Kurz vor Beginn des Filmfestivals von Cannes haben zahlreiche Prominente und Betroffene in Frankreich mangelnde Konsequenzen bei sexueller Gewalt angeprangert. "Trotz des Muts der Opfer wächst die Straflosigkeit", heißt es in dem am Dienstag in der Zeitung "Le Monde" veröffentlichten Appell. Zu den Unterzeichnerinnen zählen die Schauspielerinnen Isabelle Adjani, Juliette Binoche und Judith Godrèche, die in Cannes einen Film über die #MeToo-Bewegung vorstellt.
Die meisten Frauen haben den Aufruf gefolgt von dem Hashtag #MeToo und ihrer Arbeitswelt unterzeichnet, etwa #MeToo Kino, Kirche, Medien, Politik oder auch Weinanbau. Auch einige wenige Männer haben den Aufruf unterschrieben. "Es ist nicht akzeptabel, dass der Anteil der Verfahren, die eingestellt werden, 2022 bei 94 Prozent lag", heißt es darin.
"Ungleichheiten und die Machtverhältnisse befördern sexistische und sexuelle Gewalt, und das Leugnen der Öffentlichkeit schützt die Täter", erklärten die Unterzeichnerinnen. Die Frauen, die #MeToo angestoßen haben, hätten deutlich gemacht, dass sexuelle Gewalt "nicht die Ausnahme, sondern systematisch" sei.
"Obwohl eine Affäre auf die andere folgt, stellt sich die Frage: Wer hört uns eigentlich?", heißt es weiter. Die Unterzeichnerinnen fordern eine Gesetzesreform, die die Straftat "Vergewaltigung" besser definiert, den Schutz der Opfer verbessert und spezialisierte Polizeieinheiten vorsieht.
"Seit 2017 hat sich beim Kampf gegen sexuelle Gewalt nicht viel getan", meint Anne-Cécile Mailfert, Vorsitzende der Frauenrechtsorganisation Fondation des Femmes. "Mit der wachsenden Zahl an Klagen steigt auch die Zahl der eingestellten Verfahren", erklärt sie. "Es braucht politischen Willen, um die Straflosigkeit zu beenden, aber der ist zurzeit nicht erkennbar", fügt sie hinzu. © AFP
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