Nach der Kriegsrhetorik im vergangenen Jahr haben Nord- und Südkorea vor den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang einen Entspannungskurs begonnen. Welche Rolle dabei Olympia spielt, welche Chancen sich der Region dadurch bieten – und was Donald Trump damit zu tun hat.
Im vergangenen Jahr herrschten starke Spannungen auf der koreanischen Halbinsel. US-Präsident
Kurz vor den Olympischen Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang zeichnet sich nun eine politische Annäherung ab – zumindest zwischen den verfeindeten Staaten Nord- und Südkorea.
Unsere Redaktion fragte den Korea-Experten Rüdiger Frank, wie die aktuellen Entspannungsbemühungen einzuordnen sind.
Was sind die Motive für die aktuelle Entspannungsphase im Koreakonflikt? Und wie aufrichtig sind sie? Der Anstoß von Kim Jong Un kam ja durchaus überraschend ...
Rüdiger Frank: Nordkorea hat das langfristige strategische Ziel der Wiedervereinigung, auch wenn sich das derzeit unrealistisch anhört. Dazu muss Kim seinen eigenen Leuten und auch dem Süden ab und zu signalisieren, dass er interessiert und auch aktiv ist.
Hinzu kommt der Versuch, Südkoreas momentane Schwäche – die wollen ja friedliche und störungsfreie Spiele – auszunutzen, um möglichst viel Entgegenkommen zu erreichen. Das können Wirtschaftshilfen sein, eine Wiederaufnahme des innerkoreanischen Tourismus, und Druck auf die USA wegen der Militärmanöver.
Präsident Moon in Südkorea wiederum braucht einen innerkoreanischen Erfolg. Er ist ja unter anderem gewählt worden, weil die Menschen mit der harten Haltung seiner zwei Vorgänger unzufrieden waren.
Welche Rolle spielt Olympia?
Olympia ist Mittel zum Zweck. Ab März werden die Spiele innerkoreanisch keine Rolle mehr spielen, auch wenn Kim Jong Un im Gegensatz zu seinen Vorgängern doch sehr deutlich auch auf die Nutzung des Sports als Mittel der Politik setzt.
Nach Olympia könnte es also ähnliche Versuche bei weiteren Sportereignissen geben – auch in Drittländern.
Inwiefern kann man die aktuelle Entwicklung mit Südkoreas auf Versöhnung abzielende Sonnenschein-Politik Anfang der 2000er Jahre vergleichen? Ist gegenwärtig ein ähnlicher Ansatz überhaupt denkbar?
Sonnenschein begann 2000, da war Bill Clinton Präsident in den USA. Das sieht inzwischen sehr anders aus. Allein deshalb ist Sonnenschein derzeit keine realistische Option.
Andererseits haben beide Koreas das Problem, mit den aktuellen Verschiebungen im globalen Machtgefüge umzugehen. Eine Wiedervereinigung ist für beide in strategischem Interesse, denn diese würde Korea stärker machen.
Aber das ist auch schon alles; über die Wege dahin und wie das aussehen soll, dazu gibt es sehr gegensätzliche Haltungen.
Welche Rolle spielt der internationale Druck – gerade auch von China – auf Nordkorea?
Nordkorea verfolgt etwas, das man bilateralen Multilateralismus nennen könnte. Wenn es mit einem Partner nicht so gut läuft, wendet man sich einem anderen zu. Derzeit ist die Beziehung zu China nicht so toll, also soll es Südkorea richten.
Das kann aber auch schnell wieder vorbei sein. Auch eine Offerte an die USA ist denkbar.
Donald Trump will die aktuellen Geschehnisse für sich nutzen – und sagt, auch seine Drohgebärden würden dazu führen, dass Kim Jong Un nun auf Entspannung mit Südkorea setzt. Stimmt das?
Erfolg hat viele Väter. Wobei wir ja noch sehen müssen, ob es wirklich einen Erfolg geben wird.
Fakt ist, dass die Sanktionen Nordkorea schwer schaden. Aber zu einem wirklichen Einlenken und einem Abbau des Atomwaffenprogramms werden sie nicht führen, ebenso wenig wie es die Abkommen vom September 2005 oder vom Februar 2012 konnten.
Da hätte tatsächlich eher die Sonnenschein-Politik eine Chance. Doch dafür passen die Bedingungen momentan nicht.
Immer wieder gibt es Gerüchte über Spannungen im nordkoreanischen Regime. Eine Einschätzung ihrerseits: Wie fest sitzt Kim Jong Un im Sattel, wie lange wird er sich noch halten und wie realistisch ist eine Ende des gesellschaftspolitischen Steinzeitalters in Nordkorea?
Da ich das Ende der DDR nicht habe kommen sehen, will ich hier lieber vorsichtig sein mit Vorhersagen.
Allerdings hat Nordkorea den Tod von Kim Il Sung und später eine Hungersnot überlebt. Das System ist zäh.
Die enge Verknüpfung des Regimes mit dem koreanischen Nationalismus spielt hier eine große Rolle. Externe Bedrohung hilft dem Regime eher, und daran ist derzeit kein Mangel. Natürlich ist in einem so monolithischen System wie Nordkorea ein rapider Wandel möglich, es sieht aber derzeit nicht danach aus.
Befürchten Sie, dass eine ernsthafte Entspannung in Korea von den USA unter Donald Trump torpediert werden könnte?
Die USA haben schon lange eine wenig kompromissbereite Haltung, auch seinerzeit unter dem Friedensnobelpreisträger; das hat wenig mit Herrn Trump zu tun.
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