Im Irak gilt der Islamische Staat als besiegt, in Syrien als weitestgehend zurückgedrängt. Dennoch warnt Ursula von der Leyen im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz vor der Gefahr durch die Terrormiliz. Denn wie die Verteidigungsministerin erklärt, organisiert sich die islamistische Terrororganisation neu und könnte in Zukunft verstärkt aus dem Untergrund heraus agieren.
Die Bundesregierung befürchtet nach einer Zerschlagung der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) den Aufbau eines globalen Terrornetzwerkes im Untergrund.
Es herrsche eine "breite Übereinstimmung" darüber, "dass der Kampf gegen die Terrororganisation IS im Irak und in Syrien noch nicht abgeschlossen ist", sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Freitag in München nach einem Treffen der Verteidigungsminister der internationalen Koalition gegen den IS im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz (SiKo).
Bis Sonntag werden rund 30 Staats- und Regierungschefs und etwa 90 Minister zu wichtigsten sicherheitspolitischen Expertentreffen weltweit erwartet. Zu den Hauptthemen der Sicherheitskonferenz zählen die transatlantischen Beziehungen, die zunehmenden Spannungen zwischen Russland und dem Westen und die Krisen im Nahen Osten.
Zerschlagen aber nicht völlig besiegt
"Wir wissen, dass das physische Kalifat des IS in Syrien und Irak zerschlagen ist", sagte Von der Leyen nach dem Treffen an der Seite ihres US-Kollegen Patrick Shanahan. Die Kämpfer des IS seien aus den Gebieten gedrängt worden, die sie jahrelang besetzt gehalten und in denen sie die Bevölkerung terrorisiert hätten.
"Aber es bleibt festzuhalten, dass der IS zurzeit sein Gesicht ändert, stärker in den Untergrund geht und dort Netzwerke aufbaut auch mit anderen Terrorgruppen, zum Teil in einem globalen Netzwerk, das sie im Untergrund versuchen aufzubauen", sagte die Ministerin.
Nach Angaben der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) wurde der IS inzwischen in seine letzte Bastion im Osten Syriens auf eine Fläche von nur einem Quadratkilometer zurückgedrängt. Im Irak gilt er bereits als besiegt.
Bei dem Treffen der Verteidigungsminister in München wurde über die künftige Strategie im Umgang mit der Miliz beraten.
Wiederaufbau als Waffe gegen den Terror
Die USA planen einen schrittweisen Abzug ihrer Truppen aus Syrien und wollen mit ihren Nato-Verbündeten über eine mögliche Beobachter-Mission im Nordosten des Bürgerkriegslandes sprechen.
Pentagon-Chef Shanahan bekräftigte den Willen der USA zu einem weiteren Engagement in dem Bündnis zum Kampf gegen IS, bei konkreten Maßnahmen nach einem US-Truppenabzug blieb der amtierende Verteidigungsminister allerdings vage.
Während die Zeit der US-Bodentruppen im Nordosten Syriens zu Ende gehe, "bleiben die Vereinigten Staaten der Sache der Koalition verpflichtet, die dauerhafte Niederschlagung von Isis, sowohl in Nahost als auch darüber hinaus", sagte Shanahan. Er sprach von einem "taktischen Wandel", den die Koalition vollziehe.
Von der Leyen verwies auf den Strategiewechsel von einem "früher rein militärischen Kampf gegen den IS in der Fläche und zur Beendigung des Terrors jetzt zu einer nachhaltigen Stabilisierung der Region".
Wie sich im Irak bereits zeige, sei der Wiederaufbau die "beste Waffe gegen den Terror, die wir überhaupt haben, nämlich den Menschen eine Perspektive und eine Zukunft (...) zu geben".
2014 hatte der IS weite Teile Syriens und des Irak unter seine Kontrolle gebracht. Zu der internationalen Koalition von Staaten, die gegen den IS kämpft oder den Kampf unterstützt, gehören neben der Führungsmacht USA eine Reihe europäischer Länder, Australien und Kanada sowie mehrere arabische Staaten.
Von der Leyen fordert stärkere militärische Zusammenarbeit
Von der Leyen rief zu Beginn der Siko auch zu einer stärkeren militärischen Zusammenarbeit in Europa auf. Deutschland sei trotz eines schon gestiegenen Wehretats aber klar: "Wir wissen, dass wir noch mehr tun müssen. Gerade wir Deutschen."
Vor allem US-Präsident Donald Trump drängt Deutschland, den Verteidigungsetat in fünf Jahren auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufzustocken. Das würde Mehrausgaben in zweistelliger Milliardenhöhe bedeuten. Die Ministerin hatte zuvor erklärt, Deutschland habe die Rüstungsausgaben binnen sechs Jahren um 36 Prozent gesteigert. In München wird Trumps Vize Mike Pence erwartet.
Von der Leyen sprach vor ihrem britischen Amtskollegen Gavin Williamson und bekräftigte, dass beide Staaten ihre militärische Partnerschaft trotz des geplanten Brexits noch vertiefen wollten. Es gebe Unsicherheit, aber auch Chancen. Keinem Staat könne es allein gelingen, Bürger vor Risiken zu schützen. (dpa/afp/thp)
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