Großes Tauwetter oder nur kurze Atempause? Der Handelskonflikt zwischen Washington und Peking hat sich entspannt. Beide Seiten wollen wieder verhandeln. Die Finanzmärkte freuen sich. Doch für eine Entwarnung ist es wohl zu früh.
Nach der Eskalation folgt der Rückzieher: Angesichts drohender Preissteigerungen vor dem Weihnachtsgeschäft hat die US-Regierung eine Verschiebung neuer Strafzölle auf Elektronikgeräte und andere Importe aus China angekündigt. Mit dem Schritt hat US-Präsident
"Trotz der jüngst harschen Rhetorik schadet die Eskalation des Handelskriegs beiden, den USA und China", schrieb Analyst Steven Englander von der Bank Standard Chartered in New York. Die US-Handelskammer begrüßte das Einlenken der Regierung als "gute Nachricht für amerikanische Unternehmen und Verbraucher". Nun sei es wichtig, dass die beiden Länder ein "umfassendes und durchsetzbares" Handelsabkommen vereinbarten, sagte Vizepräsident Neil Bradley.
Sorge um Weihnachtsgeschäft
Die chinesische Seite habe in einem Gespräch am Dienstag signalisiert, mehr Agrarprodukte aus den USA zu kaufen, erklärte Trump nach der Verschiebung der Strafzölle. China hatte dies allerdings schon zuvor in Aussicht gestellt.
US-Handelsminister Wilbur Ross zufolge hat die Volksrepublik indes keine neuen Zugeständnisse gemacht. Die Verschiebung einiger Strafzölle auf chinesische Produkte bis Dezember sei nur mit der Sorge um das Weihnachtsgeschäft begründet, sagte Ross am Mittwoch im Gespräch mit dem Sender CNBC. Bislang gebe es auch noch keinen festen Plan, wie die Gespräche zu einem umfassenden Handelsabkommen weitergehen sollten. Beide Seiten wollten in den kommenden Wochen wieder telefonieren, für die ursprünglich geplante Verhandlungsrunde im September in Washington gebe es jedoch noch kein Datum, sagte Ross weiter.
Trumps frühes Weihnachtsgeschenk
Der von Trump Anfang August angekündigte Strafzoll von 10 Prozent auf chinesische Importe wird am 1. September in Kraft treten. Beliebte Verbrauchsgüter wie iPhones, Laptops, Turnschuhe und Spielzeug sollen jedoch erst ab 15. Dezember mit der Strafabgabe belegt werden. Trump erklärte, die Zölle seien aufgeschoben worden, "damit sie für die Weihnachtszeit nicht relevant sind". Die Logik scheint klar: Teurere Weihnachtsgeschenke machen keine Politiker beliebter.
Neben den bis Dezember ausgenommenen Konsumgütern würden bestimmte, für die Gesundheit oder die nationale Sicherheit wichtige Produkte permanent ausgeschlossen bleiben, erklärte das Büro des US-Handelsbeauftragten. Trump hatte ursprünglich gesagt, die Strafzölle würden auf Importe im Höhe von rund 300 Milliarden US-Dollar erhoben. Angesichts der Verschiebung und der Ausnahmen blieb zunächst unklar, welches Gesamtvolumen nun davon erfasst wird.
Trump drängt auf Einigung
China und die USA wollen ihre Handelsgespräche in zwei Wochen telefonisch wieder aufnehmen. Trump sagte, die jüngsten Gespräche seien "sehr produktiv" gewesen. China wolle unbedingt ein Handelsabkommen, sagte er. Die vorige Gesprächsrunde der beiden Staaten im Juli war ohne konkretes Ergebnis zu Ende gegangen, woraufhin Trump die neuen Strafzölle ankündigte. Trump wird auch künftig sicher weiter Druck machen und auf eine schnelle Einigung mit Peking drängen. Er befürchtet, die Chinesen spielen im Hinblick auf die US-Wahl im kommenden Jahr auf Zeit. Das will er nicht hinnehmen.
Der Handelskrieg war ursprünglich von der Verärgerung Trumps darüber ausgelöst worden, dass China weit mehr in die USA exportiert als umgekehrt. Der US-Präsident fordert eine Beseitigung von Marktschranken, kritisiert die Verletzung von Urheberrechten und den zwangsweisen Technologietransfer bei in China tätigen US-Unternehmen.
Brüssel reagiert
Die EU-Kommission sieht unterdessen die wegen der US-Handelspolitik auf Stahlimporte aus anderen Ländern verhängten Sonderabgaben als Erfolg an. Die Maßnahmen hätten im ersten Jahr im Großen und Ganzen gut funktioniert, erklärte die Brüsseler Behörde am Mittwoch. Einige Anpassungen seien aber vorgesehen.
Die Europäische Union sah sich mit erhöhten Stahlimporten aus anderen Ländern konfrontiert, nachdem US-Präsident Donald Trump im vergangenen Jahr Sonderzölle auf ausländische Stahlprodukte eingeführt hatte. Die EU führte daraufhin im Juli 2018 vorläufige Zusatzzölle von 25 Prozent auf mehr als 20 Arten von Stahlerzeugnissen ein, die wegen der US-Zölle zusätzlich in die EU umgelenkt wurden, etwa aus Ländern wie China.
Die Maßnahmen wurden im Februar 2019 für dauerhaft erklärt, nun schlug die EU-Kommission der Welthandelsorganisation (WTO) noch leichte Anpassungen vor, um sie effektiver zu machen. Dazu gehört unter anderem, die Liste der Produkte aus Entwicklungsländern, die von diesen Sonderabgaben ausgenommen sind, zu aktualisieren. © dpa
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