Viele Ansprüche, wenig Arbeitsmoral? Wenn es um die "Generation Z" und den deutschen Arbeitsmarkt geht, gehen die Meinungen weit auseinander. Bei "Markus Lanz" sprach SPD-Chefin Saskia Esken nicht nur über einen Konflikt der Generationen, sondern auch über die Zukunft der wackligen Ampelkoalition.
Immer mehr Studien belegen, dass mit der "Generation Z" junge Menschen in den Arbeitsmarkt treten, die ganz andere Werte und Vorstellungen haben als ihre Vorgänger.
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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Junge Arbeitnehmende stehen immer häufiger in der Kritik, nicht ausreichend leistungsbereit zu sein. Sie sollen zu hohe Ansprüche und zu viele Forderungen an ihren Job stellen. Doch wie viel ist wirklich dran an den Vorwürfen, dass die "Generation Z" keine Lust auf Arbeit habe?
Bei "Markus Lanz" war sich die Mehrheit der Gäste am Donnerstagabend einig, dass die Vorstellungen der jungen Generation keineswegs utopisch seien. Lediglich Journalistin Helene Bubrowski bemängelte eine unverhältnismäßige "Anspruchshaltung". Ähnlich kritisch sah die "FAZ"-Redakteurin den Zustand der Ampelkoalition und lieferte sich hierzu ein Wortgefecht mit SPD-Chefin Saskia Esken.
Das sind die Gäste
- Saskia Esken, SPD-Chefin, sagte über die geplante Wärmewende: "Wir haben die Wucht der Debatte ganz klar unterschätzt."
- Helene Bubrowski, "FAZ"-Redakteurin, stellte zum Zustand der Ampel fest: "Es gibt eine hohe Frustration auf allen Seiten."
- Ronja Ebeling, Unternehmensberaterin, findet: "Die Arbeit macht heute nicht mehr den Mittelpunkt unseres Lebens aus."
- Laura Bornmann, Ökonomin und Expertin für Personalmanagement, bekräftigte: "Ich nehme nicht wahr, dass die junge Generation weniger leistungsbereit ist."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Zu Beginn der Sendung stellte Markus Lanz fest: "Arbeit hat irgendwie ein seltsames Image bekommen." Während sich die ältere Generation bislang primär über den Job zu definieren schien, scheint das Credo der "Generation Z" zu sein: "Entspannt euch!" Der ZDF-Moderator warnte: "Da entsteht ein neuer Konflikt."
Von Unternehmensberaterin Ronja Ebeling wollte er wissen, ob die "Generation Z" wirklich so "dünnhäutig und fordernd" sei, wie von vielen Kritikern angenommen. Ebeling dementierte dies, sagte aber: "Ich glaube, Arbeit ist heute nicht mehr der Lebensinhalt von vielen jungen Menschen."
Lanz hakte nach und fragte, ob man der "Generation Z" Faulheit vorwerfen könne. Ökonomin Laura Bornmann antwortete prompt und sagte, dass viele Forderungen der jüngeren Generation plausibel seien, denn: "Eigentlich ist uns allen wichtig, dass wir Privates und Berufliches vereinbaren können."
Laut der Expertin für Personalmanagement würden viele Menschen Wert auf eine gute Führung und sinnhafte Tätigkeit legen: "So sehr unterscheiden sich die Generationen gar nicht." Die Ökonomin fügte hinzu: "Ich nehme nicht wahr, dass die junge Generation weniger leistungsbereit ist." Daher ihre Forderung: "Wir brauchen mehr Bock auf Arbeit, aber wir brauchen auch bessere Voraussetzungen, damit wir mehr Bock auf Arbeit haben."
Dem stimmte SPD-Chefin Saskia Esken zu und ergänzte, dass es "nicht nur ums Geldverdienen und Miete bezahlen" gehe. Ronja Ebeling nickte zustimmend: "Mir ist es wichtig, (...) dass alle Generationen von den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt profitieren."
Die 27-Jährige machte deutlich, dass "die Forderungen der jungen Generation häufig ja auch ein Resultat" dessen seien, was "sie bei der älteren Generation beobachtet haben". Gleichzeitig garantiere viel Leistung anders als früher keinen sozialen Aufstieg mehr, wie Ebeling bemängelte.
"Wir sind die erste Generation, für die das Aufstiegsversprechen nicht mehr einzuhalten ist." Sie fügte hinzu: "Natürlich kann man das jetzt irgendwie plakativ formulieren und die Yoga-Matte ins Spiel bringen."
Als Lanz erneut wissen wollte, ob sich "die Sicht auf Arbeit verändert" habe, einigten sich die Gäste darauf, dass es sich primär um eine Wohlstandsdebatte handle. Auch Ronja Ebeling gab zu: "Die Sinnfrage muss man sich ja erst mal leisten können, zu stellen."
