Maybrit Illner verglich mit ihren Gästen am Donnerstagabend die Situation in Nahost mit dem Angriffskrieg in der Ukraine. Neben allen Unterschieden stellte die Runde eine wichtige Gemeinsamkeit heraus. Gestritten wurde dann aber über den Weg zum Frieden. Während Linkspolitikerin Mohamed Ali von einer Illusion sprach, benannte der ukrainische Außenminister einen Satz, den er gerne von Scholz hören möchte.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Kurz vor dem Besuch des US-amerikanischen Außenministers Blinken in Israel hat Präsident Joe Biden eine Feuerpause in Gaza gefordert, um den Menschen in Gaza humanitär zu helfen. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hatte eine solche Kampfpause bis zuletzt klar ausgeschlossen. Der Krieg in Nahost ist nur einer der Schauplätze: Zur gleichen Zeit haben die USA neue Sanktionen gegen Russland verhängt.

Mehr aktuelle News

Das ist das Thema bei "Maybrit Illner"

Illner betitelte ihre Sendung wie folgt: "Ukraine und Israel – zwei gefährliche Kriege für die Welt?". Mit ihren Gästen verglich sie zwei völlig unterschiedliche Konflikte, die aber eine Gemeinsamkeit haben: Putin und die Hamas wollen benachbarte Demokratien vernichten und den Westen scheitern sehen. Im Studio ging es daher um die notwendige Unterstützung durch den Westen, die bröckelnde Solidarität und den langen Weg zum Frieden.

Das sind die Gäste

  • Daniel Cohn-Bendit: "Am 7. Oktober ist für mich eine Welt zusammengebrochen. Ich hätte nicht geglaubt, dass Juden auf dieser Welt noch einmal ein Pogrom erleben müssen", sagte der Publizist. Erst jetzt würde man wieder über die Zwei-Staaten-Lösung sprechen. "Mein Gott, warum hat es dieses bedurft. Konnte man nicht vorher?", fragte Cohn-Bendit.
  • Amira Mohamed Ali (Bündnis Sahra Wagenknecht): "Die Situation für die Zivilbevölkerung in Gaza ist dramatisch", sagte die linke Politikerin. Man müsse die Hamas politisch zurückdrängen und konsequent eine Zwei-Staaten-Lösung voranbringen. Die Hamas agiere im Untergrund und könne sich überall einschleusen. "Wie um alles in der Welt soll man die vernichten, ohne gleichzeitig die ganzen Zivilisten zu töten?", fragte sie.
  • Wolfgang Ischinger: "Der Versuch, das Hamas-Problem militärisch zu lösen, ist ein notwendiger Versuch", sagte der Diplomat. Es sei aber kein hinreichendes Konzept, um Frieden zu schaffen. "Was wir möglichst bald brauchen, ist die Entwicklung eines politischen Konzepts, was neben den Versuch treten muss, der Hamas die Möglichkeit zu nehmen, noch einmal einen so grausamen Angriff auf die israelische Bevölkerung zu starten", so Ischinger.
  • Katrin Eigendorf: Die Korrespondentin berichtete: "Ich erlebe die Israelis auch heute noch weitgehend traumatisiert von den Ereignissen." Egal, mit wem man spreche, seien die Menschen nicht bereit, sich mit dem Leid der Palästinenser in Gaza auseinanderzusetzen. "Man hat fast schon den Eindruck, dass es eine Schutzfunktion ist, es nicht sehen zu wollen", sagte sie. Man sei einhellig der Meinung, dass die eigene Regierung versagt habe. "Die Lage im Nahen Osten ist ein Pulverfass", warnte die Journalistin.
  • Dmytro Kuleba: Der ukrainische Außenminister erinnerte: Zwischen 2014 und 2022 hätten die Ukraine und Russland fast 200 Gesprächsrunden abgehalten. "Es gab 20 offizielle Waffenstillstände, die verkündet worden sind und fast alle sind sofort wieder von Russland gebrochen worden", sagte er. Kuleba fuhr fort: "Warum sollte man diesmal daran glauben, dass Russland sich anders verhalten wird? Manchmal gibt es Augenblicke in der Geschichte, wo man den Feind militärisch besiegen muss."

Das ist der Moment des Abends bei "Illner"

Als es um deutsche Taurus-Marschflugkörper ging, fragte Illner den ukrainischen Außenminister: "Glauben Sie immer noch, dass die schon kommen werden?" Kuleba entgegnete: "Wir verstehen, dass Deutschland mehr Zeit braucht, um die Entscheidung zu den Taurus-Marschflugkörpern zu treffen." Das respektiere man, die Realität des Krieges sei aber ein andere. "Ich würde mir wünschen, dass die politische Führung sagt: 'Wir stehen so lange an der ukrainischen Seite, bis die Ukraine gewonnen hat'", sagte Kuleba. Bei der Taurus-Entscheidung gehe es um Vertrauen. Die Ukraine verspreche, ihr Wort zum Einsatz der Waffen zu halten.

Das ist das Rede-Duell des Abends

"Ich halte es für einen Irrglauben zu glauben, dass man den Konflikt in Nahost militärisch lösen kann", so Mohamed Ali. Man könne die Hamas nicht vernichten – außer, man mache den Gazastreifen dem Erdboden gleich. Die militärische Unterstützung werde das Problem nicht lösen.

"Aber ohne werden wir es nicht hinkriegen! Die Hamas muss geschlagen werden", schaltete sich Cohn-Bendit ein. "Aber doch nicht militärisch!", wandte Mohamed Ali ein. "Doch. Die Hamas muss zuerst, auch militärisch, von der Macht verdrängt werden in Gaza", hielt Cohn-Bendit dagegen. Erst danach könne man im Gazastreifen mit internationaler Hilfe Ordnung schaffen. "Das halte ich für eine Illusion", meinte die Linkspolitikerin dazu nur.

So hat sich Maybrit Illner geschlagen

Das waren zu viele technische Fragen, die an den Fragen vorbeigehen dürften, die die Zuschauer zu Hause beschäftigen. Illner fragte zum Beispiel, wann die "Grenzen des legitimen Rechts der Selbstverteidigung" überschritten seien, ob wir einen "Epochenbruch" erleben würden und ob sich das militärische Fenster für Israel schließe. Das klang alles sehr nach Vorlesung aus dem Bereich Völkerrecht und Internationale Beziehung.

Das ist das Ergebnis bei "Illner"

Das Rede-Duell war vorhersehbar, der Vergleich der beiden Kriege nicht wirklich ergiebig. Welcher Krieg ist gefährlicher, welchen Opfern stehen wir näher, wo ist unsere Unterstützung größer? Das waren Vergleiche, die es sich nicht zu ziehen lohnte. Eines der wenigen Ergebnisse fasste Cohn-Bendit so zusammen: "Die Waffen, die die Ukraine will, sind nicht Waffen, um Russland angreifen zu können. Sondern Waffen, um diesen Stellungskrieg gewinnen zu können." Man wolle damit in der Ukraine russische Truppen schlagen. "Deswegen ist das, was Scholz gesagt hat, falsch", so der Publizist.

Verwendete Quellen:

  • ZDF: "Maybrit Illner" vom 02.11.2023
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.