Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat die Armee angewiesen, vor einem möglichen Einsatz in Rafah einen Plan zur Evakuierung der Zivilbevölkerung aus der Stadt auszuarbeiten. Die Armee solle der Regierung einen "kombinierten Plan zur Evakuierung der Bevölkerung und zur Zerstörung der Bataillone" der radikalislamischen Hamas in Rafah vorlegen, teilte das Büro des Ministerpräsidenten am Freitag mit. US-Präsident Joe Biden hatte das Vorgehen der israelischen Armee zuvor als "überzogen" kritisiert.
Es sei "unmöglich, das Kriegsziel zu erreichen, ohne die Hamas zu zerschlagen und vier Hamas-Bataillone in Rafah zu belassen", erklärte
Der mittlerweile seit vier Monaten andauernde Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas hat die humanitäre Krise im Gazastreifen dramatisch verschärft. In der Stadt im Süden des Gazastreifens haben seit Beginn des Kriegs mehr als eine Million palästinensische Binnenflüchtlinge Zuflucht vor den Kämpfen gesucht. Nach UN-Angaben halten sich in der einst 200.000 Einwohner zählenden Stadt an der ägyptischen Grenze inzwischen mehr als 1,3 Millionen palästinensische Binnenflüchtlinge auf.
Biden nennt Israels Vorgehen "überzogen"
Vor der Ankündigung Netanjahus hatte US-Präsident
Jede Großoffensive der israelischen Armee in Rafah werde die "endlose Tragödie", die sich dort abspiele, verschlimmern, warnte auch der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), Philippe Lazzarini, am Freitag. Das UN-Palästinenserhilfswerk war zuletzt wegen der mutmaßlichen Beteiligung einiger Mitarbeiter im Gazastreifen an dem beispiellosen Hamas-Angriff auf Israel massiv in die Kritik geraten.
Die Hamas hatte den Krieg am 7. Oktober mit ihrem brutalen Überfall auf Israel ausgelöst. Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas und weiterer militanter Palästinensergruppen Israel drangen am 7. Oktober in israelische Orte ein und verübten Massaker an Zivilisten. Sie töteten israelischen Angaben zufolge etwa 1160 Menschen, darunter viele Zivilisten. Rund 250 Menschen wurden zudem als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Hamas spricht von 27.900 Toten
Als Reaktion auf den Angriff startete Israel einen massiven Militäreinsatz im Gazastreifen. Nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem mehr als 27.900 Menschen getötet.
Unterdessen gab der Palästinensische Rote Halbmond an, israelische Soldaten hätten ein Krankenhaus in Chan Junis im Süden des Gazastreifens gestürmt. Die israelischen Streitkräfte hätten im Krankenhaus Al-Amal mit einer Durchsuchung begonnen, erklärte die palästinensische Organisation am Freitag. Die israelische Armee reagierte zunächst nicht auf eine AFP-Anfrage zu den Behauptungen.
Israel rückt im südlichen Teil des Gazastreifens vor
Hinsichtlich der Kämpfe in Chan Junis teilt die Armee mit, ihre Einheiten hätten am Vortag in der größten Stadt des südlichen Gazastreifens "15 Terroristen ausgeschaltet". Kämpfe gab es demnach auch im Zentrum und Norden des von der Hamas kontrollierten Palästinensergebiets.
Zuletzt war der südliche Gazastreifen verstärkt in den Fokus der israelischen Armee gerückt. In den Gebieten östlich von Rafah und der Hamas-Hochburg Chan Junis vermutet Israel die Verstecke hochrangiger Hamas-Funktionäre.
Zuletzt hatte die Armee eigenen Angaben zufolge einen "strategischen Tunnel" der Hamas als Teil eines ausgedehnten unterirdischen Netzwerks "im Herzen eines zivilen Gebiets" in Chan Junis entdeckt, in dem auch Geiseln festgehalten worden seien. (mss/afp)
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