiter.
Nord Stream 2: Steigt die Abhängigkeit Europas von Russland?
Zum Thema der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 betonte die Kanzlerin, Deutschland habe mit den USA vereinbart, sich dafür einzusetzen, dass sich Russland möglichst frühzeitig verpflichte, die Gaslieferungen durch die Ukraine auch nach 2024 fortzusetzen. Diese Verpflichtung müsse aus ihrer Sicht kommen, damit Energielieferungen "nicht zur hybriden Kriegsführung benutzt werden" könne, sagte Merkel.
Polens nationalkonservative PiS-Regierung ist seit langem gegen Nord Stream 2. Sie befürchtet, dass Russland damit die Abhängigkeit Europas von seinen Gaslieferungen erhöhen und die bisherigen Transitländer unter Druck setzen könnte. Morawiecki sagte, die Absprachen zwischen den USA, Deutschland und der Ukraine seien strategisch sehr wichtig. "Die Garantien für einen Gastransit durch die Ukraine verringern die Möglichkeit einer politischen oder preislichen Erpressung durch Russland", sagte Polens Regierungschef. (best/dpa)
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