Die Ukraine hat gewählt und der neue starke Mann heißt Petro Poroschenko. Doch wer ist der neue Mann am Ruder? Und welche Politik ist von dem Milliardär zu erwarten?

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Nach dem Volksaufstand auf dem Maidan ist es nun doch wieder ein Multimillionär, der die Geschicke der Ukraine in den kommenden Jahren lenken soll. Als einer der zehn reichsten Männer des Landes - mit einem geschätzten Privatvermögen von über 1,6 Milliarden Dollar - taugt er nicht unbedingt als Symbolfigur der Maidan-Bewegung. Und während im westlichen Teil des Landes die Zeichen auf vorsichtiger Entspannung stehen, scheint der Ostteil weiter unkontrollierbar.

Politische Erfahrung hat der pro-westlich ausgerichtete Schokoladen-Fabrikant jedenfalls. Unter den vorherigen Präsidenten war er als Außen- und Wirtschaftsminister tätig, seit Jahrzehnten mischt er in der Politik mit. Dass ausgerechnet einer der Superreichen die Nachfolge des gestürzten Viktor Janukowisch antritt, wird vielen der Maidan-Aktivisten sauer aufstoßen. Letztlich war es jedoch seine Bekanntheit, und der Versuch, eine neue Präsidentschaft von Julia Timoschenko zu verhindern, die ihm letztlich ins Amt geholfen haben. Am meisten dürfte er jedoch davon profitiert haben, dass die Mehrheit der Ukrainer sich nach einer Normalisierung des Alltags sehnen - und das dem erfahrenen Politiker am ehesten zutrauen.

Poroschenko - der Vermittler

Politisch gilt Poroschenko eher als Vermittler, der aber durchaus seine eigenen Zielen umzusetzen weiß. So verwundert es nicht, dass er gleich nach der gewonnen Wahl seinen pro-europäischen Kurs unterstrich und Russland Gesprächsbereitschaft signalisierte. Hasstiraden gegen die Macht im Osten oder Putin sind von Poroschenko kaum zu erwarten, wie und ob er der komplizierten Lage Herr werden kann, bleibt dennoch abzuwarten.

Dass Poroschenko durchaus auch in der Lage ist, den eigenen Kurs gegen Widerstände durchzuhalten, zeigt der Blick in die Vergangenheit. Gegen den teils massiven Druck Russlands hatte der als gemäßigt geltende neue Präsident das Assoziierungsabkommen mit der EU zu Teilen mit ausgearbeitet und vorangetrieben. Auch geschäftliche Verluste durch russische Sanktionen konnten ihn nicht von diesem Weg abbringen.

Seine Milliarden hat der 48-Jährige mit seinem Schokoladenimperium gemacht. Die Pralinen der Marke "Roshen" - der Mittelteil des Namens Poroschenko - ist weit über die Grenzen der Ukraine hinaus ein Begriff und hat ihm den Spitznamen "Schokoladenkönig" eingebracht. Mittlerweile machen Pralinen und anderes Naschwerk nur noch einen Teil von Poroschenkos Besitz aus. Auch in Medienunternehmen, einer Werft und dem Handel mit Samen und Korn ist er engagiert.

Seine Milliarden dürften dafür sorgen, dass Poroschenko zumindest nicht käuflich ist. Ob er die Herkulesaufgabe eines Friedens mit Russland und die Eindämmung der Separatisten im Ostteil des Landes meistern wird, muss jedoch die Zeit zeigen. Und obwohl auch Russland Gesprächsbereitschaft signalisiert hat, wird das Verhältnis zum großen Bruder im Osten sicherlich noch lange für Zündstoff sorgen.

Poroschenko erkennt Krim-Annexion nicht an

So hat Poroschenko gleich nach der Wahl angedeutet, die Übernahme der Krim durch Russland nicht anzuerkennen. Zugleich wurde bekannt, dass die Separatisten am Wochenende die Wahlen teils massiv behindert und am Montag die Schließung des Donezker Flughafens erzwungen hatten. Welchen Weg er im Umgang mit den vermutlich von Russland gelenkten Aufständischen einschlagen wird - Zuckerbrot oder Peitsche - scheint bisher ungewiss, beides ist jedoch denkbar.

Auch finanziell ist das Land immer noch am Boden. Ob und wie Poroschenko diese Krise lösen kann, ist bislang nicht absehbar. Abzuwarten bleibt außerdem, wie er sich mit den anderen Oligarchen arrangiert, die in vielen Teilen des Landes noch die Fäden in der Hand halten.

Für den neuen starken Mann in der Ukraine werden also bereits die ersten Tage im Amt zur ersten Bewährungsprobe. Für die Bevölkerung und viele Beobachter bleibt zunächst also nur das Prinzip Hoffnung - denn letztes Endes wird auch künftig alles von der bislang eher unrühmlichen Rolle Wladimir Putins und Russlands abhängen.

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