- Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) hat bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein das bisher beste Ergebnis seiner Geschichte erreicht.
- Eine Koalition aus CDU und SSW hätte eine Mehrheit im neuen Landtag.
- Andere Bündnisse gelten als wahrscheinlicher, ausgeschlossen hat CDU-Ministerpräsident Daniel Günther diese Option aber nicht.
Nach der Wahl in Schleswig-Holstein geht es in Kiel um die Frage, welche Koalition die kommende Landesregierung bildet. Der bisherige und wahrscheinlich auch zukünftige Ministerpräsident
Er hätte aber auch mit jeweils nur einer der anderen Parteien im Landtag eine Mehrheit - theoretisch auch mit der SPD, die jedoch in die Opposition strebt. Infrage käme auch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), der schon einmal an einer Regierung beteiligt war.
"Ich respektiere den SSW selbstverständlich. Ich habe zu Lars Harms ein sehr, sehr gutes Vertrauensverhältnis, ohne Zweifel", sagte Günther, der als "beliebtester Ministerpräsident Deutschlands" gilt, nach der Landtagswahl über den Spitzenkandidaten der Partei. Diese erzielte mit knapp sechs Prozent das beste Ergebnis seit ihrer Gründung vor mehr als 70 Jahren. Im neuen Parlament wird sie mit vier Abgeordneten nur einen weniger stellen als die FDP. Wer ist der SSW genau und wie stehen die Chancen auf ein Zweierbündnis mit der CDU?
Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW)
Der SSW wurde 1948 als Partei der dänischen Minderheit in Schleswig und der Friesen in Nordfriesland gegründet. Bereits ein Jahr später zog der auf Landes- und Bundesebene von der Fünf-Prozent-Hürde befreite Wählerverband mit einem Abgeordneten in den Bundestag ein. Dort hielt er sich aber nur eine Legislaturperiode, also vier Jahre lang.1961 fiel dann der Beschluss, nicht mehr bei Bundestagswahlen anzutreten. Erst fast 60 Jahre später stimmte ein Parteitag dafür, es erneut zu versuchen - mit Erfolg.
Seit 2021 sitzt Stefan Seidler als fraktionsloser Abgeordneter in Berlin, wofür ihm gut 50.000 Zweitstimmen aus Schleswig-Holstein reichten. Zuvor war er dort Koordinator der Landesregierung für die Zusammenarbeit mit Dänemark. Mit Blick auf das Land, von dem der SSW auch Geld erhält, sagte Seidler nach der Bundestagswahl im Gespräch mit unserer Redaktion: "Wir schauen auf das dortige Sozialstaats- und Bildungssystem, das im Vergleich doch eher in Richtung SPD und Grüne geht. Bei den Wirtschafts- und Infrastrukturthemen, die bei uns auch eine wichtige Rolle spielen, bin ich durchaus näher bei den Christdemokraten und den Freien Demokraten."
Der SSW in Schleswig-Holstein
Im bisherigen Landtag stellte die Partei drei Abgeordnete und war von 2012 bis 2017 unter Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sogar an der Landesregierung beteiligt. Der Zusammenschluss mit SPD und Grünen wurde als "Küstenkoalition" bezeichnet, manchmal war auch von der "Dänen-Ampel" die Rede. Ziel der Partei, die im Kabinett die Ministerin für Justiz, Kultur Europa stellte, war unter anderem die rechtliche Gleichstellung der dänischen Minderheitenschulen im Landesschulgesetz und der schleswig-holsteinischen Verfassung. Nach der Landtagswahl am Sonntag sagte Spitzenkandidat Harms im NDR, das gute Ergebnis sei darauf zurückzuführen, dass die Partei deutlich gemacht habe, dass "Menschen, die es nicht so gut im Leben haben", eine Partei hätten, die sich um ihre Belange kümmert.
Der SSW war mit dem Spruch "Damit das Leben im Norden bezahlbar bleibt" angetreten. "Wir werden jetzt die nächsten fünf Jahre entsprechend Druck machen", so Harms weiter. "Solange es noch so ist, das sogenannte Share Deals bei Firmenkäufen möglich sind und international tätige Konzerne ihre Gewinne weltweit so lange hin und her schieben bis sie keine Steuern mehr zahlen, so lange braucht mir keiner damit kommen, dass der normal arbeitenden Bevölkerung in die Tasche gegriffen wird!", hatte er vor der Wahl auf der Internetseite des SSW geschrieben.
Koalition mit der CDU?
Nach der Wahl betonte Harms, der bisher auch Fraktionsvorsitzender im Landtag war, der SSW habe einen "guten Draht zu allen demokratischen Parteien" und könne sowohl Regierung als auch Opposition. In der ARD sagte er: "In einer Demokratie sollte eine demokratische Partei nie nein sagen, sondern immer sagen: Wir gucken uns das an, wir schnacken miteinander."
Die Entscheidung liege jetzt bei Ministerpräsident Daniel Günther, der sich bisher eher zurückhaltend in dieser Richtung äußerte. Ganz ausgeschlossen hat er es bisher aber nicht. CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte, Gespräche mit Grünen und FDP hätten Vorrang, es gebe aber auch "andere Optionen".
Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb gelten neben einer möglichen Jamaika-Neuauflage aktuell als wahrscheinlichste Option. Aber auch eine Koalition zwischen CDU und SSW hätte laut vorläufigem Endergebnis eine Mehrheit von 38 Sitzen im Landtag, nötig wären 35. Eine Überraschung ist nach aktuellem Stand also nicht ausgeschlossen und könnte eine neue Koalitionsbezeichnung vorbringen, die sich wie im Fall von "Jamaika" an einer Landesflagge orientiert.
Die Farben des SSW sind Blau und Gelb, die der CDU Schwarz: Alle drei vereint beispielsweise der karibische Inselstaat Barbados. Aber auch die Bahamas könnten als Vorbild herhalten - mit einer Einschränkung: Bisher stand die Formulierung "Bahamas-Koalition" in Medienberichten für eine mögliche Koalition aus CDU/CSU, FDP und AfD.
Verwendete Quelle:
- dpa
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