Der Asylstreit in der Union führte bei Sandra Maischberger zu einer hitzigen Debatte. Als CSU-Generalsekretär Markus Blume zugab, Horst Seehofers Masterplan Migration selbst noch gar nicht zu kennen, CSU-intern aber dennoch dafür gestimmt zu haben, platzte Grünen-Chef Robert Habeck der Kragen.
Was war das Thema?
Der Streit zwischen
Der CSU-Politiker tritt mit Rückendeckung seiner Partei für eine härtere Linie in der Flüchtlingsfrage ein und will in anderen EU-Staaten registrierte Migranten an der deutschen Grenze zurückweisen. Merkel plädiert dagegen für eine europäische Lösung – und gegen einen deutschen Alleingang.
Merkel muss bis zum 1. Juli eine Lösung finden, die der CSU gefällt. Sonst droht womöglich das Ende der Regierung.
Wer waren die Gäste?
Markus Blume: Der CSU-Generalsekretär unterstützt den "Masterplan Migration" von
Zugleich wehrte sich Blume gegen Vermutungen, dass die CSU auf den Sturz der Kanzlerin hinarbeitet. Er wolle lediglich, "dass wir geltendes Recht an der Grenze wieder durchsetzen" und kein "Asyl à la carte", wo sich jeder sein Land aussuchen könne.
Elmar Brok: Der CDU-Europapolitiker vermutet hinter dem Vorgehen der CSU taktische Gründe, um ein gutes Ergebnis bei der bevorstehenden Landtagswahl in Bayern zu erreichen.
Brok warb zugleich um Verständnis für die Länder mit EU-Außengrenze. "Wenn wir diese Politik umsetzen, machen wir Griechenland und Italien zu Flüchtlingslagern", sagt er mit Blick auf Seehofers Pläne.
Es gehe darum, Merkel vor der bayerischen Landtagswahl "so einen mitzugeben, dass sie gedemütigt ist oder zurücktreten muss."
Melanie Amann: Für die "Spiegel"-Journalistin ist Merkel die Verliererin des Streits, da sie sich Seehofers Zeitplan unterworfen hat. Den Konflikt zwischen CDU und CSU in der Flüchtlingskrise nannte sie "ein Beben, das seit Jahren andauert". Nun sei der Streit endgültig eskaliert.
Gabor Steingart: Aus Sicht des ehemaligen Handelsblatt-Herausgebers steckt Markus Söder hinter der derzeitigen Kampagne gegen Merkel, der "starke Mann der CSU". Seehofer sei wie ein "Kamikaze-Pilot im 2. Weltkrieg", weil er nun von Berlin aus den Sturz Merkels herbeiführen solle.
Rolf-Dieter Krause: Der ehemalige Leiter des ARD-Studios in Brüssel nannte die CSU eine "Provinzpartei, die provinziell denkt". In seinen Augen lässt sich die deutsche Grenze nicht lückenlos sichern. "Dann gehen die Leute drei Kilometer weiter und gehen über den Berg."
Die Forderungen nach deutschen Grenzkontrollen hält er daher für populistisch. Die Lösung könne nur eine europäische Antwort sein.
Was war das Rede-Duell des Abends?
Als Markus Blume zugab, dass er den Masterplan Migration von Horst Seehofer nicht gelesen, aber in einer CSU-internen Abstimmung abgenickt habe, verlor Robert Habeck die Fassung. "Das ist nicht Ihr Ernst? Sie stimmen über ein Dokument ab, das Sie nicht kennen? Sie zerlegen eine Regierung über ein Papier, das niemand kennt?"
Blume schien irritiert. Der Neu-Generalsekretär hat noch nicht so viel Erfahrung in Debatten mit rhetorischen Schwergewichten. "Sie können erzählen, was sie wollen. Es stimmt nicht", entgegnete er gereizt.
Auch
Was war der Moment des Abends?
CDU-Veteran Brok warf der CSU vor, Erfolge in der Flüchtlingsfrage wie etwa den starken Rückgang der Flüchtlingszahlen seit 2015 klein zu reden, weil sie davon nicht profitieren könne. "Der Erfolg wird nicht mitgeteilt, weil man dann keine Krise hat."
Umgedreht heißt das: Es werden Ängste geschürt, um sie politisch auszuschlachten. Selten hat ein verdienter Politiker das so offen gesagt.
Wie hat sich Maischberger geschlagen?
Maischberger moderierte die teils hitzige Debatte unaufgeregt und souverän. Bei CSU-Mann Blume fragte sie hartnäckig nach, als dieser sich nicht konkret dazu äußerte, ob Seehofer noch mit Merkel zusammenarbeiten wolle. Trotz ihres Bemühens bekam sie eine schwammige Antwort.
Was ist das Ergebnis?
Punkt eins: Angela Merkel ist beschädigt, weil sie ein Ultimatum von Horst Seehofer akzeptiert hat. Punkt zwei: Zur Sicherung der deutschen Grenzen taugt nur eine europäische Lösung. So weit, so übereinstimmend. Doch bei anderen Punkten herrschte zwischen den Gästen Dissens.
So bei der Frage, inwiefern die CSU von ihrem Rechtskurs profitieren kann. Blume gab sich zwar redlich Mühe, das Imitieren von AfD-Positionen zu leugnen. Letztlich musste jedoch auch er zugeben, dass er sich mit einer rigorosen Flüchtlingspolitik bei der Bayern-Wahl die besten Chancen ausrechnet.
Habeck, Brok und Krause halten diesen Weg für kontraproduktiv. Das schlimmste für die Union bei den Landtagswahlen sei, wenn die Union nicht geeint auftrete. "Das wird die CSU noch erkennen", glaubt Brok.
Bleibt die Gretchenfrage: Wie hältst du es mit der Kanzlerin, Horst? Eine exakte Prognose, wie lange Angela Merkel noch Regierungschefin sein und ob Seehofer nach dem Ultimatum noch mit ihr zusammenarbeiten wird, wollte keiner der Gäste abgeben.
Robert Habeck flüchtete sich in einen Literaturvergleich. "Die Menschen", sagte der Grünen-Chef, "erwarten zu Recht was anderes als Shakespeare-Dramen". In den kommenden Wochen dürfte es davon aber noch reichlich geben.
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