Bei Anne Will verzetteln sich die Gäste in einer hitzigen Debatte über kriminelle Zuwanderer. CSU-Politiker Edmund Stoiber fordert den Einsatz der Bundeswehr im Innern, eine Journalistin geht verbal auf Grünen-Chefin Simone Peter los.

Eine Kritik
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"Wie will der Staat das Vertrauen der Bürger stärken?" Das fragte Anne Will am Anfang ihrer Talk-Sendung zum Thema "Bürger verunsichert – Wie umgehen mit kriminellen Zuwanderern?"

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Die Runde birgt Konfliktpotenzial – und Polit-Prominenz. Neben dem regierenden Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz (SPD), sind der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter, da. Peter also, die sich jüngst nach ihrer Kritik am Polizeieinsatz in der Silvesternacht in Köln einem massiven Shitstorm ausgesetzt sah.

Kurz gesagt: Auch am Sonntagabend bei Will kommt die 51-Jährige nicht gut weg. In einer Diskussion, in der Stoiber zu seinen bekannten Satzschlangen ausholt. Und in einer Debatte, in der Peter harsch von der Journalistin und CDU-Politikerin Düzen Tekkal angegangen wird.

Peter wirkt nervös und fahrig

Tekkal hat für Recherchen zu ihrem Buch "Deutschland ist bedroht - Warum wir unsere Werte jetzt verteidigen müssen" Problemviertel deutscher Großstädte besucht und erzählt von ihren Erfahrungen. Zum Beispiel, dass nach ihr mit Bierflaschen geworfen worden sei. Daneben vertritt sie offensiv und lautstark konservative Positionen. Fast aufbrausend wirkt sie dabei.

Peter lässt sich davon anscheinend beeindrucken, wirkt nervös und fahrig. Da haben sich Tekkal und Stoiber schon längst argumentativ auf sie eingeschossen. So wettert Tekkal beinahe hysterisch, dass es gar keine Unterscheidung zwischen "Fake-Refugees und echten Flüchtlingen" gebe.

Peter begibt sich derweil auf einen Schlingerkurs irgendwo zwischen Zurückrudern ihrer Aussagen zu Köln, Werbung für die Polizei und Erhalt letzter Grünen-Prinzipien. Es kommt für sie noch schlimmer: Will fragt sie, ob sie jemals gedacht hätte, dass sie ausgerechnet als Parteivorsitzende der Grünen für mehr Polizei eintreten würde. Peter bleibt eine klare Antwort schuldig und motzt später mit Verweis auf Tekkal: "Sie haben mir nicht mal die Hälfte der Redezeit von ihr gegeben."

Tekkal wünscht sich "mehr Selbstvertrauen"

Tekkal, im Gegensatz zu ihrer Nebenfrau keine Berufspolitikerin, wirkt deutlich souveräner, wenn teils auch martialisch in ihrer Wortwahl. So sieht sie den inneren Frieden durch kriminelle Zuwanderer bedroht und sagt, dass sich die Situation durch die Flüchtlingskrise verschlechtert habe.

"Deutschland ist das zweitbeliebteste Land der Welt, da müssen wir was daraus machen. Ich wünsche mir ein bisschen mehr Selbstvertrauen", sagt sie und wütet in Richtung Peter: "Flüchtling sein ist kein Beruf."

Teklal und Stoiber dominieren die Debatte - auch, weil der Hamburger Bürgermeister Scholz zwar sachlich, aber vergleichsweise nüchtern und unspektakulär die Arbeit der Polizei würdigt und die Probleme bei Abschiebungen erklärt. Scholz: "Es muss das klare Signal des Staates sein: Wir sind stärker und können Recht und Ordnung durchsetzen."

Stoiber fordert Bundeswehreinsätze im Landesinneren

Es sind altbekannte Politikersätze vom Hamburger Regierungschef, die Stoiber nur zu gerne bricht. "Warum sind denn die alle in Deutschland? Woher kommen die eigentlich alle?", fragt der frühere Parteivorsitzende der CSU und meint: "Die Zuwanderung hat uns eine neue Kriminalität beschert."

Hitziger wird es, als der 75-Jährige Einsätze der Bundeswehr im Innern zur Terrorabwehr und –bekämpfung fordert. Das lockt Samy Charchira aus der Reserve: Einsätze der Bundeswehr innerhalb Deutschlands seien eine überzogene Forderung, urteilt der Sozialpädagoge, der sich in Düsseldorf um Migranten kümmert – und in der Sendung kaum zu Wort kommt.

Will redet schließlich selber von einer aufgeladenen Stimmung in ihrer Sendung. Das zu unterbinden, ist ihr Job. Doch auch sie hatte nicht ihren souveränsten Abend.

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