Selbst Israels engster Verbündeter USA drängt das Land immer stärker zu mehr Rücksicht auf die Zivilbevölkerung im Gazastreifen. US-Präsident Joe Biden hat Israel aufgefordert, beim militärischen Vorgehen im Gazastreifen die Zivilisten besser zu schützen. Der Tag im Überblick.
Knapp zehn Wochen nach Beginn des Gaza-Kriegs wächst der Druck auf Israel, bei seinem Vorgehen gegen die islamistische Hamas mehr Rücksicht auf die Zivilbevölkerung zu nehmen. Auch aus den USA, einem engen Verbündeten Israels, wird der Ton schärfer. Von einem Besuch des Nationalen Sicherheitsberaters der USA, Jake Sullivan, am Donnerstag in Israel erwarte man sich "äußerst ernste Gespräche", hieß es aus Washington.
Unterdessen ließ die Bundesanwaltschaft in Berlin und im niederländischen Rotterdam insgesamt vier mutmaßliche Mitglieder der islamistischen Hamas wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung festnehmen. Es gehe um Waffen, die für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden sollten, hieß es in einer Mitteilung.
Auch in Dänemark gab es nach Angaben des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad mehrere Festnahmen von Terrorverdächtigen mit Bezug zur islamistischen Hamas.
Die Kritik an Israel wird nicht nur wegen der vielen Kriegsopfer im Gazastreifen, sondern auch wegen der Gewalt durch israelische Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland lauter. Einem Bericht zufolge halten die USA bereits Waffenlieferungen zurück, aus Sorge, sie könnten in die Hände radikaler Siedler gelangen. Großbritanniens Außenminister David Cameron kündigte Einreiseverbote gegen radikale Siedler an.
In der Frage, wie es in Gaza nach dem Krieg weitergehen soll, tut sich ebenfalls eine Kluft zwischen Israel und seinen Verbündeten auf. Während eine Zweistaatenlösung international weiterhin als bester Weg zu einer friedlichen Koexistenz von Israelis und Palästinensern gilt, säten Vertreter der israelischen Regierung erneut Zweifel an einer solchen Lösung.
Biden ruft zum besonderen Schutz der Zivilbevölkerung auf
US-Präsident Joe
US-Sicherheitsberater Sullivan zu "ernsten Gesprächen" in Israel
Sullivan wollte am Donnerstag nach Angaben des Weißen Hauses mit Israels Premierminister
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hatte am Vortag Forderungen nach einer Waffenruhe mit deutlichen Worten zurückgewiesen. "Wir machen weiter bis zum Ende, bis zum Sieg, bis zur Zerstörung der Hamas, auch angesichts internationalen Drucks", sagte er am Mittwoch vor Soldaten nach einer Mitteilung des Regierungspresseamtes. "Nichts wird uns aufhalten."
Hamas-Anschläge auf jüdische Einrichtungen? - Festnahmen in Berlin
Wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung nahm die Bundesanwaltschaft in Berlin und im niederländischen Rotterdam insgesamt vier mutmaßliche Mitglieder der islamistischen Hamas fest.
Laut einer Mitteilung wurden in Berlin drei Männer festgenommen. Ein weiterer wurde in Rotterdam gefasst. Den Beschuldigten wird die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Einer der in Berlin ansässigen Beschuldigten soll von der Hamas damit beauftragt worden sein, ein Erddepot mit Waffen in Europa ausfindig zu machen, das die Organisation dort in der Vergangenheit angelegt habe. Die Waffen sollten demnach nach Berlin gebracht und für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden.
CNN: Gut 40 Prozent der israelischen Munition nicht präzisionsgelenkt
Einem Bericht des Nachrichtensenders CNN zufolge sind etwa 40 - 45 Prozent der von Israel im Gaza-Krieg abgeworfenen Luft-Boden-Munition nicht präzisionsgelenkt. Der US-Sender bezog sich bei seinen Angaben auf Geheimdienstinformationen. Israel habe seit dem 7. Oktober insgesamt rund 29 000 Stück Munition gegen Ziele am Boden eingesetzt. Ungelenkte Munition sei in der Regel weniger präzise und könne eine größere Gefahr für die Zivilbevölkerung darstellen, hieß es in dem Bericht. US-Präsident Joe Biden hatte zuvor kritisiert, Israel beginne durch sein "willkürliches Bombardement" an Unterstützung zu verlieren.
Auslöser des Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Mehr als 1200 Menschen wurden dabei getötet und rund 240 Geiseln nach Gaza verschleppt. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und begann Ende Oktober mit einer Bodenoffensive. Nach Angaben der Hamas kamen bisher rund 18 000 Menschen im Gazastreifen ums Leben.
Bericht: USA halten Waffen für Israel wegen radikaler Siedler zurück
Die USA zögern einem Zeitungsbericht zufolge mit einer Lieferung von mehr als 27 000 Gewehren, die für Israels Polizei bestimmt sind. Die Regierung habe Bedenken, dass die Waffen auch in die Hände radikaler Siedler im Westjordanland gelangen könnten, schrieb das "Wall Street Journal" am Donnerstag (Ortszeit) unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsbeamte. Die bisherigen Zusicherungen Israels, dass die Gewehre nur bei der Polizei verblieben, reichten demnach nicht aus. Das US-Außenministerium habe deshalb konkrete Schritte gefordert, mit denen die von Siedlern im Westjordanland ausgehende Gewalt gegen Palästinenser eingedämmt werde, so die Zeitung.
Israelische Botschafterin in London: Keine Zweistaatenlösung
Die israelische Botschafterin im Vereinigten Königreich, Tzipi Hotovely, schließt eine Zweistaatenlösung im Anschluss an den Krieg in Gaza aus. In einem Interview mit dem britischen Nachrichtensender Sky News sagte sie auf mehrfache Nachfrage, eine Zweistaatenlösung komme "absolut nicht" infrage für die Zeit nach dem Gazakrieg. Der israelische Minister für soziale Gleichheit, Amichai Chikli, von der Regierungspartei Likud schloss sogar die Errichtung von israelischen Siedlungen im Gazastreifen nicht aus.
Bericht: Israel bittet Ägypten um Vermittlung für Geisel-Deal
Israel bat einem Medienbericht zufolge Ägypten um die Vermittlung eines neuen Geisel-Deals mit der Hamas und der Aushandlung einer Feuerpause. Teil eines solchen Abkommens solle auch eine Feuerpause im Gazastreifen und in Israel sein, berichtete die arabischsprachige Zeitung Al Arabi Al Dschadid am Donnerstag.
Die Hamas bestätigte, Vermittler seien in "ernsthaften Gesprächen über eine Feuerpause". Ein hochrangiger Hamas-Funktionär sagte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag, es werde keinen Austausch von Geiseln und Gefangenen geben, bevor eine Waffenruhe in Kraft trete.
Bereits Ende November vereinbarten Israel und die islamistische Hamas unter Vermittlung Ägyptens und Katars eine einwöchige Feuerpause, in deren Verlauf 105 von der Hamas und anderen Gruppen in den Gazastreifen verschleppte Geiseln freikamen. (dpa/cgo)
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