US-Präsident Donald Trump zelebriert das historische Abkommen zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Bahrains mit Israel. Doch ist es wirklich ein so großer Durchbruch, wie er behauptet?
Bei
Israels Ministerpräsident
Trump verkündete, die Abkommen würden zur "Grundlage eines umfassenden Friedens in der gesamten Region" werden. Mit etwa "fünf oder sechs" weiteren arabischen Ländern seien die Gespräche über eine Annäherung an Israel bereits sehr weit. "Ich glaube, Israel ist nicht mehr isoliert", betonte der US-Präsident. Auch Netanjahu sprach von einer "Morgendämmerung des Friedens". Die Abkommen könnten letztlich zur endgültigen Beilegung des arabisch-israelischen Konflikts führen, sagte er.
Und Trumps Nationaler Sicherheitsberater Robert Charles O’Brien bezeichnete seinen Chef im Interview mit dem US-Sender Fox gar als "größten Deal-Maker der Geschichte". Doch sind die Übereinkünfte wirklich ein so großer Durchbruch? Wie nachhaltig ist das Ganze? Und was folgt überhaupt aus den Abkommen?
Gemeinsame Feindschaft verbindet
Aus den Vertragstexten geht laut "New York Times" hervor, dass die drei Länder Botschaften eröffnen werden. Die Golfstaaten versprechen sich von den Abkommen vor allem wirtschaftliche Vorteile in den Bereichen Tourismus, Technologie und Energie. Und sie schmieden mit Israel eine Allianz gegen den Iran.
Die Emirate und Bahrain eint mit Israel die Feindschaft zur islamischen Republik. Hier täten sich Gegner Irans zusammen, "um sich ihm politisch und militärisch entgegenzustellen und zu verhindern, dass Teheran Atomwaffen entwickelt", schreibt der Nahost-Experte Guido Steinberger in einer Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Das Königreich Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate mit ihren schillernden Metropolen Dubai und Abu Dhabi sehen sich von dem schiitischen Nachbarn auf der anderen Seite des Golfs bedroht. Für Israel ist das iranische Atomprogramm eine existenzielle Bedrohung.
Durch die Abkommen wird es mit Ägypten und Jordanien sowie nun den VAE und Bahrain vier arabische Länder geben, die diplomatische Beziehungen zu Israel unterhalten. Im Gegenzug will Israel die Annektierung von Gebieten im besetzten Westjordanland aussetzen, das die Palästinenser für einen eigenen Staat beanspruchen.
Die fühlen sich allerdings durch das Vorgehen der Emirate und Bahrains verraten. Die Abkommen selbst klammern das Schicksal der Palästinenser weitestgehend aus. Ganz allgemein wird nur eine "gerechte, umfassende und dauerhafte Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts" gefordert.
Trump selbst will zumindest später auch die Palästinenser einbeziehen: "Ich versichere, dass die Palästinenser zu gegebener Zeit Teil eines Abkommens sein werden."
Antwort auf das Abkommen: Raketen auf Israel
Die Reaktion auf das Abkommen folgte allerdings umso prompter: Aus dem Gazastreifen wurden noch am Dienstagabend mindestens zwei Raketen auf Israel abgefeuert.
Für diese Angriffe übernahm zunächst niemand die Verantwortung. Die israelischen Streitkräfte wiesen der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas die Verantwortung zu und reagierten nach eigenen Angaben am Mittwochmorgen ihrerseits mit Gegenangriffen auf Militärposten im Gazastreifen.
Die Vereinbarungen selbst werden von den Palästinensern vehement kritisiert. So erklärte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, ohne ein Ende der israelischen Besatzung in den Palästinensergebieten gebe es keinen Frieden. Die Palästinenser fürchten, dass ihr Streben nach einem eigenen Staat zunehmend an Unterstützung in der arabischen Welt verliert.
Weitere Übereinkünfte in weiter Ferne
Aus Sicht des US-Diplomaten Dennis B. Ross, selbst in den 1990er Jahren Unterhändler im Nahost-Friedensprozess, sind die nun unterzeichneten Abkommen durchaus "bedeutsam". Sie verdeutlichen, dass die Macht der Palästinenser in der Region beschränkt sei und sie "eine offene Zusammenarbeit mit Israel nicht verhindern können", wie Ross der "New York Times" sagte.
Allerdings betont er, dass sich sowohl die Vereinigten Arabischen Emiraten als auch Bahrain nicht im Kriegszustand mit Israel befinden und bereits insgeheim mit dem Land zusammengearbeitet haben. Anders als von Trump am Dienstag verlautbart, sind also zeitnah ähnliche Annäherungsprozesse mit anderen Staaten im Nahen Osten eher nicht zu erwarten.
Dazu kommt: Eine Übereinkunft zwischen Israel und den Palästinensern oder gar ein Friedensvertrag ist nach wie vor in weiter Ferne.
"Diese Abkommen befassen sich weder mit Israels grundlegenden Konflikt mit seinen Nachbarn noch mit Israels langfristiger Herausforderung, wie es seine Sicherheit und seinen jüdischen und demokratischen Charakter aufrechterhalten und gleichzeitig volle regionale Anerkennung und internationale Akzeptanz erlangen kann", erklärte Jeremy Ben-Ami auf Twitter. Er ist Präsident der liberalen US-Organisation J Street, die sich um eine friedliche und diplomatische Lösung im arabisch-israelischen und israelisch-palästinensischen Konflikt bemüht.
Ben-Amis Sicht lobte zwar den grundsätzlichen Fortschritt, der von den beschlossenen zwischenstaatlichen Normalisierungen ausgeht. Dennoch handele es sich aus seiner Sicht "eher um einen Buisness-Deal: 'Interessen für Interessen'".
Viele der ölreichen Golfstaaten hatten in den vergangenen Jahren bereits in aller Stille Beziehungen zu Israel gepflegt. Mit der offiziellen Normalisierung sollen die Wirtschaftsbeziehungen nun erst richtig florieren.
Trumps zweifelhaften außenpolitische Erfolge
Der US-Präsident hatte die Einigung zwischen den Emiraten und Israel Mitte August bekannt gegeben. Am vergangenen Freitag folgte dann die Einigung zwischen Israel und Bahrain.
Trump engagiert sich seit langem dafür, die weitgehende Isolation Israels in der arabischen Welt aufzubrechen. Für ihn kommt der jetzige Erfolg zur rechten Zeit: Am 3. November, in weniger als zwei Monaten, will er sich bei der US-Präsidentschaftswahl für eine zweite Amtszeit wählen lassen.
Außenpolitisch wirbt er dabei besonders mit seinem Engagement für Israel. Auf anderen Feldern ist ihm bislang aber kein Durchbruch gelungen: Die angestrebte nukleare Abrüstung Nordkoreas hat Trump trotz seiner umstrittenen Annäherung an Machthaber Kim Jong Un nicht erreicht. Die US-Beteiligung an den "endlosen Kriegen" besonders in Afghanistan und im Irak konnte er reduzieren, aber nicht beenden. Aus dem Atomabkommen mit dem Iran zog er die USA zwar zurück. Eine Lösung für den Konflikt mit Teheran hat er aber nicht. (dpa/afp/mf)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.