- In den vergangenen vier Jahren hat die Bundesregierung insgesamt 1,073 Milliarden Euro für Beratungen und Unterstützungen von außen ausgegeben.
- Spitzenreiter sind die Ministerien für Inneres, Verkehr und Finanzen.
- Der Linken-Abgeordnete Matthias Höhn kritisiert: Unter privaten Beratungsleistungen leidet die staatliche Unabhängigkeit.
Guter Rat ist teuer. Für die Bundesregierung gilt das offenbar ganz besonders: Seit 2017 haben die Bundesministerien zusammengerechnet 2017 mehr als eine Milliarde Euro für externe Berater ausgegeben. Das geht aus einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten
Die Antwort auf die Anfrage liegt unserer Redaktion vor. Spitzenreiter bei den Investitionen in Expertise von außen war demnach das Innenministerium mit
Arbeitsministerium und Kanzleramt am sparsamsten
Die Beträge, die die einzelnen Ministerien für Beratungen ausgegeben haben, fallen demnach sehr unterschiedlich aus. Die geringsten Ausgaben für private Expertise meldeten das Arbeitsministerium mit 2,5 Millionen Euro und das Kanzleramt mit 3,3 Millionen Euro. Unter dem Strich wurden seit 2017 mindestens 1,073 Milliarden Euro für die externe Unterstützung ausgegeben.
So verteilen sich die Kosten für externe Beratungen und Unterstützungen seit 2017 (in absteigender Reihenfolge):
- 1. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat: 492,9 Millionen Euro
- 2. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: 196,9 Millionen Euro
- 3. Bundesministerium der Finanzen: 121,7 Millionen Euro
- 4. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit: 49,3 Millionen Euro
- 5. Bundesministerium für Gesundheit: 45,8 Millionen Euro
- 6. Bundesministerium für Verteidigung: 32,5 Millionen Euro
- 7. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: 31,0 Millionen Euro
- 8. Auswärtiges Amt: 20,8 Millionen Euro
- 9. Allgemeine Finanzverwaltung: 16,4 Millionen Euro
- 10. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: 13,7 Millionen Euro
- 11. Bundesschuld (Finanzagentur GmbH): 11,1 Millionen Euro
- 12. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: 10,7 Millionen Euro
- 13. Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz: 9 Millionen Euro
- 14. Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend: 8,7 Millionen Euro
- 15. Bundesministerium für Bildung und Forschung: 6,6 Millionen Euro
- 16. Bundeskanzleramt: 3,3 Millionen Euro
- 17. Bundesministerium für Arbeit und Soziales: 2,5 Millionen Euro
Höhn hatte die Regierung nach den Ausgaben für externe Beratungs- und Unterstützungsleistungen seit Beginn der Wahlperiode am 24. Oktober 2017 bis zum 31. Juli 2021 gefragt. Teilweise umfassen die Angaben der einzelnen Ministerien aber das ganze Jahr 2017. Das ist zum Beispiel beim Verkehrsministerium der Fall.
Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums weist im Gespräch mit unserer Redaktion zudem darauf hin, dass die für ihr Haus genannte Summe nicht nur Beratungen des Ministeriums selbst umfasst. Darunter fallen auch Leistungen, die Verkehrsuntermehmen in Anspruch genommen haben, an denen der Bund beteiligt ist. Zum Beispiel die Deutsche Bahn.
Zweifel an Notwendigkeit
Das Engagement von Unternehmensberatern und anderen Experten von außen ist hochumstritten. Kritiker meinen, dass der Einkauf von Sachverstand zu teuer und angesichts der Tausenden Mitarbeiter in den Ministerien auch nicht zwingend notwendig sei.
Zudem wird zu großer Einfluss auf die Regierungsarbeit befürchtet. Auf Twitter schrieb der Linken-Politiker Matthias Höhn über die Beratungskosten: "Damit muss Schluss sein, denn die Unabhängigkeit staatlicher Entscheidungen leidet unter diesem massiven Einfluss."
Befürworter versprechen sich dagegen einen Mehrwert durch den Blick von außen oder setzen Experten für Spezialaufgaben ein, für die keine festen Mitarbeiter benötigt werden. Das kann zum Beispiel für Aufgaben im IT-Bereich gelten.
"Berater-Affäre" betraf schon Verteidigungsministerium
Es ist nicht das erste Mal, dass Bundesministerien wegen teurer Beratungsleistungen in der Kritik stehen. Die damalige Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen musste sich ab 2018 wegen der sogenannten Berater-Affäre verantworten. Ihr Haus hatte seit 2014 mehrere Hundert Millionen Euro dafür ausgegeben. Der Bundesrechnungshof berichtete von zahlreichen Verstößen bei der Vergabe von Beraterverträgen.
Im Bundestag befasste sich ein Untersuchungsausschuss mit dem Thema. Es ging um die Vorwürfe von Steuerverschwendung und nicht eingehaltenen Vergabekriterien. Die Ausschussmehrheit von Union und SPD kamen aber zu dem Schluss, dass der Ministerin persönlich nichts vorzuwerfen sei.
Forderung nach Transparenz
Linken-Politiker Höhn warf der Regierung von Union und SPD eine "verheerende Bilanz" bei den Beraterausgaben zum Ende der Legislaturperiode vor. "Die nächste Bundesregierung muss endlich vollständige Transparenz über die Tätigkeit dieser Unternehmen in den Ministerien und Behörden herstellen und deren Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse massiv zurückfahren", forderte er.
Quellen:
- Twitter-Account von Matthias Höhn
- Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Pressestelle
- Bundesfinanzministerium: Schriftliche Frage Nr. 8/474 des Abgeordneten Matthias Höhn vom 31. August 2021 "Beratungs- und Unterstützungsleistungen"
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