Frankreich droht eine politische Krise: Ein Misstrauensvotum könnte die Regierung stürzen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

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Nicht einmal drei Monate ist die neue französische Regierung unter Premierminister Michael Barnier im Amt, schon droht ihr das Aus. Der Grund: Der Streit um den geplanten Sparhaushalt Barniers eskalierte. Nun wollen die Abgeordneten der Nationalversammlung über einen Misstrauensantrag gegen die ohnehin fragile Regierung abstimmen.

Wann wird abgestimmt?

Zwischen Antrag und Abstimmung müssen mindestens 48 Stunden liegen, demnach ist die Abstimmung frühestens in zwei Tagen möglich. Spätestens drei Sitzungstage nach Verstreichen der Frist müssen die Abgeordneten in der Nationalversammlung dann über den Antrag debattieren und abstimmen.

Welcher Ausgang des Votums wird erwartet?

Erwartet wird, dass eine Mehrheit der Abgeordneten der Regierung das Vertrauen entzieht. Das würde bedeuten, dass die Regierung gestürzt werden würde. Das linke Lager aus Kommunisten, Grünen, Sozialisten und Linken hatte einen Antrag eingereicht. Ihre Stimmen gelten als relativ sicher. Die Rechtsnationalen um Marine Le Pen hatten die Regierung zunächst geduldet.

Nun aber kündigte Le Pen an, ebenfalls einen Misstrauensantrag zu stellen und dem des linken Lagers außerdem zuzustimmen. Zusammen erreichen die Oppositionsparteien die nötige absolute Mehrheit von 289 Stimmen. Wie das Votum am Ende tatsächlich ausgehen wird, bleibt allerdings abzuwarten.

Betrifft das Votum auch Präsident Emmanuel Macron?

Nein. Das Misstrauensvotum gilt nur für die Regierung. Präsident Emmanuel Macron ist nicht Teil des Kabinetts. Aber: Ein Regierungssturz würde auch ihn unter Druck setzen. Denn er hatte Premier Michel Barnier ernannt und sein Mitte-Lager regiert mit. Le Pen und die Linke hoffen möglicherweise darauf, Macron mit dem Regierungssturz zu einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl zu bewegen. Eigentlich steht das Votum erst 2027 an. Macron kann nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten.

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Auch Frankreichs Präsident Macron schloss ein vorzeitiges Ende seiner bis 2027 terminierten Amtszeit aus.

Kommen in Frankreich jetzt also wieder Wahlen?

Neue Parlamentswahlen wird es auch mit einem Regierungssturz nicht geben. Zur Erinnerung: Macron hatte die Nationalversammlung im Frühjahr aufgelöst und Neuwahlen einberufen. Abermalige Wahlen sind erst ein Jahr nach der zweiten Wahlrunde wieder möglich, also im Juli. Auch ein Regierungssturz würde also nichts an den komplizierten Verhältnissen ändern. Derzeit haben weder die Mitte-Kräfte noch das linke Lager noch die Rechtsnationalen und ihre Verbündeten eine eigene Mehrheit in der Parlamentskammer.

Steht Frankreich dann bald ohne Regierung da?

Ist das Misstrauensvotum wie erwartet erfolgreich, muss Premier Barnier bei Präsident Macron seinen Rücktritt und den Rücktritt der Regierung einreichen. Die Ministerinnen und Minister dürfte Macron dann aber geschäftsführend im Amt lassen, bis es eine neue Regierung gibt. Sie könnten sich dann um wichtige laufende Angelegenheiten kümmern, nicht aber neue Initiativen anstoßen.

Was heißt das für das Land?

Auch mit einem geschäftsführenden Kabinett würde ein Regierungssturz Frankreich erneut in eine politische Krise stürzen. Schon im Sommer war die Regierungsfindung äußert kompliziert und langwierig. Letztlich konnte mit der Barnier-Regierung nur ein geduldetes Kabinett ohne eigene Mehrheit gefunden werden.

Die Situation dürfte bei gleichbleibenden Kräfteverhältnissen nun nicht leichter werden. Hinzu kommt, dass der Haushalt für das kommende Jahr noch nicht verabschiedet wurde. Zwar droht in Frankreich kein Shutdown wie in den USA. Mit den notwendigen anvisierten Sparplänen wird es ohne Regierung jedoch schwierig.

Was bedeutet das für Europa?

Frankreich und Deutschland gelten als die Motoren der EU – beide Länder stecken aktuell in einer Regierungskrise. Für die Europäische Union ist das kein gutes Zeichen. Problematisch dürfte das besonders dann werden, wenn Donald Trump erneut ins Weiße Haus einzieht und an der Spitze der USA Europa unter Druck setzt, erklärte Jacob Ross von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik beim ZDF. (dpa/ bearbeitet durch ras)

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