Journalistin Helene Bubrowski kritisierte, dass "die Lifestyle-Frage" nur unter "privilegierten Akademikern" geführt werden könne, und sagte: "Diese Anspruchshaltung irritiert mich." Laut der Journalistin wolle die "Generation Z" gerne alles: mehr Zeit für Kinder, Freunde, Hobbys. "Das als Selbstverständlichkeit anzusehen, ist (...) falsch. Das kann nicht funktionieren", mahnte Bubrowski.
Das ist das Rede-Duell des Abends
Noch kontroverser ging es zu, als der ZDF-Moderator mit Saskia Esken über das Haltbarkeitsdatum der Ampelkoalition sprach. Die SPD-Chefin sagte zunächst: "Ich bin der Überzeugung, dass die Ampel nicht nur hält bis zum Ende dieser Legislatur, sondern dass wir wiedergewählt werden." Dennoch gebe es laut Esken "Optimierungsbedarf", da es momentan "nicht ganz rund" laufe.
Die SPD-Politikerin sprach in dem Zusammenhang von einer "Partnerschaft von drei schon sehr unterschiedlichen Partnern", in der es "unterschiedliche Haltungen und Interpretationen der Wirklichkeit" gebe. Sie stellte aber gleichzeitig klar, dass es sich beim Heizungs-Zoff zwischen Robert Habeck und Christian Lindner um "kein Ego-Ding" handle.
Dies sah Helene Bubrowski völlig anders und sprach von einem "Profilierungs-Drang" der Koalitionspartner - gepaart mit einem "zunehmenden Druck" aufgrund des Höhenflugs der AfD. Sie sehe die Koalition deshalb als innerlich "ziemlich verrottet" an.
"Es ist relativ schlimm, und es gibt auch eine hohe Frustration auf allen Seiten", meinte Bubrowski. Ein harter Vorwurf, den Saskia Esken nicht unkommentiert lassen wollte. Sie konterte: "Wir haben in den vergangenen 15 Monaten schwerwiegende Krisen auch zu bewältigen gehabt."
Die SPD-Chefin weiter: "Wir haben den Sozialstaat grundlegend auch reformiert mit der massiven Erhöhung des Mindestlohns." Lanz horchte auf: "Woher kommen dann diese Werte der AfD?"
Esken tat sich schwer, einen Erklärungsansatz zu finden. Die Menschen seien laut der SPD-Chefin "extrem verunsichert schon alleine aus Corona rausgegangen. Dann hat auch dieser Krieg uns ja den Boden unter den Füßen weggezogen." Esken gab zu: "Es mag sein, dass der Streit ums Heizungsgesetz diese Verunsicherung noch erhöht, aber es muss ja auch vorangehen mit der Wärmewende."
Ein Argument, das den ZDF-Moderator nicht zu beeindrucken schien. Er stichelte: "Sie kriegen Tag für Tag belegt, dass der Kessel richtig brodelt. 18 Prozent bei der AfD!" Daraufhin sagte Saskia Esken fast schon kleinlaut: "Mir gefallen 18 Prozent bei der AfD auch nicht. (...) Es hat schon damit zu tun, dass diese Streitigkeiten nicht schnell genug gelöst werden können."
Das geplante Gebäudeenergiegesetz sei laut der SPD-Chefin nicht klar genug kommuniziert worden und "wir haben es nicht geschafft, diese Verheizungs-Parolen wieder einzusammeln".
Lanz fragte prompt: "Haben Sie Angst, dass Sie das Land überfordern?" Darauf antwortete Saskia Esken selbstsicher: "Ich glaube, dass die Gesellschaft bereit ist, für den Klimaschutz auch die notwendigen Konsequenzen zu ziehen."
Ein Satz, den Lanz mit den Worten "Offenbar nicht" unterbrach, woraufhin die SPD-Chefin genervt reagierte: "Herr Lanz, bitte!" Immerhin gestand sie ein: "Wir haben die Wucht der Debatte ganz klar unterschätzt."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz gelang am Donnerstagabend eine angeregte Diskussionsrunde, in der er Grundsatzthemen wie die Zukunft des deutschen Arbeitsmarktes sowie den Zustand der Ampelkoalition beleuchtete.
Während er SPD-Chefin Saskia Esken häufiger aus der Reserve locken konnte, schaffte es Lanz bei der Debatte um die Arbeitsmoral der "Generation Z" trotz mehrmaligen Versuchen nicht, die Aussagen von Ronja Ebeling kritisch zu hinterfragen.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Nicht nur der Zustand des Wirtschaftsstandorts Deutschland, sondern auch der steigende Arbeitermangel rückt immer wieder in den Fokus der Debatten. Bei "Markus Lanz" erklärte Ronja Ebeling, warum die "Generation Z" den Beruf nicht mehr als einzige Erfüllung und Mittelpunkt im Leben erachte.
Dem entgegnete Journalistin Helene Bubrowksi, dass die Debatte um mehr Freizeit eine "Wohlstandsdebatte" und die damit verbundede "Anspruchshaltung" irritierend sei. Ähnlich kritisch betrachtete sie auch die Zukunft der Ampelkoalition und diskutierte mit SPD-Chefin Saskia Esken über die Gründe für den Aufstieg der AfD. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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