Attacken auf Politiker, Pöbeleien am Wahlkampfstand, Hass im Netz: Die Stimmung in Deutschland ist aufgeladen. Was kann die Politik dagegen tun? Caren Miosga diskutierte am Sonntag mit Armin Laschet und Ricarda Lang über den gemeinsamen Umgang in der Politik. An einer Stelle gab die Grünen-Chefin selbstkritisch zu, den Fehler eines politischen Kontrahenten ausgenutzt zu haben. Dafür war sie sich an anderer Stelle sicher: "Würde dazu beitragen, dass wir mehr Sicherheit geben."

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

2024 ist Superwahljahr: Auch in Deutschland geht es mehrfach an die Urne. Am kommenden Sonntag (9. Juni) findet für alle Bundesländer die Europawahl statt, im September wählen dann noch einmal die Länder Sachsen, Thüringen und Brandenburg einen neuen Landtag. Vielerorts läuft der Wahlkampf bereits, doch der Ton dabei ist rau.

Das ist das Thema bei "Caren Miosga"

"Hetze, Krisen, Umbrüche – kann Politik noch zusammenführen?" – so überschrieb Caren Miosga ihre Sendung am Sonntagabend. Dabei ging es um Angriffe auf Politiker, aufgeheizte Stimmungen und gesellschaftliche Polarisierung. Im Zentrum standen die Fragen: "Was kann Politik dagegen tun?" und "Wie gehen politische Gegner miteinander um – und wo liegen die Grenzen der Zusammenarbeit?

Das sind die Gäste

  • Armin Laschet (CDU): "In all den Jahren haben wir viele Extremismusformen zu spät erkannt", warnte Laschet. Man dürfe jetzt nicht den gleichen Fehler machen und den Islamismus unterschätzen. "Wir haben uns alle lange über Sylt aufgeregt, aber über das Kalifat war die Empörung nicht ganz so groß", so Laschet weiter. Alle Demokraten müssten prinzipiell miteinander koalieren können.
  • Ricarda Lang (Grüne): In der Vergangenheit sei die Debatte über Rechtsextremismus und Islamismus oft als ein "Entweder - Oder" geführt worden, so die Co-Chefin der Grünen. "Das darf es aus meiner Sicht nicht geben", sagte sie. Alle Feinde der Demokratie müssten gleichermaßen bekämpft werden. Manche seien vor der Debatte über Islamismus vielleicht zurückgeschreckt, weil sie fürchteten, Rechtsextremisten damit in die Karten zu spielen. "Das darf nicht die Herangehensweise sein", mahnte sie.

Das ist der Moment des Abends bei "Caren Miosga"

Lang äußerte sich selbstkritisch. Die Regierung habe es in der letzten Zeit nicht geschafft, den Menschen genug Sicherheit zu geben. "Das Gefühl zu geben: Es gibt einen Plan, wir wissen, wo es hingeht und wir sind uns dabei auch einig", führte sie aus. Es gehöre dazu, dass die Regierung streite, was sich aber ändern müsse: "Dass, wenn man mal einen Kompromiss gefunden hat, der Kompromiss auch länger als drei Tage hält, würde dazu beitragen, dass wir mehr Sicherheit geben", sagte Lang.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Miosga sprach Laschet auf die Formulierung von Merz an, der die Grünen zum "Hauptgegner" der CDU erkoren hatte. Laschet verteidigte die Formulierung. Merz habe sie außerdem präzisiert und von "Hauptgegner in der Regierung" gesprochen. Er zog eine Grenze für das, was sprachlich aus seiner Sicht zulässig ist: "Die Frage ist, ob das in einer respektlosen Art und Weise gemacht wird, dass ein anderer sich dann auch ermutigt fühlt, Gewalt auszuüben. Das finde ich, ist das Entscheidende."

"Aus meiner Sicht fängt es nicht erst da an", widersprach Lang. Man beobachte allgemein einen Vertrauensverlust in demokratische Institutionen und Politik. "Wir alle als demokratische Parteien haben Anteil daran", sagte sie. Man verliere sich zu schnell in Empörungsdebatten. "Es wird immer geschaut, wo hat jemand einen kleinen Fehler gemacht, wo finde ich den Schnipsel, den ich rausziehen kann – am besten ohne die 10 Sätze davor und danach", beschrieb sie.

Als Beispiel nannte sie das Lacher-Foto von Laschet, welches im Ahrtal aufgenommen wurde und im Wahlkampf für Furore gesorgt hatte. "Wahrscheinlich habe ich das auch genutzt", räumte sie ein. Man müsse wieder mehr über die Probleme diskutieren, die die Menschen im Alltag beschäftigten.

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So hat sich Caren Miosga geschlagen

Zu Beginn der Sendung versuchte Miosga mehrmals herauszufinden, was mit der Forderung "Schluss mit falscher Toleranz" gemeint sein soll, die zuletzt in der Islamismus-Debatte aus FDP und CDU gekommen war. Miosga fragte an dieser Stelle auch: "Haben wir ein Leck in der ehrlichen Debatte?" Schade, dass hier keine handfesten Punkte auf den Tisch kamen. Zwar schob Miosga dann selbst noch einmal nach: Religiös motivierte Straftaten seien zuletzt um 200 Prozent gestiegen, ob dem denn Rechnung getragen werde – doch so wirklich eine "ehrliche Debatte" war das noch nicht.

Das ist das Ergebnis bei "Caren Miosga"

Ergebnisse gab es dann doch überraschend viele: Um wieder zu einen, statt zu spalten, muss die Politik Vertrauen schaffen. Lang und Laschet waren sich einig, dass Debatten dabei nicht pauschalisiert und empört geführt werden dürfen, sondern nah am Alltag der Menschen. Politik sei gut beraten, Fehler einzugestehen und daraus zu lernen. Die demokratischen Parteien sollten außerdem nicht die Herangehensweise haben, nur ihre eigenen Punkte setzen zu wollen.

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