Der erzkonservative Strippenzieher Mike Pence ist bei den Republikanern beliebter als Donald Trump. Könnte der Vize dem Präsidenten in den Rücken fallen?
Auf der Satire-Seite www.officialmikepence.com ist der Machtwechsel schon vollzogen. Die unbekannten Urheber stellen dort
Die Seite ist natürlich ein Scherz, aber sie spielt mit einem Thema, das in den USA heiß diskutiert wird: Was, wenn die Republikaner das Trump-Chaos im Weißen Haus beenden und dafür sorgen, dass sein bisheriger Stellvertreter Pence der mächtigste Mann der Welt wird?
Der Biedermann Pence ist in der eigenen Partei laut "Washington Post" populärer als Trump.
Die demokratische Abgeordnete Maxine Waters sorgte am vergangenen Wochenende mit einem Tweet für Aufsehen, in dem sie behauptete, Pence plane mit den Ex-Trump-Mitarbeitern Reince Priebus und Sean Spicer schon seine Amtseinführung.
Eigenes Aktionskomitee gegründet
So einfach ist das natürlich nicht. Gegen den eigenen Willen ist der amerikanische Präsident eigentlich nur mit einem Amtsenthebungsverfahren von seinem Stuhl zu befördern.
Dafür müssten sich auch Kongressabgeordnete seiner republikanischen Partei gegen
Sein Vize hat sich zudem immer loyal zum Präsidenten verhalten. Dass er einen Umsturz plant, gilt in Washington als unwahrscheinlich.
Allerdings bereitet sich der 58-Jährige offenbar sehr wohl auf einen weiteren Aufstieg in der Zukunft vor.
Im Mai gründete Pence ein eigenes politisches Aktionsbündnis, in den USA kurz PAC genannt. Laut CNN hat er damit inzwischen über eine Million Dollar an Spenden gesammelt.
Diese PACs sind an sich nichts Ungewöhnliches. Das Bündnis von Pence hat zudem die offizielle Aufgabe, Geld für die republikanische Kampagne zu den Parlamentswahlen 2018 zu sammeln.
Trotzdem hat der Schritt in Washington Stirnrunzeln ausgelöst: In der amerikanischen Geschichte ist es laut Trump-Berater Roger Stone noch nie vorgekommen, dass ein amtierender Vizepräsident nach so kurzer Zeit ein eigenes PAC gegründet hat.
Außenpolitisch konsequenter als Trump
Was aber hätten die USA, was hätte die Welt von einem Präsidenten Mike Pence zu erwarten? In einem Beitrag für das Politik-Magazin "The Hill" haben die beiden Außenpolitik-Experten Hady Amr und Steve Feldstein schon die mögliche Außenpolitik unter Pence beschrieben.
Sie erwarten, dass er an die Grundsätze von George W. Bush anknüpfen würde, als die Mehrheit der Republikaner noch eine aktive Rolle der USA in der Welt befürwortete: mit mehr christlich motivierter Entwicklungshilfe, aber auch mit einer größeren militärischen Präsenz.
Pence galt zudem lange als Befürworter des amerikanisch-pazifischen Freihandelsabkommens TPP – jenes Abkommen, das Trump als eine seiner ersten Amtshandlungen aufkündigte.
China beäugt Pence zwar ähnlich kritisch wie Trump. Aber der Vize, so schreiben Amr und Feldstein, hätte TPP wohl als Möglichkeit verstanden, der Rolle Chinas im pazifischen Raum Grenzen zu setzen.
Möglicherweise würde er konsequenter und durchdachter auftreten als der sprunghafte Trump.
Die Partnerschaft mit der NATO würde ein Präsident Pence besser pflegen, glauben die beiden Außenpolitik-Experten. In den Beziehungen zu Russland bliebe ihm dagegen wohl gar nichts anderes übrig, als größeren Abstand zu wahren.
"Wahrscheinlich würden wir die Rückkehr zu einer eisigen Distanzierung zwischen den Vereinigten Staaten und Russland erleben", schreiben die Experten.
Radikal konservative Gesellschaftspolitik
Innenpolitisch steht der 58-Jährige vor allem für eine erzkonservative Gesellschaftspolitik. Von 2013 bis 2017 war er Gouverneur des landwirtschaftlich geprägten Bundesstaats Indiana.
2015 erregte der gelernte Jurist dort Aufsehen, als er das sogenannte Religionsfreiheitsgesetz unterzeichnete, das es Geschäftsleuten erlaubt, gleichgeschlechtliche Paare aus religiösen Gründen nicht zu bedienen.
2000 soll er sich bereits für sogenannte Konversionstherapien ausgesprochen haben, die Homosexuelle von ihrer "Neigung heilen" sollen. Eine Behauptung, die sein Sprecher allerdings bestreitet.
Auch die Abtreibungsregeln von Indiana gehören zu den striktesten in den amerikanischen Bundesstaaten.
In weltanschaulichen Fragen ist Pence also radikaler als der Großstadtmensch Trump, der bei Abtreibung oder Homosexuellen-Rechten als weniger dogmatisch gilt.
Bei Fragen wie Einwanderung oder Klimawandel liegt Pence auf Trumps Linie. Sorgen um die Erderwärmung tat er im Juni als Schreckgespenst der Linken ab.
Was Pence aber vor allem vom Präsidenten unterscheidet, ist seine langjährige politische Erfahrung. Er gilt als bieder, aber auch als guter Netzwerker.
Als Präsident wäre seine Agenda wohl zumindest innenpolitisch eine ähnliche wie die von Trump, in weltanschaulichen Fragen wäre er noch konservativer.
Doch im Gegensatz zum jetzigen Staatsoberhaupt könnte der gewiefte Strippenzieher Pence als Präsident seine Pläne voraussichtlich professioneller und somit geräuschloser und in die Tat umsetzen.
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