Nach den Worten des israelischen Verteidigungsministers Joav Gallant soll die israelische Armee auch nach Rafah in den südlichsten Teil des Gazastreifens vordringen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin wies Israel auf die Verpflichtung zum effektiven Schutz von Zivilisten hin.
Vor dem Hintergrund der Gespräche über eine mögliche neue Feuerpause im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas hat der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant eine Ausweitung der Kämpfe auf die Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten angedeutet. Die Hamas-Einheiten in Rafah würden ebenso "aufgelöst" werden wie in Chan Junis, sagte Gallant bei einem Besuch israelischer Soldaten im Gazastreifen. Die deutsche Bundesregierung rief Israel am Freitag zur Mäßigung beim Vorgehen im südlichen Gazastreifen auf.
Gallant sagte, inzwischen seien "10.000 Terroristen" der Hamas getötet worden. Weitere 10.000 Hamas-Kämpfer seien verletzt und deswegen kampfunfähig. Gallant sprach von einem "harten Schlag" gegen die Palästinenserorganisation. "Dieser Krieg verlangt nationale Widerstandsfähigkeit und Entschlossenheit, und wir müssen durchhalten, bis wir unsere Missionen abgeschlossen haben", sagte der Verteidigungsminister weiter.
Israelische Angriffe im Süden und Zentrum des Gazastreifens
Augenzeugen berichteten von israelischen Angriffen im Süden und im Zentrum des Gazastreifens in der Nacht zum Freitag. Betroffen war unter anderem die Stadt Chan Junis, auf die sich der israelische Militäreinsatz in den vergangenen Wochen konzentriert hat. Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium erklärte, in den vergangenen 24 Stunden seien 112 Menschen getötet worden.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte zu einer möglichen Ausweitung der Kämpfe im Gazastreifen: "Sollten tatsächlich die Kämpfe in Rafah intensiviert werden, so gilt die Verpflichtung zum effektiven Schutz von Zivilisten." Er verwies auf Schätzungen, wonach "ungefähr 1,1 bis 1,3 Millionen Menschen in Rafah auf engstem Raum und unter prekären Bedingungen" lebten. "Es ist nicht offensichtlich, dass sie jetzt noch an einen anderen Ort fliehen könnten."
Derweil laufen die Bemühungen für eine zweite Feuerpause, die zu einer Freilassung weiterer Geiseln der Hamas führen soll. Der Vermittler Katar erklärte am Donnerstag zwar, die Hamas habe "positiv" auf einen entsprechenden Vorschlag reagiert. Aus Hamas-Kreisen hingegen verlautete, dass es noch keinen Konsens gebe. Die Erklärung Katars sei voreilig und falsch.
Beratungen über Feuerpause
Vertreter der USA, Israels, Katars und Ägyptens hatten am Wochenende in Paris über ein Abkommen beraten, das im Gegenzug für eine Feuerpause die Freilassung von israelischen Geiseln aus der Gewalt der Hamas im Gazastreifen vorsieht. Außerdem sollen palästinensische Inhaftierte aus israelischen Gefängnissen freikommen und große Mengen Hilfsgüter in den Gazastreifen gebracht werden.
In Tel Aviv versammelten sich am Donnerstagabend Demonstranten, um die Freilassung der verbliebenen israelischen Geiseln zu fordern. Auf Plakaten waren Bilder von Geiseln zu sehen, aber auch Slogans wie "Schluss mit dem Blutvergießen". Aktivistin Moran Zer Katzenstein argumentierte, "der einzige Weg" für eine sofortige Heimkehr der Geiseln sei "ein Abkommen".
Unterdessen bestellte die belgische Regierung die israelische Botschafterin in dem Land ein. Die belgische Außenministerin Caroline Gennez begründete dies im Onlinedienst X, vormals Twitter, damit, dass die Büros der belgischen Entwicklungshilfeagentur Enabel im Gazastreifen "bombardiert und zerstört" worden seien. "Zivile Gebäude ins Visier zu nehmen ist inakzeptabel", schrieb Gennez.
Der Gazakrieg war am 7. Oktober durch den Überfall der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas auf Israel ausgelöst worden. Nach einer AFP-Zählung auf Grundlage von israelischen Daten wurden bei den Angriffen mehr als 1.160 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln verschleppt.
Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Nach jüngsten Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden seit Kriegsbeginn mehr als 27.100 Menschen im Gazastreifen getötet. (AFP/tas)
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