Eigentlich mischen sich ehemalige US-Präsidenten nicht in die Arbeit des Nachfolgers ein - und schon gar nicht in Wahlkämpfe. Barack Obama ist davon jetzt abgerückt. Er übt scharfe Kritik an der Trump-Regierung und fordert die Wähler auf, den Präsidenten bei den Zwischenwahlen abzustrafen.
Ex-Präsident
In einem ungewöhnlichen Schritt zwei Monate vor den Kongresswahlen übte der frühere Präsident am Freitag in einer Rede vor Studenten in Urbana-Champaign im US-Bundesstaat Illinois scharfe Kritik an der Trump-Regierung.
Obama sagte, auch wer mit ihm politisch nicht übereinstimme, "sollte dennoch besorgt sein über unseren derzeitigen Kurs und sollte dennoch die Wiederherstellung von Ehrlichkeit, Anstand und Rechtmäßigkeit in unserer Regierung sehen wollen".
Trump greift seinen Vorgänger regelmäßig an. Obama hält sich normalerweise aber mit Kritik an Trump zurück. Trump spottete am Freitag bei einem Auftritt in Fargo im US-Bundesstaat North Dakota über Obamas Rede. "Ich bin eingeschlafen", sagte Trump.
Trump nur ein Symptom
Obama warnte vor "den Mächtigen und den Privilegierten, die uns gespalten halten wollen und uns wütend und zynisch halten wollen, weil es ihnen hilft, den Status quo zu wahren und ihre Macht und ihre Privilegien zu behalten."
Er fügte hinzu: "Es hat nicht mit Donald Trump angefangen. Er ist ein Symptom, nicht die Ursache. Er zieht nur seinen Nutzen aus Feindseligkeiten, die Politiker seit Jahren angeheizt haben."
Obama rief seine Zuhörer dazu auf, bei den Wahlen im November ihre Stimme abzugeben. Mit Blick auf die zweijährige Amtszeit Trumps sagte er: "Wenn Ihr denkt, dass Wahlen keine Rolle spielen, dann hoffe ich, dass die vergangenen zwei Jahre diesen Eindruck korrigiert haben." Obama fügte hinzu: "Ihr müsst mehr machen, als einen Hashtag zu retweeten. Ihr müsst wählen."
Appell gegen Tyrannei und Diskriminierung
Bei den Wahlen im November werden das Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. Die Abstimmung gilt als wichtiger Stimmungstest für die Regierung des Republikaners Trump. Der Präsident befürchtet, die Republikaner könnten ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus an die Demokraten verlieren.
Obama sagte in Anspielung auf Trump, über Parteigrenzen hinweg sollte klar sein, dass der Generalstaatsanwalt nicht dazu gedrängt werden dürfe, politische Gegner zu bestrafen oder Angehörige der eigenen Partei zu schützen. "Es sollte nicht demokratisch oder republikanisch sein zu sagen, wir bedrohen die Freiheit der Presse nicht, weil sie Dinge sagen oder Geschichten publizieren, die sie nicht mögen".
Auch habe es nichts mit Parteizugehörigkeit zu tun, "dass wir sagen, wir nehmen keine bestimmten Menschengruppen auf der Basis ins Visier, wie sie aussehen oder wie sie beten. Wir sind Amerikaner. Wir sollen Tyrannen die Stirn bieten, nicht ihnen folgen. Wir sollen Diskriminierung die Stirn bieten. Und wir sollen ganz sicher klar und eindeutig Nazi-Sympathisanten die Stirn bieten! Wie schwierig kann es sein zu sagen, dass Nazis schlecht sind!"
Nach den tödlichen Protesten in Charlottesville vor einem Jahr war Trump dafür kritisiert worden, rechtsextreme Gewalt nicht eindeutig verurteilt zu haben. Es habe auf beiden Seiten der Demonstranten auch "sehr gute Menschen" gegeben, hatte er damals gesagt.
Obama spielte zudem auf Trumps Einreiseverbot für Menschen aus bestimmten muslimischen Staaten, Trumps Feindseligkeit gegenüber kritischen Medien und Trumps Druck auf Generalstaatsanwalt Jeff Sessions an. (br/dpa)
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