Kurz vor dem Jahreswechsel diskutieren Politik und Polizei darüber, wie erneute Ausschreitungen wie vor einem Jahr verhindert werden können.
Bundesinnenministerin
Man dürfe Krawalle nicht herbeireden, aber viel spreche dafür, dass Berlin vor einer ähnlich schwierigen Silvesternacht stehe wie beim vergangenen Jahreswechsel, sagte GdP-Chef Jochen Kopelke der Berliner "tageszeitung" ("taz" - Freitagsausgabe). Als Grundproblem sah er, dass eine wachsende Gruppe Gewalt gegen andere "hip" fände. Angriffe auf Polizisten oder Sanitäter förderten hier das eigene Image.
Mit konsequenten Strafen, besseren Präventionskonzepten und mehr Forschung müsse gegengesteuert werden, forderte Kopelke in dem Interview. Gleichzeitig müsse die Frage beantwortet werden, warum diese Gruppen nicht mehr erreicht würden. "Das ist Aufgabe der Politik. Sie hat hier total versagt."
Berlins FDP-Chef, der Bundestagsabgeordnete Christoph Meyer, sagte der "Welt" (Freitagsausgabe) ebenfalls, zum Jahreswechsel drohe die Wiederholung der Ausschreitungen. Er forderte aktivere Gefährderansprachen und frühzeitigere Polizei-Präsenz, außerdem einen flächendeckenden Einsatz von Körperkameras.
In der Silvesternacht vor einem Jahr waren Einsatz- und Rettungskräfte in Berlin und anderen Städten massiv angegriffen worden. Zum Teil musste die Polizei ausrücken, um Feuerwehrleute beim Löschen von Bränden gegen Angriffe zu schützen. Dieses Jahr werden ähnliche Ausschreitungen befürchtet.
Polizei und Feuerwehr bereiten sich auf zahlreiche Einsätze vor. Das geplante Großaufgebot an Polizeikräften in der Hauptstadt sei richtig, "um die Treiber der Konflikte früh aus dem Verkehr zu ziehen", sagte Kopelke der "taz".
Am Donnerstag hatten die Berliner Polizei und Feuerwehr in einem auf der Plattform X (früher Twitter) veröffentlichten Video an die Bevölkerung appelliert. "Greift uns nicht an. Beschießt uns nicht mit Böllern, Raketen oder Schreckschusswaffen", hieß es darin und außerdem: "Bitte respektiert unsere Arbeit, gebt uns genügend Platz dafür und folgt unseren Anweisungen."
Feuerwehrsprecher Vinzenz Kasch sagte dem Rundfunk Berlin-Brandenburg am Donnerstag, nach den Übergriffen im vergangenen Jahr habe man in den betroffenen Kiezen Projekte mit Jugendlichen angestoßen und die Zusammenarbeit mit der Polizei intensiviert. "Wir können davon ausgehen, dass es auch wieder solche Szenen wie im vergangenen Jahr geben wird - aber wir haben uns da eben jetzt anders aufgestellt, in der Abstimmung mit der Polizei, in der Information der eigenen Einsatzkräfte", sagte er weiter.
Innenministerin Faeser warnte davor, die geplante Verschärfung des Waffenrechts zu verschleppen. "Es wäre verantwortungslos, diese Diskussion erst nach einer weiteren furchtbaren Gewalttat erneut zu führen", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitagsausgaben).
Kauf und Besitz von Schreckschusswaffen müsse stärker kontrolliert werden. "Wir wollen, dass anders als heute schon für den Erwerb ein Waffenschein nötig ist und damit auch geprüft wird, ob Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden vorliegen", sagte sie. Zudem plädierte sie dafür, Täter mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe zu bestrafen, wenn sie Polizisten und Rettungskräfte in gefährliche Hinterhalte lockten.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) warnte vor Sachschäden an Autos. "An Silvester und Neujahr brennen so viele Autos wie sonst in einem ganzen Monat", erklärte die stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin Anja Käfer-Rohrbach. Nach GDV-Schätzungen dürften Böller, Kanonenschläge und Raketen zum Jahreswechsel bis zu 1000 kaskoversicherte Wagen in Brand setzen.
In Köln rief Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) dazu auf, sich durch Terrordrohungen nicht einschüchtern zu lassen. "Ich habe vollstes Vertrauen darauf, dass die Kölner Polizei alles dafür tut, um uns Kölnerinnen und Kölnern einen sicheren Jahreswechsel zu ermöglichen", sagte sie dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitagsausgabe).
Nach Hinweisen auf mögliche Anschlagspläne auf den Kölner Dom war am Dienstag ein Mann in Gewahrsam genommen worden, für das Gotteshaus wurden strenge Sicherheitsmaßnahmen verhängt. © AFP
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